In die top 100 haben es erfreulicher und wie ich finde auch überraschender Weise 6 Spieler geschafft, nachdem letztes Jahr nur Kohlschreiber, Zverev und Becker unter den ersten 100 standen. Unter den top 200 befanden sich im letzten Jahr neben den 3 top 100 Spielern noch Struff, Berrer, Brown, M. Zverev, Brands und Gojowczyk. Also insgesamt 9 und in diesem Jahr sind es 12. In der breite wird dieses positive Ergebnis wohl erstmal das beste der nächsten Jahre sein, da 6 der 12 Spieler über 30 sind und Brands und M. Zverev im kommenden Jahr 30 werden.
Dustin Brown 31/74
Noch steht Dustin Brown auf 67 in der Weltrangliste, aber ab Montag auf 74. Dennoch ist es sein mit Abstand bestes Jahr. 2010 konnte er auf Rang 92 das Jahr beenden, 2014 auf Rang 89 und sonst immer außerhalb der top 100. Erstmals konnte Brown über die Hälfte seiner Spiele im Hauptfeld der Tour gewinnen. Sprich er ist nicht nur durch Challenger nach oben geklettert, sondern konnte sich auf der Tour durchsetzen. So konnte er ins HF von Montpellier einziehen und dabei Simon besiegen, selbst Gasquet lieferte er einen harten Kampf im HF. Erstmals schaffte er es in die zweite Rund von RG und das aus der Quali. In Wimbledon stand er auch in der zweiten Runde und scheiterte nach 2:1 Satzführung an Kyrgios. Er stand im HF von Gstaad wo er wie gegen Gasquet und Kyrgios einen Vorsprung nach Sätzen verspielte, diesmal gegen Lopez. Dazu kam ein Sieg beim Challenger von Manchester auf Rasen. Stolze 380.000$ konnte Brown mit dieser Saison verdienen.
Mit 11 Jahren ging der Sohn einer deutschen und einem Jamaikaner von Niedersachsen mit seinen Eltern nach Jamaika. Dort erlernte er das Tennis spielen, machte seinen Schulabschluss und begann die ersten Turniere zu spielen. In 2002 trat er bei allen 22 Future Turnieren auf Jamaika an und beendete die Saison direkt unter den ersten 700. In 2003 kamen neben den Turnieren auf Jamaika 3 in Kanada und eines in den USA dazu. In 2004 zogen die Eltern zurück nach Deutschland, später kauften sie Dustin einen Wohnwagen und ermöglichten ihm so die Teilnahme an europäischen Turnieren. So kam er 2006 erstmals unter die ersten 500. Um Rang 500 stagnierte seine Karriere bis er 2009 den Sprung unter die top 200 schaffte . Brown soll in der Zeit auch Schläger für Kollegen bespannt haben oder ihnen ermöglicht haben für kleines Geld in seinem Wohnmobil zu schlafen, damit er über die Runden kam. Genug Frauen sollen ihn auch im Wohnmobil besucht haben, wenn man den Rentnern glauben darf, die genug Zeit hatten die Future oder Challenger Veranstaltungen genauer zu beobachten. Seit 2010 tritt er wieder unter deutscher Flagge an. In diesem Jahr schaffte er auch den Sprung unter die top 100. Man sieht der Weg dorthin war lang genug und Unterstützung vom DTB gab es für einen Jamaikaner sicherlich nicht. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass Brown im Davis Cup bisher immer bereitstand muss man seine Suspendierung für kommende Saison sehen. Wie dem auch so, wenn man sein Spiel so sieht glaubt man manchmal es wäre noch viel mehr drin als Rang 74, wenn er nicht jedes mal auf den Winner geht und sich technisch minimal verbessert, aber den Typen wird man auf dem Platz nicht mehr groß umstellen können. Wenn er kommendes Jahr diese Saison wiederholen kann ist es sicherlich ein Erfolg.
