:thumb: Ein sehr interessanter Beitrag von buta, der auch mal wirklich gute Gegenargumente liefert! Ich stimme dem teilweise zu, aber im großen und ganzen sehe ich die Sache etwas anders. Kohls Hauptproblem ist m.M., dass er das Publikum unterschätzt. Wenn Kohl Koch in seinem eigenen Restaurant wäre, sähe das so aus:
Man nehme
- einen talentierten Boxer (hat Kohl zweifellos viele im Vorratsschränkchen)
- einen Weltverband, der den Boxer trotz zweifelhafter Gegnerschaft schnell in den oberen Regionen listet (in Kohls Fall trägt er in der Regel die drei Buchstaben W, B, und O)
- eine große Schüppe Geduld
- einen G.P.-Ploog für das Ausformulieren einer reißerischen Speisekarte
Das ganze schön vorsichtig umrühren, dann auf möglichst geringer Flamme ein paar Jährchen köcheln lassen, und heraus kommen – voilà – die Dimitrenkos und Erdeis dieser Welt. Sehen gut aus, schmecken ordentlich und machen garantiert keine Blähungen. Leider haftet dem ganzen UBP-Menü stets der Nachgeschmack an, dass man in der Küche nicht besonders experimentierfreudig gewesen ist und man den unabhängigen Restauranttest scheut wie der Teufel das Weihwasser!
Okay, genug der Vergleiche - natürlich kann man Kohl nicht vorwerfen, dass er seine Boxer beschützt, wie buta völlig richtig sagt. Es ist Kohls Job, ihnen zu einer möglichst erfolgreichen und vor allem auch nachhaltigen Karriere zu verhelfen. Boxer gibt es viele, aber Hauptkämpfer, die ein großes Publikum ziehen, sind rar und bedürfen eines durchdachten Aufbaus. Kohl muss mit seinen Kämpfern eine „breite Masse“ erreichen. Mit der Minderheit der Hardcore-Boxsportfans alleine kann er seinen Stall nicht finanzieren. Aber – und hier liegt das Problem - auch das Breitenpublikum ist m.M. nach durchaus in der Lage, die Qualität von südamerikanischen Zuckerrüben und lettischen Taxifahrern einigermaßen richtig einzuordnen. Wenn Erdei und Konsorten nicht wenigstens ab und zu gegen gleichwertige Gegner antreten, opfert man den Boxsport dem aufgebauten Image/Record des Fighters, und das kann auf Dauer nicht gut gehen. Wie heißt es so schön: Es ist der Fighter, der den Gürtel macht, und nicht der Gürtel den Fighter!
Sturm vs. Abraham ist so ein Fall. Es gibt eine enorme – mal marktwirtwissenschaftlich ausgedrückt - Nachfrage nach diesem Kampf. Aber es ist offensichtlich, dass Kohl diese Nachfrage nicht befriedigen will. Warum eigentlich? Sturm ist gut genug, um nach einer Niederlage (die ja gar nicht mal zwangsläufig kommen muss!) seine Karriere erfolgreich fortzuführen. Und eine Niederlage muss auch kein Absturz in der Gunst des breiten Publikums bedeuten. Extremes Beispiel: Axel Schulz hat drei WM-Kämpfe verloren, einen zu Unrecht, bei den beiden anderen sah er mehr oder weniger keine Schnitte. Der Mann außer dem deutschen Meister nicht einen Titel geholt! Trotzdem fuhr er für Sauerland/RTL beständig Rekordquoten ein und schaffte es auch noch zehn Jahre später als völlig überforderter Comeback-Sandsack eine zweistellige Millionenzahl an Zuschauern vor die Fernseher zu ziehen. Die Niederlagen haben Axel sympathisch gemacht, menschlich. Und das honoriert das Publikum. Es will nicht nur Erfolge sehen, es will MENSCHEN sehen. Und aus welchem Holz ein Mensch geschnitzt ist, zeigt sich eben oft erst in den Momenten einer Niederlage!
Vollkommen Recht gebe ich buta mit dem Argument, dass man hier oft den Eindruck hat, der Kampf wird vor allem gefordert, um Sturm seine große Fresse zu stopfen. Bei aller Sympathie und Antipathie – man sollte schon versuchen, sich auf den Sport zu konzentrieren. Sturm hat m.M. nach durchaus eine 50:50 Chance, aber das gehört in den entsprechenden Thread, deshalb lasse ich hier mal diese Diskussion. Wenn Kohl das anders sieht, ist das natürlich sein gutes Recht. Das Problem ist nur: Durch seine jüngsten Statements bzgl. eines Fights Sturm vs. Abraham ist er meiner Meinung nach an einem Scheideweg angekommen. Kohl wird sicher noch eine Weile von dem Hype des möglichen Kampfs profitieren können, in dem er mit Sturm „Fernduelle“ veranstalten kann. Aber je länger sich Felix und Arthur aus dem Weg gehen, desto schwieriger wird seine Situation. Ich bin mir sicher, Sauerland wird bei jedem weiteren Fight von Arthur vor x-Millionen Boxfans beständig Öl ins Feuer gießen, und Kohl läuft Gefahr als totaler Spielverderber dazustehen. Und das wird nicht nur ihm schaden, sondern auch dem Boxsport insgesamt. Inzwischen laufen fast jede Woche mehrere Kämpfe. Da ist irgendwann einmal kaum noch zu vermitteln, warum man zwei Top-Titelträger nicht gegeneinander antreten lässt! Man kann auch dem 0815-Zuschauer (arroganter Begriff, ich weiß) nicht unbegrenzt vormachen, Weltklasseleute wie Sturm oder Erdei im Stall zu haben, ohne irgendwann den Beweis zu erbringen, dass sie auch gegen WeltklasseGEGNER bestehen können! Für Sturm heißt der Beweis Abraham oder Pavlik, für Dimitrenko Wladimir Klitschko und für Erdei Dawson oder Diaconu!
butas Kritik an Sauerland unterschreibe ich voll und ganz. Die machen einiges anders, aber auch nicht unbedingt besser.