Das Wichtigste über Geschlechtskrankheiten
Allgemeines
Sexuell übertragbare Krankheiten, Geschlechtskrankheiten, abgekürzt auch STD (aus dem Englischen: sexually transmitted diseases) genannt, gehören zu den Infektionskrankheiten. Darunter fallen mehr als 20 Krankheiten, die von Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten verursacht werden. Das Gemeinsame an den STD ist, dass sie hauptsächlich beim Geschlechtsverkehr übertragen werden. Unterschiedlich hingegen sind die Ansteckungsfähigkeit der Erreger, der Krankheitsverlauf sowie die therapeutischen Möglichkeiten respektive ihre Prävention.
Die «klassischen» Geschlechtskrankheiten (z.B. Syphilis, Gonorrhöe) haben ihren Schrecken verloren, seit sie mit Antibiotika behandelbar sind. Gegen die Hepatitis B, eine ernsthafte, ebenfalls sexuell übertragbare Erkrankung, gibt es seit längerem eine Schutzimpfung. Die heute am meisten gefürchtete STD ist Aids, weil gegen diese Krankheit weder ein heilendes Medikament noch eine Schutzimpfung zur Verfügung stehen.
Weltweit erkranken pro Jahr schätzungsweise 330 Mio. Menschen an einer Geschlechtskrankheit. Am weitesten verbreitet sind Trichomonaden mit 120 Mio., gefolgt von Chlamydien mit 50 Mio. und Gonorrhöe mit 25 Mio. Erkrankten. Die Zahl der HIV-Infizierten wird heute auf 42 Mio. geschätzt.
Die Ansteckung mit einer STD erfolgt überwiegend beim Geschlechtsverkehr durch direkten Kontakt von infizierten Körperflüssigkeiten (wie Samen- und Scheidenflüssigkeit) mit Schleimhaut. Die meisten Geschlechtskrankheiten, insbesondere Herpesinfektionen, können ebenso beim Oralverkehr, Küssen oder Petting (durch direkten Kontakt mit infektiösen Körperflüssigkeiten) übertragen werden. Eine Ansteckung kann aber auch von der infizierten Mutter auf das ungeborene Kind bzw. das Neugeborene erfolgen. Einige Geschlechtskrankheiten (Hepatitis B/C, Aids und Syphilis) können auch über Blut durch infizierte Blutkonserven bzw. Blutprodukte oder durch Spritzentausch bei Drogensüchtigen übertragen werden. Eine indirekte Ansteckung über Handtücher, Toilettenartikel u.ä. ist bei einigen Erregern möglich, jedoch extrem selten. Eine Übertragung durch Tröpfchen (z.B. Husten, Niesen) ist nicht möglich. Im alltäglichen sozialen Kontakt (Haushalt, Arbeitsplatz, Reisen u.ä.) ist eine Ansteckung mit einer STD bei Einhaltung der üblichen Hygieneregeln ausgeschlossen.
Die meisten STD (wichtigste Ausnahmen: Hepatitis B und Aids) machen sich zunächst am Eintrittsort bemerkbar, also am Penis, in der Scheide und an den Schamlippen; After und Mundhöhle können auch befallen sein. Einige STD sind einfach unangenehm, andere sind gefährlich: Bleiben sie unbehandelt, breiten sie sich über den ganzen Körper aus und können dann zum Teil schwere, nicht wiedergutzumachende Schäden wie Unfruchtbarkeit, Hirnschäden oder Blindheit verursachen. Die gefährlichste STD, die HIV-Infektion, führt nach heutigem Wissen durchschnittlich nach 12 Jahren zum Endstadium Aids, welches mit dem Tod enden kann.
Die wichtigsten Geschlechtskrankheiten
Syphilis (Lues, harter Schanker)
Die Syphilis wird durch spiralförmige Bakterien (Treponema pallidum) verursacht. Im Krankheitsverlauf unterscheidet man vier Stadien: Beim Stadium I kommt es etwa drei Wochen nach der Ansteckung zu einem harten, nicht schmerzhaften Geschwür an der Stelle, an der die Infektion stattgefunden hat (in der Regel am Penis oder in der Scheide). Die am nächsten gelegenen Lymphknoten schwellen an. In der Regel heilt das Geschwür auch ohne Behandlung ab. Unbehandelt schreitet die Erkrankung aber nach etwa sechs Wochen zum Stadium II fort, in dem sich die Bakterien über den ganzen Körper ausbreiten und Hautausschläge, Fieber und Lymphknotenschwellungen verursachen. Diese Erscheinungen verschwinden zeitweilig, treten jedoch über Jahre hinweg immer wieder auf. Wird auch dieses Stadium nicht behandelt, so kommt es nach mehreren Jahren zum Befall der inneren Organe, insbesondere des Nervensystems, so im Stadium III des Rückenmarks (Gangstörung) und im Stadium IV des Gehirns (Demenz).