Jan-Lennard Struff 26/63
Ähnlich wie für Brown hat Struff eine sehr erfreuliche Saison hinter sich. Lediglich 2014 war er noch etwas besser, aber in 2015 ist er aus den top 100 geflogen. Erst Ende August 2015 kam bei dem Wechsel zu Carsten Arriens der Wandel und es konnte ein noch viel tieferer Absturz verhindert werden. Die beiden kannten sich vom Davis Cup und der Bundesliga. Die größten Erfolge in der ersten Hälfte 2016 waren 2 Finalteilnahmen bei Challengern. In der zweiten Hälfte folgten 2 Siege bei Challengern, VFs in Kitzbühel und Antwerpen und das AF in der Halle von Paris, wo er Stan Wawrinka besiegte. Wenn er diese Form mit nach 2017 nimmt, dann geht es zurück in die top 50 in Career High von 46 wird fallen.
Ganz im Gegensatz zu Brown hat Struff die typische Karriere hinter sich. Als Sohn zweier Tennislehrer, war der Weg zum Tennis vorgezeichnet. Browns Eltern hatten mit Tennis nichts am Hut. Dennoch war Struff keiner der zu frühen Erfolgen gepusht wurde. Er gehörte nie zu den besten Junioren, selbst in seinem Jahrgang gab es bessere in Deutschland. Mit 21 beendete er sie Saison auch nicht unter den top 200 wie Marterer, Struff ist ein richtiger Spätstarter. Auch deshalb ist von ihm noch einiges zu erwarten. Für den Davis Cup im Februar ist er nach dem Auftritt von Berlin sicherlich gesetzt. Struff hat auch ein paar regionale Sponsoren wie Warsteiner und Gerry Weber, die ihm die Planung der Saison erleichtern. Nebenbei schlägt er auch entsprechend für Halle in der Bundesliga auf und bekommt jedes Jahr eine WC für die ATP Veranstaltung in Halle. In diesem Bereich ist es nicht mehr die Frage ob die Saison mit einem plus beendet wird oder ob genug Geld da ist, damit der Coach mitreisen kann, sondern schon eher wie oft kann der eigene Physio mitreisen. In den top 50 sicherlich deutlich häufiger, denn da wird auch mehr als rund 400.000$ an Preisgeld eingenommen wie Struff in diesem Jahr.
Mischa Zverev 29/51
Im Sog des Bruders hat sich der ältere Zverev zurück ins Rampenlicht spielen können. Noch nie zuvor konnte er eine Saison so weit oben beenden. 2009 erreichte er seine beste Position mit 21 stand er auf Rang 45 und das Jahr beendete er an 78. Doch die letzten 5 Jahre suchte man ihn vergeblich unter den top 100. Auch aufgrund von Verletzungen, welche im Herbst 2009 mit dem Bruch des Handgelenks begann und mit dauerhaften Problemen an der Bandscheibe weiter ging. Um ehrlich zu sein hatte ich ihn nicht mehr auf dem Zettel für die top 50. Zu schwach war seine Vorhand, die im heutigen Spiel wo fast alles von der Grundlinie entschieden wird so wichtig ist. Auch seine Fitness war nicht immer optimal. Was neben den Verletzungen wohl auch an der Einstellung lag. Gemeinsam mit seinem Bruder und seinem Fitnss Trainer Jeff Green erleben wir einen neuen Mischa Zverev, der gekonnt seine Stärken beim Aufschlag und sein Ballgefühl am Netz einsetzt.
Noch Mitte April stand er auf Rang 162, dann gewann er ein Challenger auf grünem Sand im Finale gegen Gerald Melzer und es ging langsam aufwärts. In der Regel spielte er die Qualis auf der Tour um häufiger die gleichen Turniere wie der Bruder spielen zu können. Der Weg über die Qualis ist der schwierigere Weg nach oben in der Weltrangliste. So stand er vor den USO noch an Rang 127. Er schaffte es bei USO aus der Quali in Runde 2 dann ins VF von Shenzhzen. Danach folgten die Höhepunkte mit dem VF beim 1000er in Shanghai und dem HF beim 500er in Basel jeweils aus der Qualifikation. Diese Erfolge brachten ihm in dieser Saison über eine halbe Millionen Dollar.
Da ähnlich wie bei Struff die großen Erfolge in der zweiten Jahreshälfte lagen sollte in den kommenden Monaten ein neues Career High machbar sein.
