Redemption schrieb:
Ich verstehe, was du sagen willst, natürlich sollte man nicht ausschließlich auf die Statistiken schauen, aber wenn beim MVP (Spieler des Jahres) Leute wie LeBron James und Kobe Bryant von Anfang an ausgeschlossen werden, obwohl jeder Blinde sieht, was sie für ihre Teams bedeuten und was für Leistungen bringen, nur weil ihre Teams nicht die Bilanz der Pistons haben, läuft meiner Meinung nach etwas falsch bei der Wahl.
Dass James und Bryant in diesem Jahre MVP-würdig spielen, sehe ich durchaus ebenfalls so, und sie werden so einige Stimmen von der Jury bekommen.
Aber bei dem Argument, dass sowas "jeder Blinde sieht", bin ich vorsichtiger, ganz besonders bei den Spielern, die mehr oder weniger frei entscheiden können, wie lange sie den Ball in den Händen halten und wie oft sie werfen. So halten viele Iverson aufgrund seines Einsatzes jede Saison für MVP-würdig und hielten Marbury jahrelang für einen logischen All-Star (der er aufgrund seines Talents eigentlich auch sein müsste), aber so wie die beiden spielen, mündet es nicht unbedingt im Erfolg des Teams. Wo zieht man die Grenze bzw. wie will man genau feststellen, was "gut" ist, und somit später, welcher Spieler "besser" ist? Die Jahre haben gezeigt: Neben Iverson & Marbury haben einige Spieler schlechtere Leistungen gebracht als sonst und deren Karriere-Wins sind nicht lange so überragend wie ihre persönlichen Statistiken. Neben Spielern wie Kidd und eben auch Billups und Nash spielen viele dagegen weitgehend gut (das gleiche gilt bei einigen Big Men wie Duncan und Shaq unbestritten, selbst wenn sie bei einem Spielzug den Ball nicht einmal berühren, indem sie Gegner binden und somit ihren Mitspielern Räume schaffen und das Spiel erleichtern). Gilt dies auch, obwohl dies in den Statistiken allenfalls indirekt auftaucht? Wie genau stellt man fest, ob der persönliche Einsatz tatsächlich in Siegen umgesetzt wird? Ganz besonders bei Bryant habe ich da keine großen Zweifel, dass er für zig Siege in diesem Jahr gut war, bin mir aber doch nicht so sicher, ob die Lakers auf diese Weise tatsächlich optimal im Rahmen ihrer Möglichkeiten spielen. Bei Billups kann man dagegen umgekehrt sagen, dass er so zusammen mit den Mitspielern das fast Optimale herausgeholt hat. Aber seine persönliche Leistung (und Last) ist natürlich geringer als die eines Bryant. Dadurch komme ich zu:
Und außerdem finde ich falsch, erst auf den Erfolg und dann auf den Spieler zu schauen. "Detroit liegt auf Platz 1 in der Liga, als muss einer von denen Top3 sein." Sowas ist nicht logisch.
Man muss halt eine gewisse Mischung finden. Man muss Erfolg nicht absolut sondern relativ sehen. 50 Wins sind nicht für alle Teams dasselbe. Für manche unerreichbar, für andere deutlich unter den Erwartungen.
Wenn ein Spieler trotz toller Stats seinem Team absolut nichts bringt, kann er auch nicht der beste Spieler der Liag werden. Aber wer würde sagen, dass James und Bryant ihnen Teams nichts bringen. Die "55-Wins"-Regel ist absolut nicht angebracht, meiner Meinung nach. Wenn die Playoffs und 45 Siege für ein Team ein gutes Ergebnis ist, sollte der Spieler der Mannschaft auch Chancen auf den "Spieler des Jahres"-Award haben dürfen.
LeBron James und Kobe Bryant sind einfach die herausragenden Spieler dieses Jahr, und beide spielen in Playoffteams. Da kann man nicht von "keinem Erfolg" sprechen. Beiden könnten zurecht, den Award bekommen. Nicht Chauncey Billups, weil er das Glück hat 3 Allstars als Mitspieler zu haben, von denen er sich nicht mal richtig absetzt, wenn überhaupt.
