Sportartenvielfalt in Deutschland (ausgeschnitten aus dem WM-Thread)


Benjamin

Zahlenfreund
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Den reinen Vergleich der Einwohnerzahlen halte ich aber auch nicht unbedingt für zielführend.

Natürlich wird es Kinder geben, die irgendwo die Sportart Skispringen bzw. die Nordische Kombination kennenlernen und dann sagen: Ich will unbedingt genau das machen. Aber andere (oder ihre Eltern) schauen sich auch an, was denn in der näheren Umgebung an Sport möglich ist und wählen dann davon etwas aus. Und wenn man mal um jede Nachwuchsschanze in Bayern und in Norwegen einen Kreis mit meinetwegen 10 km Radius zieht und schaut, wie viele Leute da wohnen, dann schätze ich mal, dass Norwegen allein schon wegen Oslo und Trondheim deutlich mehr Leute im Einzugsbereich von Sprungschanzen hat. Ich würde mich sogar nicht mal wundern, wenn Norwegen in dieser Hinsicht auch dann noch besser abschneidet, wenn man unsere übrigen Bundesländer auch noch hinzunimmt.

Mein Gedanke war schon vor längerer Zeit mal, dass man kleinere Nachwuchsanlagen - bestehend meinetwegen aus K10, K20 und K30 - ruhig auch in ein paar Großstädten bauen könnte. Dafür wäre München oder Stuttgart durchaus hügelig genug. Mit Matten wären sie das ganze Jahr über nutzbar. Die hätten dann ein großes Einzugsgebiet. Dadurch hätten dann viele Kinder überhaupt erst die Chance, Skispringen in der näheren Umgebung kennenzulernen. Diejenigen, die dann das Talent dazu haben und weitermachen wollen, müssten dann natürlich nach Furtwangen, Oberstdorf oder Oberwiesenthal ins Skiinternat - aber vielleicht könnte man durchaus den ein oder anderen talentierten Nachwuchssportler finden, den man sonst nicht erreichen würde.

Aber andererseits: Vielleicht ist das auch illusorisch; man braucht ja nicht nur die Schanzen, sondern auch Trainer, die die Sportler dort betreuen. Gerade in München und sogar in Berlin (!) gab es ja schon mal kleine Schanzen, die aber wieder aufgegeben wurden.
 

Sandero

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Weil hier oft mit Norwegen verglichen wird. Der DSV hat sogar dreimal soviel Mitglieder wie der Norwegische Skiverband. Das Problem ist eher der Unterschied der Förderung. In Norwegen wird Skisport am zweitmeisten gefördert ( nach Fussball). Ebenfalls gibt es eine starke Förderung des Breitensportes im Bereich Ski. ( Ski ist schon eine Art Kultur) In der Leistungssportförderung grenzt sich Norwegen aber auch ab, da dort nicht so viele Sportarten gefördert werden wie in Deutschland. Da käme wieder die Frage auf, welche Sportarten sind sinnvoll welche nicht. Wobei ich keiner Sportart den Rang ablaufen würde. Kurz gefasst in Deutschland geht die Förderung mehr in die Breite der Sportarten. Es gibt also Vor- und Nachteile.
 

Big d

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Achso und noch etwas zum Vergleich mit Norwegen: Norwegen insgesamt hat gereda einmal 5,3 Millionen Einwohner. In Bayern wohnen alleine 13 Millionen Menschen und hat damit theoretisch ein größeres Personenpotenzial für den Wintersport, als ganz Norwegen.

Wenn man den Zugang zu mindestens 2 Monaten im jahr durchgehend präparierten loipen im Umkreis von 50km um das Wohnhaus nimmt dürfte das aber anders aussehen.

Es gibt doch nur wenige Gebiete in Deutschland wo man wirklich sicher mehrere Monate im Jahr Langlaufen kann.
 

Domen4Fan

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Mein Gedanke war schon vor längerer Zeit mal, dass man kleinere Nachwuchsanlagen - bestehend meinetwegen aus K10, K20 und K30 - ruhig auch in ein paar Großstädten bauen könnte. Dafür wäre München oder Stuttgart durchaus hügelig genug. Mit Matten wären sie das ganze Jahr über nutzbar. Die hätten dann ein großes Einzugsgebiet. Dadurch hätten dann viele Kinder überhaupt erst die Chance, Skispringen in der näheren Umgebung kennenzulernen. Diejenigen, die dann das Talent dazu haben und weitermachen wollen, müssten dann natürlich nach Furtwangen, Oberstdorf oder Oberwiesenthal ins Skiinternat - aber vielleicht könnte man durchaus den ein oder anderen talentierten Nachwuchssportler finden, den man sonst nicht erreichen würde.

