Ich denke mir immer, dass wer schon die legalen Mittel immer bis an die gerade erlaubte Grenze ausnutzt, an sich auch keine Skrupel hat, noch andere Mittel zu nehmen. Jedenfalls solange es noch genug Ärzte gibt, die einem dabei ständig versichern, dass man mögliche gefährliche Nebenwirkungen im Griff habe, und bei vielen noch darüber hinaus, die tatsächlich bereit sind, ihre Gesundheit grundsätzlich zu opfern, wenn dafür ein Sieg herausspring ("
Goldman-Dilemma").
Und davon braucht sich die normale Bevölkerung auch kaum auszunehmen, in der es üblich geworden ist, Medikamente als Nahrungsergänzung zu sich zu nehmen oder schon kleine Gebrechen (wie zum Beispiel einen Kater, den man recht leicht vermeiden kann: Sauf einfach nicht so viel, oder wenigstens nicht vor Tagen, an denen du nicht ordentlich ausschlafen kannst) damit zu kurieren. Bei Sportlern wird es dann schon grotesk, dass sie einerseits einige Mittel gar nicht nehmen dürften (während Normalbürger sie rezeptfrei besorgen und fressen können), weil sie als leistungssteigernd auf den Dopinglisten stehen, andererseits aber Ausnahmeregelungen möglich sind, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Was dann zum Beispiel wieder ausgenutzt wird, denn der Anteil an Asthmatikern ist unter den Spitzensportlern überproportional hoch, obwohl das eigentlich völlig widersinnig ist: So galt jeder zwölfte Olympionike zwischen 2002 und 2010 offiziell als Asthmatiker - der Schnitt in Westeuropa liegt dagegen bei 6%...
Der Mensch ist so gepolt, dass er häufig betrügt, solange er nicht erwischt wird oder die negativen Folgen im Vergleich zum möglichen Nutzen als hinnehmbar erscheinen. Und da offensichtlich so extrem viele Konkurrenten auch leistungssteigernde Mittel nehmen, kommt man sich nicht mal als Betrüger im sportlichen Sinne vor, weil man sich einredet, dass man ja nur die gleichen Möglichkeiten nutzt wie alle anderen auch.
Für mich hat das dazu geführt, dass ich Sportarten, in denen es heutzutage fast nur noch um "höher, schneller, weiter" geht, kaum noch interessant finde, weil die dort erbrachten Leistungen zu absurd sind, als dass ich da an Sauberkeit glauben kann. Und solange man nicht weiß, welcher Sportler warum genau besser ist als der andere, beeindruckt mich auch ein Sieg über die Konkurrenten nicht, und auch Rekorde sind mir recht egal (leider das Problem heute: Ein Olympiasieger bei den Männern über 100 Meter, der in der Theorie mit 10,11 Sekunden Gold gewinnt, kackt im historischen Vergleich ab und ist relativ uninteressant. Und da dies eben so eine Rolle spielt, wird versucht, frühere Rekorde möglichst auf größter Bühne zu brechen).
In anderen Sportarten wird natürlich auch hemmungslos gedopt - wo es Vorteile bringt, wird es sicherlich gemacht -, aber der zwangsläufige Ausgang des Matches ist nicht ganz so sehr davon abhängig, und deswegen sind mir gerade Ball-Teamsportarten um einiges lieber. Klar bringt es viel, wenn man die kompletten 48 Minuten im Basketball oder 90 Minuten im Fußball durch ausdauer- und kraftsteigernde Mittel leistungsfähiger bleibt, aber wer da technisch und taktisch nicht viel drauf hat, erreicht zum Glück alleine mit dem Körper nicht viel.