Dass eine Mischung fairer ist, sehe ich ebenso, allerdings sind die Erwartungen ja auch wiederum Interpretationssache. Wie legt man da wann ein Ziel fest?
- Bei den Spurs rechnete wohl jeder aufgrund des Kaders mit dem Erfolg und findet so jetzt ihre Leistung "im Soll", obwohl sie derzeit den besten Stand ihrer Geschichte nach 62 Spielen haben.
- Die Mavs dagegen hat man dahinter gesehen und sieht so ihre objektiv gleichgute Leistung als noch besser als die der Spurs an. Und hier lasse auch ich mich verführen: Dadurch wird individuell auch Nowitzki gerade über Duncan gestellt, obwohl er diesem nur in Sachen Offense überlegen ist, was sich aber durch Duncans weit bessere Defense eigentlich wieder ausgleicht.
- Die Pistons spielen bisher eine der besten Saisons aller Zeiten (und fahren gerade ihre Anstrengung etwas runter, um sich und ihren bislang recht dünnen Kader für die Playoffs zu schonen - das wird wohl auch nochmal einiges an Stimmen für Billups kosten, da man die Erwartungen zwischenzeitlich schon auf 70 Siege geschraubt hatte) und ihre Spieler werden trotzdem "bestraft" in Sachen MVP-Bewertung, weil sie sich alle fast optimal in ihre Rollen fügen.
- Das gleiche gilt auch für die Suns: Steve Nash könnte wie so viele andere natürlich statt 19ppg auch 28-35ppg auflegen - man muss sich nur vorstellen, dass er sich nicht bei den Würfen zurückhalten und "nur" 14 Würfe bei guter Auswahl nehmen, sondern 20-30mal draufhalten würde. Seine Quote ginge dabei natürlich in den Keller von jetzt 50% auf 38-43%. Seine individuelle Leistung wäre vielleicht größer, aber nützen würde es den Suns wahrscheinlich nicht (vor allem nicht, weil Nash jetzt schon noch kaputter und verletzungsanfälliger wäre als sowieso schon), denn diese leben von einer guten Verteilung auf mehrere Spieler. Man kann sich leicht vorstellen, welche Erwartung man haben könnte, wenn die PHO-Spieler nicht optimal als Team zusammen arbeiten würden: Kurt Thomas gälte als washed-up und nicht besonders zu gebrauchen, Marion als einziger fähiger Spieler neben Nash wegen der Verletzung Stoudemires, Raja Bell würde wahrscheinlich maximal als mittelmäßig ähnlich einem Giricek eingeschätzt und niemand würde ein Wort über ihn verlieren, Diaw wahrscheinlich immer noch als in der Offense unnütz und die Rechtfertigung, warum "Nash alles allein machen müsse", etc. - diese Art der Argumentation kennt man ja aus vielen anderen Teams - und die Suns wären ein .500-Team in aller Leute Erwartung und alle wären zufrieden, wenn sie dies gerade erreichen würden (und Nash als herausragender Offensivspieler wäre für viele der MVP, der allein dieses Team im Rahmen der Erwartungen halten würde). Daran sieht man doch, wie viel das Teamplay ausmacht für den Erfolg eines Teams bzw. für den "Wert" eines Spielers in den Augen der Zuschauer. Wer weiß, wie das bei anderen Teams vielleicht besser zu machen wäre, und das ist auch der Grund, warum ich die individuellen Leistungen anderer Spieler in schlechteren Mannschaften nicht so weit darüber stellen mag.
Ich gebe dir Recht, dass man eigentlich eine Mischung finden sollte, aber die fällt bei mir persönlich immer noch eher zu Gunsten der "erfolgreicheren" Spieler aus. Dass dieser Erfolg oft natürlich nicht allein oder auch nur mehrheitlich mit einem einzigen Spieler zu erklären ist, tut dieser Einschätzung bei mir keinen Abbruch. So ist Mannschaftssport für mich nunmal.