Der Nachweis einer Infektion erfolgt durch mikroskopische Untersuchung oder durch den Syphilistest im Blut, der etwa drei Wochen nach der Infektion zuverlässige Resultate liefert. Eine Behandlung mit Antibiotika (z.B. Penicillin) in den frühen Stadien führt zu einer vollständigen Heilung. Die Schäden in den späteren Stadien (III und IV) sind jedoch nicht mehr rückgängig zu machen, auch wenn die Bakterien durch Medikamente abgetötet werden. In der Schwangerschaft kann die Syphilis zu schwersten Schäden des ungeborenen Kindes führen.
Gonorrhöe (Tripper)
Die Gonorrhöe wird ebenfalls durch Bakterien (Neisseria gonorrhoea) verursacht. Zwei bis sieben Tage nach der Ansteckung kommt es zu gelbgrünlichem, eitrigem Ausfluss aus Penis und Scheide sowie Schmerzen beim Wasserlassen. Bei der Frau können diese Symptome fehlen. Wird die Krankheit nicht behandelt, so kann es beim Mann zur Infektion von Prostata, Samenleiter und Nebenhoden kommen. Bei der Frau können Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke so geschädigt werden, dass dies zu einer Unfruchtbarkeit führen kann. Im Spätstadium der Gonorrhöe breiten sich die Bakterien auf den ganzen Körper, insbesondere die Gelenke und die Leberregion (Perihepatitis acuta) aus. Der Nachweis einer Gonorrhöeinfektion erfolgt durch mikroskopische und kulturelle Untersuchung des Ausflusses. Die Gonorrhöe kann mit Antibiotika geheilt werden.
Ein grosses Problem stellt in diesem Zusammenhang der Sextourismus in den Fernen Osten dar: Die dortigen Prostituierten verwenden oft Antibiotika zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten. Auf diese Art entstehen vermehrt Antibiotika-resistente Bakterienstämme.
Ulcus molle (weicher Schanker)
Das Ulcus mollewird durch Bakterien (Haemophilus ducreyi) hervorgerufen und ist eine seltene Erkrankung in Mitteleuropa, jedoch häufig in tropischen Entwicklungsländern. Zwei bis sechs Tage nach der Infektion treten weiche, schmerzhafte und unregelmässig begrenzte Geschwüre am Ort der Ansteckung auf. Die Lymphknoten der Leistengegend können stark anschwellen. Die Diagnose erfolgt durch den mikroskopischen Nachweis des Erregers in den Geschwüren. Die Krankheit wird mit Antibiotika geheilt.
Venerische Lymphknotenentzündung (Lymphogranuloma inguinale)
Das Lymphogranuloma inguinale wird durch spezielle Stämme von Chlamydia trachomatis verursacht und ist in Mitteleuropa sehr selten. Mindestens 14 Tage nach der Ansteckung treten im Geschlechtsbereich scharf begrenzte kleine Knötchen auf, die zu einem Geschwür aufbrechen können. Diese wenig schmerzhaften Knötchen heilen nach 10–14 Tagen spontan ab und werden deshalb oft übersehen. Erst die Schwellung der Lymphknoten im Leistenbereich (bis zur Faustgrösse) führt die Patienten zum Arzt. Probleme entstehen vor allem, wenn Lymphknoten nach aussen aufbrechen (Fisteln) oder Lymphknoten im Inneren des Körpers befallen sind. Die Diagnose erfolgt durch den direkten Erregernachweis im Infektionsherd oder durch eine Blutuntersuchung. Die Krankheit kann im Anfangsstadium mit Antibiotika geheilt werden.
Chlamydieninfektionen
Chlamydieninfektionen sind in Europa sehr weit verbreitet und werden durch Bakterien (Chlamydia trachomatis) verursacht. Sie erzeugen lästige Harnröhreninfektionen, die zu starkem Jucken und Brennen beim Wasserlassen führen. Beim Mann können die Prostata und der Nebenhoden, bei der Frau auch Scheide, Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke betroffen sein, was zu Unfruchtbarkeit und Eileiterschwangerschaften führen kann. Die Infektion verläuft häufig ohne Beschwerden und kann problemlos mit Antibiotika geheilt werden. Eine Übertragung auf das Neugeborene ist häufig und führt zu Bindehaut- und Lungenentzündungen.
Aids
Aids (acquired immune deficiency syndrome = erworbene Immunschwäche-Krankheit) ist das Endstadium einer Infektion mit HIV (human immunodeficiency virus). Bis heute wurden zwei Virustypen (HIV-1 + -2) mit zahlreichen Untergruppen nachgewiesen. Zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit vergehen im Durchschnitt etwa zwölf Jahre. In dieser Zeit können die Infizierten – ohne etwas von der Infektion zu merken – das Virus auf andere Menschen übertragen. Gleichzeitig bestehende «klassische» Geschlechtskrankheiten (insbesondere Syphilis und Ulcus molle) erhöhen die Empfänglichkeit für eine Infektion mit dem Aidsvirus. Der Nachweis der HIV-Infektion erfolgt durch eine Blutuntersuchung (HIV-Test). Die Krankheit ist bis heute nicht heilbar und kann zum Tode führen. Durch rechtzeitiges Erkennen der Infektion und eine entsprechende ärztliche Betreuung ist es möglich, den Ausbruch der Krankheit hinauszuzögern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Eine Schutzimpfung ist in absehbarer Zeit nicht verfügbar.