Florian Mayer 33/50
Für Flo Mayer ist Rang 50 wahrlich nichts besonderes, er hat schon deutlich bessere Positionen inne gehabt. Dennoch war 2016 mit dem Titel in Halle die nicht mehr für möglich geglaubte Krönung der Karriere. Mayer hat in seiner Karriere ein ständiges auf und ab hinter sich. Oft machten ihm Verletzungen zu schaffen, aber eine Zeit lang war es auch der Kopf, als er sich ausgebrannt fühlte und eine monatelange Pause verordnete. Wenn er fit war, zeigte auf schnellen Plätzen immer, dass er auf diesen zu den besten 20 zu zählen ist. Bei guten Auslosungen wie 2004 und 2012 kann es auch mal unter die besten 8 von Wimbledon gehen. Aber als Siegertyp galt Mayer trotz des Titels 2011 in Bukarest nie. Was an den 4 Finals lag die er vorher bereits verlor, aber auch an vielen knappen Spielen, wo man das Gefühl hatte, er kann es packen und er doch den kürzeren zog. Anfang 2014 stand er noch in der Nähe der top als ihn eine Schmbeinblessur für über ein Jahr lahm legte. Im August 2015 ging es mit einem Adduktoreneinriss weiter. Im April diesen Jahres startete er in Bukarest, wo er seinen einzigen Titel gewann, in der Qauli mit einer glatten Niederlage gegen Dustov. In München lief es deutlich besser aus erreichte er die 2. Runde, aber Mayer war verärgert keine WC erhalten zu haben. Noch auf dem Platz nach dem Sieg machte er seinem Ärger Luft wie wenig Respekt und Unterstützung er als ehemaliger top 20 Spieler bekommt. Und das bei seinem wahrscheinlich letzten Auftritt bei seinem Heimturnier in München. Das gleiche Bild in Stuttgart, wo er sich aus der Quali bis ins VF gegen Federer vorkämpfte aber eine WC? Fehlanzeige. Genau wie in Halle, nur diesmal setzte er sein PR ein. Hatte Glück mit der Auslosung gegen Baker in R1 und mit dem nicht antreten von Nishikori in R2. Gegen Seppi und Thiem brauchte er kein Glück, er sorgte mit 2 Zweisatz Siegen für die Überraschung des Turniers. Im Finale gegen Zverev setzte er noch einen drauf. Niemand hatte ihm noch solch einen Sieg zugetraut, es war für mich einer der Momente der Saison und das nicht nur aus nationaler Sicht.
Gleichzeitig muss man natürlich festhalten, dass im Rest der Saison nicht alles nach Plan lief. So deutlich wie er Thiem in Halle besiegte, so deutlich verlor er z.B. wenig später in Wimbledon gegen den Österreicher. Er konnte zwar noch 2 Challenger gewinnen was insgesamt 160 Punkte brachte, neben den 500 aus Halle, weitere 57 in Stuttgart und 32 in München. Bei 904 Punkten insgesamt ist klar, dass außerhalb dieser Turniere nicht viel zusammen lief. Im Umkehrschluss hat er bis Stuttgart auch fast nichts zu verteidigen. Diese komfortable Situation wird er ohne Frage nutzen und somit war es 2016 nicht sein letzter Auftritt bei den Turnieren in der Heimat.
