Vorwürfe und Beleidigungen gegen Universum-Chef Klaus-Peter Kohl
Der erbarmungslosen Schlägerei im Ring folgte ein Trommelfeuer an verbalen Tiefschlägen. Nachdem der in Hamburg lebende Box-Profi Sinan Samil Sam in der Nacht zum Sonntag in Stuttgart seinen EM-Titel im Schwergewicht an den Stall-Gefährten Luan Krasniqi aus Rottweil durch ein knappes Punkturteil verloren hatte, sah Samil Sams Berater Ahmet Öner rot. "Ihr habt Sinan ruiniert, ihr habt einen Boxer gebrochen. Wir wurden von der Mafia betrogen", tobte der Duisburger türkischer Abstammung und deutete auf Klaus-Peter Kohl, den Chef der Hamburger Universum Box-Promotion. Drei Ordner hatten Mühe, den um sich schlagenden Öner zu bändigen, nachdem er sich schon auf den Physiotherapeuten des Krasniqi-Teams gestürzt hatte.
Kohl fiel es schwer, seine Wut auf Öner zu unterdrücken. "So redet man nicht mit mir", zischte der Promoter und deutete damit ein Nachspiel an. Öner aber ließ sich nicht einschüchtern. Das ZDF, so argwöhnte er, wollte Krasniqi als Sieger, weil der als Deutscher mehr Zuschauer bringe. "Da wurden die Fäden gezogen", behauptete der Ex-Profi, der als Mann von Kati Sdunek, der Tochter von Universum-Cheftrainer Fritz Sdunek, auch privat engste Berührungspunkte mit dem Boxstall hat.
In dem erbittert geführten Duell zweier bis zur völligen Verausgabung kämpfenden Stall-Gefährten ging es derart knapp zu, dass viele in der mit 5500 Zuschauern ausverkauften Halle ein Unentschieden erwartet hatten. "Der deutsche Punktrichter Axel Zielke hat mit 114:114 als einziger richtig gewertet", sagte Jean-Marcel Nartz, Technischer Leiter bei Universum. Die Punktrichter aus Finnland und Italien sahen den beweglicheren und optisch gefälligeren Krasniqi mit 115:113 beziehungsweise 116:113 vorn.
Als glattes Fehlurteil sah der entthronte Europameister Samil Sam (18 Siege, zwei Niederlagen) die Wertung an und verließ nach kurzem Statement die Pressekonferenz. Berater Öner klagte den Universum-Stall an, Samil Sam schikaniert zu haben. Ärzte hatten Tage zuvor erhöhte Hepatitis-B-Werte bei dem Türken festgestellt und einen Einsatz infrage gestellt. "Sinan boxt seit Jahren mit erhöhten Werten. Das war allen bekannt", sagte Öner und unterstellte, dass der frühere Amateur-Weltmeister mit einem Störmanöver aus dem Konzept gebracht werden sollte. Krasniqi (26 Siege, eine Niederlage) schüttelte nur den Kopf über die Vorwürfe. "Ich habe klar gewonnen. Ich bin wieder da, topfit und unverbraucht. Jetzt darf ich wieder träumen", meinte der 32-jährige gebürtige Kosovo-Albaner mit deutschem Pass.
Dagegen hat sich nach der zweiten Niederlage hintereinander die sportliche Perspektive des 29-jährigen Samil Sam verschlechtert. Noch räumt Kohl dem Türken eine Zukunft bei Universum ein. "Er hat sich weder blamiert noch disqualifiziert", sagte der Promoter. Und Nartz versicherte, dass es außer den Klitschkos keinen Boxer in Europa gebe, der Krasniqi oder Samil Sam bezwingen könne. dpa