Aber andererseits: Vielleicht ist das auch illusorisch; man braucht ja nicht nur die Schanzen, sondern auch Trainer, die die Sportler dort betreuen. Gerade in München und sogar in Berlin (!) gab es ja schon mal kleine Schanzen, die aber wieder aufgegeben wurden.

Nö überhaupt nicht illusorisch, es passiert sogar zur Zeit. Den Schülercup hat die letzten beiden Jahre ein Berliner (so wurde er beim Schülercup in Winterberg zumindist bezeichnet) gewonnen. Sein Verein ist der WSV 1923 Bad Freienwalde, dort gibt es den von dir beschriebenen Schanzenkomplex. Der ist etwa 30 km Luftline weg von Berlin.

 

betzesachse

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Mag etwas altväterlich klingen, aber mir scheint einigen fehlt hier etwas der sportpolitische Blick und auch etwas Kenntnis der Lage. Zudem, traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.

Aber der Reihe nach.

Es gibt wohl kaum ein anderes Land der Erde, was sowohl in den olympischen Sommer- wie Wintersportarten so eine Teilnahmedichte und auch Erfolgsbilanz aufweisen kann. Mir fallen auf Anhieb nur Rußland und die USA ein, wobei man bei den USA im Wintersport schon streiten kann. Nimmt man deren Einwohnerzahlen und das vermeintliche Potential und legt das zugrunde, sind wir Meister der Effektivität. Entweder gibt es Wintersport- (Schweiz, Norwegen, Österreich, Slowenien, Schweden) oder Sommersportnationen. In der Gesamtheit gesehen stehen wir also sehr gut da. Darüber hinaus betreiben wir in den Olympischen Sportarten keinen Volkssport, haben zig Olympiastützpunkte und sind hier und dort Weltspitze, auch im Wettkampfbetrieb, siehe Fußball und Handball. Dass muß auch irgendwo alles finanziert werden. Wir sind sicher eines der Länder mit der mannigfaltigsten Sportlandschaft, die oft auch auf sehr hohem Niveau betrieben wird.

Betrachten wir speziell den Wintersport. Kaum ein Land der Welt hat so eine Infrastruktur wie D. 4 Bobbahnen, einzigartig. 2 große Eisschnelllaufhallen, diverse - stadien, von den Eishockeyhallen gar nicht zu reden. Top-Biathlonanlagen mind. in Ruhpolding, Reit, Oberhof und Altenberg. Großschanzen in Oberstdorf, Titisee, Garmisch, Willingen, Oberhof und Klingenthal (sicher nicht vollständig) Einen Standort wie in Oberhof gibt es sicher auch nicht überall. Dazu die Alpinen, da hab ich aber gar keine Ahnung. Das muss aber auch alles finanziert und mit Trainern bestückt werden. Durch die Auflistung fällt bereits eines auf: wir haben massig Standorte und jeder pocht auf seine Berechtigung und sein Geld. Das ist Demokratie und der angeblich so segensreiche Föderalismus, weil natürlich auch jedes Wintersportbundesland seine Aushängeschilder haben will, bis zu den Niedersachsen mit Clausthal. Das führt mich zu den Polen. Da gibt es Zakopane, Punkt. Dort kann ich alles konzentrieren. Ich gehe mit, das Malyz der Aufhänger war. Seitdem hat aber eine Regierung das Potential erkannt und sicher ordentlich Geld reingepumpt. Aber halt nur einmal. Man konzentriert sich. Das ist der Unterschied zu D. Ich kann auch den Vergleich zur DDR ziehen. Da gab es vier große Wintersportclubs: ASK, SC Dynamo, SC Motor und SC Traktor. Ne Sonderrolle spielte noch Zinnwald. Irgendwann landete jeder ambitionierte Wintersportler dort, selbst die Flachländer. (gut bei der Kufe gab es noch andere Sportclubs in Dresden, Berlin, Erfurt und Chemnitz). Auch hier: Konzentration. Das haben wir in dieser Form nicht mehr. Im kleinen Oberbärenburg gibt es allein 2 Sportvereine, die was mit Kufe machen, nur als Beispiel. Und in den Nordischen Sportarten fehlen uns einfach klimatisch gesehen die lange anhaltenden Trainingsbedingungen, da kann ich noch soviel Einwohnerstatistiken bringen , wie ich will. Was bei uns der Ball, ist in Norwegen zur Hälfte des Jahres der Ski. Anders herum gefragt: in welcher Mannschaftssportart außer Frauenfußball reißen die Norweger was?