Philipp Kohlschreiber 33/32
Kohlschreiber ist es zum 10. Mal in Folge gelungen eine Saison unter den ersten 50 zu beenden. Mit wenigen Ausnahmen hält er sich jetzt seit 10 Jahren Woche für Woche zwischen Rang 20 und 50 auf. So ganz Glücklich sind die deutschen Tennisfans allerdings selten mit ihm. Zum einen war seine Außendarstellung wenn es um den Davis Cup ging häufig unglücklich. Dabei geht es weniger um seine Leistung, denn eine Bilanz von 16 zu 9 kann sich durchaus sehen lassen. Viel mehr wirkten seine Absagen unglücklich wenn er den Montag danach wieder spielte, viel mehr bringt man die Entlassungen von Arriens und Kühnen direkt mit Kohlschreiber in Verbindung. Bei Kohlschreiber denkt man auch an Absagen für Olympia, der liebe kleine Turniere die parallel stattfinden spielt. Aber in den letzten Jahren hat er sich in seinem Verhalten durchaus gebessert und unter Kohlmann eine Führungsrolle im Davis Cup eingenommen. Bei der diesjährigen Absage war er ohne Zweifel verletzt. Die Teilnahme bei den USO kam nach dem Bänderriss zu früh. Danach kam er auch nicht mehr 100% in Form. Das letzte richtig gute Ergebnis gelang ihm mit dem Finale in Stuttgart wo er Thiem unterlag, eine Woche später musste er im VF von Halle die mögliche Revanche wegen einer Verletzung absagen. In München konnte er jenen Thiem noch besiegen und zum dritten mal die Lederhose anziehen. Da sind wir beim nächsten Problem was viele mit Kohlschreiber haben. Er stand in seiner Karriere zwar in 15 Finals, aber nur in Finals von 250ern. Nur einmal konnte er bei einem GS ins VF einziehen, noch nie stand er bei einem 1000er unter den letzten 4 oder bei einem 500er im Finale und das obwohl er mit den besten mithalten kann. Spieler wie Davydenko, Roddick, Verdasco, Djokovic und Isner konnte er best of 5 besiegen als sie in den top 10 standen, aber meist war es nur ein guter Auftritt um danach gegen einen schwächeren Mann zu verlieren.
Aufgrund der schwächeren 2. Saisonhälfte wird Kohlschreiber bei den nächsten GSs eher nicht gesetzt sein. Trotz der Probleme in jüngere Vergangenheit hat er noch 1-2 Jahre auf bekanntem Niveau im Körper. Vielleicht gelingt ihm ja ähnlich wie Mayer der ein großer Sieg am Ende der Karriere mit dem keiner mehr rechnet. Ich würde es ihm mittlerweile gönnen, ich werde zwar kein Fan mehr von ihm, aber es scheint als wäre Kohlschreiber einsichtig für frühere Fehler und es hat Respekt verdient wie er gerade bei den einheimischen Turnieren die deutsche Flagge hochgehalten hat. Wer weiß wie es um ein Turnier wie München stehen würde, wenn Kohlschreiber sich nicht 5 mal ins Finale gespielt hätte? Auch Kohlschreiber hat seine Verdienste ums deutsche Tennis.
Alexander Zverev 19/24
Auch wenn es nicht ganz gelangt hat um das Jahr in den ersten 20 zu beenden. So klar nimmt er eine Ausnahmestellung im deutschen Tennis ein. Für ihn ist fast alles möglich. Eigentlich können nur Verletzungen verhindern, dass er der nächste top 10 Spieler nach den Herren Haas, Kiefer und Schüttler wird. Und ja ich wäre enttäuscht wenn er nicht der erste GS Sieger nach Becker 1996 wird. Seit fast 10 Jahren hat kein Teenie so brilliert wie der 19 jährige Hamburger. Er hat nicht das Ziel irgendwem es besonders recht zu machen, er will nicht besonders eng mit der Presse zusammen arbeiten. Er will einfach gut Tennis spielen und das gelingt mehr und mehr. Im September unterstrich er dies mit seinem ersten ATP Titel in St. Petersburg. Für viele überraschend beendete er seine Saison schon vor Basel/Wien um in einer längeren Vorbereitung sein Spiel weiter zu verbessern. Genau diese Haltung, ob sie aus seinem Team oder von ihm kommt, zeichnet die besten aus. Auch wenn es schon sehr gut läuft immer den nächsten Schritt zur Verbesserung im Kopf haben und nicht den kurzfristigen Erfolg. Mit Rang 83 ging er dieses Jahr in die AO und im kommenden Jahr wird er erstmals gesetzt sein. Diese Position muss er nutzen um bei den GSs in absehbarer Zeit erstmals unter die letzten 16 zu kommen. Wenn er sein Spiel so konstant verbessert wie in den letzten Jahren, halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass kommende Jahr unter den top 10 zu beenden. Klar könnte auch erstmal eine kleine Krise kommen und die top 10 noch etwas auf sich warten lassen, aber auch das würde nichts am großen Ziel am Ende ändern. Für ein Talent wie Zverev ist das nun mal ein GS Sieg und wenn es optimal läuft auch mal Nummer 1 zu werden.