@skeptiker
Und nun:
Man sollte sich um Sahin bemühen"
München/Dortmund - Ein noch nicht einmal 17-Jähriger ist für Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke "unsere Zukunft".
Kann Nuri Sahin, der am Samstag beim 2:2 in Wolfsburg als jüngster Spieler aller Zeiten in die Bundesligageschichte einging, auch die Zukunft des deutschen Fußballs sein?
Zwanziger optimistisch
Der türkische Verband erkannte das große Potenzial des Mittelfeldspielers und nominierte ihn für seine U-17-Auswahl. Im Mai wurde Sahin mit der Türkei in Italien U-17-Europameister.
Darf Sahin, geboren am 5. September 1988 in Lüdenscheid und seit Juli 2001 beim BVB, in Zukunft für Deutschland spielen, obwohl er türkischer Staatsbürger ist?
"Ich würde davon ausgehen, dass es kein Hindernis sein sollte, dass er für Deutschland spielen könnte", sagt der Geschäftsführende DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger bei Sport1.de.
Türkischer Verband war schneller
"Ich bin der Auffassung, dass man sich um einen guten jungen Spieler, ganz gleich welcher Staatsbürger er ist, der in Deutschland aufgewachsen ist und von unseren Klubs ausgebildet worden ist und der die Klasse mitbringt, in der deutschen Nationalmannschaft spielen zu können, bemühen sollte", ergänzt Zwanziger.
Das hat der DFB bereits getan: "Wir haben ihn zu einem U-16-Lehrgang eingeladen und er hat mir gesagt, der er Deutscher werden und für den DFB spielen will. Kurz darauf ist er aber für die Türkei aufgelaufen", erklärte DFB-Nachwuchstrainer Jörg Daniel bei Sport1.de.
"Das ist schon sehr ärgerlich für uns. Er hätte bestimmt gespielt, wenn er einen deutschen Pass gehabt hätte."
"MV": "Laden ihn gerne wieder ein"
Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder sieht gute Chancen, dass Sahin in Zukunft für den DFB auflaufen kann. "Wir laden ihn gerne wieder zu einem Lehrgang ein", erklärte Mayer-Vorfelder in einer Pressemitteilung des DFB.
"Ich bin von seinen Fähigkeiten überzeugt und habe großes Interesse, dass Nuri für Deutschland spielt", meinte U-18-Auswahltrainer und DFB-Jugendkoordinator Michael Skibbe.
Entscheidung liegt beim Spieler
Der türkische Verband war zunächst schneller, doch Sahins Vater und Berater signalisiert Gesprächsbereitschaft: "Wenn die Deutschen uns anriefen, würden wir bestimmt nicht nein sagen", erklärte Savas Sahin bei Sport1.de. "Allerdings liegt die letzte Entscheidung bei Nuri."
Das sieht auch Zwanziger nicht anders: "Man muss aber die Entscheidungsfreiheit eines jungen Spielers respektieren", sagt der DFB-Präsident. "Aber man kann auch darauf hinweisen, dass er in Deutschland lebt, hier seine Alterskameraden hat, und auch integriert ist. Wenn es ihm wichtig ist und es ihm auch ein Stück zur Ehre gereicht, in einer deutschen Fußballnationalmannschaft zu spielen, dann würde ich auch sagen, dass man mit fairen Mitteln Überzeugungsarbeit leisten sollte."
Fifa-Regularien werfen Fragen auf
Laut Regularien der Fifa ist ein Verbandswechsel bis zum 21. Lebensjahr (zuzüglich einer Übergangsfrist) möglich. Im Rahmen der Revision der Fifa-Statuten wurde am 1. Januar 2004 ein einmaliges Wechselrecht zu Gunsten jener Spieler eingeführt, "die sich durch die Teilnahme an einem Länderspiel im Rahmen eines offiziellen Wettbewerbs bereits an einen nationalen Verband gebunden haben. In diesem Zusammenhang gilt es jedoch hervorzuheben, dass dieses Wechselrecht von einem Spieler, der bereits in einem A-Länderspiel seines heutigen Verbands gespielt hat, nicht beansprucht werden kann."
Sahin hat noch kein A-Länderspiel bestritten - zumindest in diesem Punkt gäbe es keine Probleme.
Aber ein weiterer Blick in die Richtlinien wirft neue Fragen auf. So schreibt die Fifa: "In Anwendung des vom neuen Artikel 15 der Ausführungsbestimmungen zu den Fifa-Statuten festgelegten Grundsatzes betrifft dieses Wechselrecht jene Spieler, die vor ihrem ersten internationalen Einsatz mehrere Staatsbürgerschaften besitzen, bzw. die auf Grund ihrer Staatsbürgerschaft grundsätzlich für mehrere Verbandsmannschaften spielberechtigt sind."
Sahin hat aber nur einen türkischen Pass. Zudem bleibt die Frage, ob es Staatsbürgerschaften gibt, die ein Startrecht für verschiedene Verbände beinhalten.
Rauball sieht Diskussion als verfrüht
Für BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball kommt die Diskussion über Sahins Nationalmannschafts-Zukunft noch zu früh: "Er soll erst mal in der Bundesliga Fuß fassen. Alles Weitere ergibt sich von selbst", meint Rauball auf Nachfrage von Sport1.de. "Die Nationalmannschaft ist ein Thema, über das wir im Moment demonstrativ nicht diskutieren sollten."
BVB-Trainer Bert van Marwijk hat momentan ganz andere Sorgen: Sahin, für den Coach "ein Junge mit unglaublichen Fähigkeiten", erlitt im Training eine Oberschenkelzerrung.
Mannschaftsarzt Markus Braun hofft darauf, dass der Shootingstar in den nächsten Tagen wieder das Training aufnehmen kann. Schließlich spielt Dortmund am Wochenende gegen den Erzrivalen Schalke.