Es ist also immer eine Frage der Relation und der Betrachtungsweise. Ich sage, wird sind in der Gesamtheit sehr gut aufgestellt. Was in der Betrachtung noch völlig fehlt: der mündige Athlet. Welcher Sportler tut sich heute noch Pensen aus früheren Zeiten an, wer läßt sich noch richtig triezen. Wer die Causa Frehse nüchtern und differenziert betrachtet, kann auch da den Konflikt rauslesen. Und ich sehe es nicht als Zufall, das viele erfolgreiche Sportler aus D bei genauerer Recherche familiäre Vorbelastungen aus Osteuropa haben. Der Biss ist da ein anderer und wird anders vorgelebt.
 

DSV-Adler

◊BMG◊
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Dazu die Alpinen, da hab ich aber gar keine Ahnung
Bei einer kurzen Doku in der ARD mit Neureuther über die Alpinen in Deutschland wurde gesagt, dass es sehr schlecht aussieht und nur noch reiche Familien den Sport betreiben können, da man in Deutschland kaum noch traineiren kann. Wir haben ja glaube ich (korrigiert mich, wenn falsch) nur eine Abfahrtspiste (in Garmisch) und die man auch kaum noch fahrfähig halten kann.

Anders herum gefragt: in welcher Mannschaftssportart außer Frauenfußball reißen die Norweger was?
Da fällt mir direkt Handball ein, und auch im Eishockey sind sie nicht ganz schlecht.
 

Hakuba

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Nö überhaupt nicht illusorisch, es passiert sogar zur Zeit. Den Schülercup hat die letzten beiden Jahre ein Berliner (so wurde er beim Schülercup in Winterberg zumindist bezeichnet) gewonnen. Sein Verein ist der WSV 1923 Bad Freienwalde, dort gibt es den von dir beschriebenen Schanzenkomplex. Der ist etwa 30 km Luftline weg von Berlin.

Nur eine kleine Anmerkung:
Bad Freienwalde ist in Brandenburg, ein sehr rühriger Verein!
Die drei Berliner Schanzen gibt es nicht mehr, zwei davon (Postfenn und Teufelsberg) waren auf künstlichen Bergen angelegt!
Die Schanze Onkel Toms Hütte wurde schon in den dreißiger Jahren zum Rodelberg umgestaltet.
 

Domen4Fan

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Nur eine kleine Anmerkung:
Bad Freienwalde ist in Brandenburg, ein sehr rühriger Verein!
Die drei Berliner Schanzen gibt es nicht mehr, zwei davon (Postfenn und Teufelsberg) waren auf künstlichen Bergen angelegt!
Die Schanze Onkel Toms Hütte wurde schon in den dreißiger Jahren zum Rodelberg umgestaltet.

Was genau bedeutet denn dieses Adjektiv?
Das es in Berlin direkt keine Schanzen mehr gibt ist klar.
 

Masmiseim

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Wie immer kommt hier vieles zusammen, sodass man auch nie meinen sollte, dass wenn an einem Rad gedreht wird, sich alles plötzlich ändert.

Auch Ländervergleiche sind immer mehr als schwierig. In Deutschland zb hilft eine Karriere im Spitzensport nur bedingt gegen Armut. Ich kann jeden jugendlichen verstehen, der statt NoKo lieber ein Studium mit anschließendem Beruf anstrebt. Denn es gibt wahrlich genug Sportarten, in denen nur die absolute Weltklasse große Einnahmen hat und es dann nach unten wegbricht.

Und, wie auch schon erwähnt wurde, wird der Klimawandel sein übriges dazu beitragen, dass es Schneesportarten immer schwerer haben werden.
 

gerrard08LFC

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Und, wie auch schon erwähnt wurde, wird der Klimawandel sein übriges dazu beitragen, dass es Schneesportarten immer schwerer haben werden.

eben, genau das ist doch das Problem warum es im Wintersport zunehmend schwieriger wird. Was helfen die tollen Anlagen in den ganzen Mittelgebirgen, wenn die mittlerweile nur noch sehr wenige Tage im Jahr wirklich mit Schnee genutzt werden können. So brechen einem halt selbst die Talente in den Einzugsgebieten der Anlagen weg
 

betzesachse

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Bei Schanzen würde es durch Matten noch gehen, alles im Laufbereich ist aber enorm aufwändig und irgendwann auch unter ökologischen Gesichtspunkten nur noch schwer vermittelbar.
 
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