Die gute alte Gerry-Ehrmann-Schule mit viel Bodybuilding ist ausgestorben?
Nein, das denke ich nicht. Noch haben wir die Torwarttrainerausbildung in Deutschland nicht da, wo wir sie haben wollen. Jeder lehrt das, was er kennen gelernt hat. Solange wir uns nicht austauschen und Leitlinien vorgeben, glaubt jeder, dass sein Weg der beste ist. Das kann zwar eine Qualität sein, denn wir wollen die Kreativität der Torwarttrainer nicht einschränken. Ziel ist es aber, in der Torhüter-Ausbildung ein Leitbild zu schaffen. Wir beim DFB haben uns schon mal auf die drei Begrifflichkeiten Raum- und Zielverteidigung sowie Offensivspiel geeinigt.
Ab welcher Altersklasse halten Sie spezifisches Torwarttraining für sinnvoll?
Genau das wollen wir herausfinden, daran forschen wir gerade beim DFB. Wir wollen so früh wie möglich mit dem torwartspezifischen Training beginnen. Aber was heißt so früh wie möglich? Im Moment sind wir der Meinung, in der D-Jugend damit zu starten. In dem Alter schafft man die Voraussetzungen für das spätere gruppentaktische Torwarttraining, welches man wie eine Spielform der Feldspieler verstehen muss, in dem es dann zum Beispiel um die Raumverteidigung geht. Vorher sollen lieber alle noch im Feld spielen und ihre Erfahrungen mit dem Ball am Fuß machen.
Stört Sie es ein wenig, dass die meisten Torwarttrainer noch belächelt und auf das reine Bälle zuwerfen und zukicken reduziert werden?
Man muss in der Tat davon wegkommen zu glauben, dass ein Torwarttrainer nur für das individuelle Torwarttraining verantwortlich ist. Wir bereiten jedes Training, jedes Spiel genauso gewissenhaft, akribisch und mit Videosequenzen vor und nach wie der Cheftrainer die Übungseinheiten der Feldspieler. Das Training eines Torhüters besteht schon lange nicht mehr nur aus Bällefangen. Wir üben intensiv am Offensivspiel, also alles was mit den Füßen passiert: das Passen, die langen Bälle in den Lauf der Mitspieler, die Passschärfe und die Folgehandlungen, die daraus entstehen.