Hepatitis (infektiöse Gelbsucht)
Es gibt verschiedene Hepatitisviren, von denen vor allem das Hepatitis-B-Virus (HBV) und in geringerem Masse auch das Hepatitis-C-Virus (HCV) sexuell übertragbar sind. Der Krankheitsverlauf ist sehr unterschiedlich: Die Infektion kann ohne Beschwerden verlaufen oder zu einer akuten schweren Leberentzündung (Hepatitis) führen, die in einigen Fällen tödlich endet. Zu einem erheblichen Anteil geht die Infektion in eine chronische Leberentzündung über, die zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann.
Problematisch bei der Hepatitis B/C ist, dass einige Menschen lebenslang Virusträger bleiben (auch ohne krank zu sein) und andere Menschen anstecken können. Das Hepatitis-B/-C-Virus kann ausser bei Geschlechtsverkehr auch durch Bluttransfusionen, Spritzentausch bei Drogensüchtigen und manchmal sogar durch direkten und indirekten Kontakt mit Körperflüssigkeiten bei mangelnder Hygiene übertragen werden.
In Drittweltländern ist die Hepatitis B in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet, in Europa sind hauptsächlich intravenös Drogensüchtige (Fixer) und das Medizinalpersonal betroffen. Für die Hepatitis B als einzige STD gibt es heute eine sichere Schutzimpfung.
Herpes genitalis
Der Herpes genitalis ist eine weitverbreitete Virusinfektion, die mit dem Herpes labialis («Fieberbläschen» an den Lippen) nahe verwandt ist. Drei bis sieben Tage nach der Infektion treten im Geschlechtsbereich kleine, stark juckende oder schmerzende Bläschen auf, die eine ansteckende Flüssigkeit enthalten. Ausserdem können Lymphknotenschwellungen und fieberhafte Allgemeinerscheinungen auftreten. Das Virus kann direkt in der Bläschenflüssigkeit oder indirekt mit Blutuntersuchungen nachgewiesen werden. Trotz einer Behandlung mit einem antiviralen Medikament (z.B. Aciclovir) kann das Virus in den Nervenzellen überleben und nach Jahren zu einer erneuten Erkrankung führen, die jedoch meistens milder verläuft. Bei infizierten schwangeren Frauen kann während der Geburt das Herpesvirus auf das Neugeborene übertragen werden und schwere Erkrankungen (z.B. Hirnentzündung) verursachen.
Genitale Warzen (Condylomata acuminata)
Ungefähr vier Wochen nach einer Ansteckung wachsen die genitalen Warzen oft blumenkohlartig im Genitalbereich. Sie werden durch Viren (humane Papilloma-Viren = HPV) verursacht und können chirurgisch (Laser, flüssiger Stickstoff, Elektrokoagulation oder mit dem Skalpell) entfernt werden. Papilloma-Viren können während der Geburt auf das Neugeborene übertragen werden. Einige Papilloma-Viren werden als Ursache von Muttermundkrebs bei der Frau diskutiert.
Trichomonaden
Trichomonaden sind weitverbreitete einzellige Parasiten, die Harnröhre und Scheide befallen. Die Infektion äussert sich durch wässrigen Ausfluss und Juckreiz. Die Diagnose geschieht durch mikroskopischen Erregernachweis. Diese weltweit am häufigsten auftretende, aber harmlose Infektionskrankheit wird mit speziellen Medikamenten (z.B. Metronidazol) geheilt.
Pilzinfektionen
Der Hefepilz (Candida albicans) ist sehr verbreitet und der häufigste Erreger von sexuell übertragbaren Pilzinfektionen. Diese an sich harmlose Infektion (Entzündung von Scheide bzw. Peniseichel) kann aber zu unangenehmen Beschwerden wie starkem Juckreiz und Brennen führen. Bei der Frau tritt zusätzlich ein Scheidenausfluss auf. Mit speziellen Medikamenten (Antimykotika) und entsprechender Hygiene sind Pilzinfektionen gut zu behandeln.
Filzläuse
Filzläuse sind kleine Insekten, die sich in der Schambehaarung einnisten. Sie sind mit blossem Auge sichtbar, ebenso ihre Eier (Nissen), die sich an den Haaren festsetzen. Starker Juckreiz ist das wichtigste Symptom. Die Behandlung dieser harmlosen Geschlechtskrankheit erfolgt mit einer speziellen Emulsion.
Krätze (Scabie)
Die Krätze wird durch Milben (Sarcoptes scabiei) verursacht, die während des Geschlechtsverkehrs – oder aber auch im Rahmen der Familie – übertragen werden können und die Gänge in die Haut bohren (Fingerzwischenräume und Handgelenke, Achseln und Intimbereich, Bachnabel und Brüste). Dies bewirkt eine stark juckende Erkankung (v.a. nachts), welche zu hartnäckigen Ekzemen führen kann. Oft erkennt man von blossem Auge einen sogenannten Milbengang. Es müssen alle im selben Haushalt wohnenden Personen gleichzeitig behandelt werden.