....Dem Trainer seines Gegners verübelte Vitali Klitschko die Niederlage nicht. Kaum hatte Lewis seine Karriere beendet, nahm er Kontakt zu Steward auf. Er suchte einen Coach, der auch nach der Niederlage gegen Corrie Sanders noch an den kleinen Bruder glaubte.
Der 62-jährige Steward, geboren in West Virginia und aufgewachsen in Detroit, feierte als Amateur (94 Kämpfe, drei Niederlagen) als größten Erfolg 1963 den Titelgewinn des „National Golden Gloves Champion“ im Bantamgewicht. Profi wurde Steward nicht, er arbeitete als Elektriker. 1971 jedoch zog es ihn zurück zum Faustkampf, und er machte das „Kronk“-Gym in Detroit zu einer renommierten Boxer-Schmiede. Stars wie Thomas Hearns, Michael Moorer, Evander Holyfield oder Oscar de la Hoya gehörten zu seinen Schützlingen.
Nun Wladimir Klitschko
Und jetzt also Wladimir Klitschko. Steward zappelt in seinem Sessel herum, er lacht und rudert mit Armen und Beinen - der „Baby-Brother“, das Talent, der Star, der „kleine Junge“, der das Rampenlicht mag und schon als Kind mit Breakdance-Einlagen auf dem Schulhof im Mittelpunkt stand. „Egal, was die Leute sagen: Wladimir liebt es zu kämpfen. Wenn beim Einmarsch die Musik spielt und der Rauch und all dieses Zeug in der Luft hängt, er lebt für diesen Tag“, sagt Steward.
Dabei sah es zunächst so aus, als gerate er bei Wladimir Klitschko an die Grenzen seines Trainer-Lateins. Den ersten gemeinsamen Kampf verlor das Talent ganz jämmerlich: K. o. in Runde fünf gegen Lamon Brewster. Steward behauptet noch heute, jemand habe Klitschkos Trinkflasche manipuliert. Er blieb bei dem gefallenen Helden. Seither: sechs Siege, Titelgewinn, enorme Einschaltquoten. Steward hält es nicht länger im Sessel. Er springt auf, Boxstellung, drei schnelle Schritte, drei schnelle Jabs: „Pam, pam, pam“ - Wladimir Klitschko, der brillante Techniker, dargestellt von seinem größten Fan.
„Ich lehre die Basics“, sagt Steward, „alle wollen immer diese extravaganten Dinge, aber das ist nicht nötig.“ Als er das erste Training mit Wladimir machte, habe Vitali Klitschko sich kaputtgelacht. „Was ist, habe ich gefragt. Emanuel, meinte Vitali, du trainierst Wladimir als sei er ein Baby.“ Noch immer tänzelt Steward in seiner Hotelsuite herum. „Und jetzt sehen Sie sich an, wie Wladimir heute kämpft. Wunderschön, immer in der richtigen Position, immer in Balance. Es sind diese simplen Dinge, sie funktionieren, so einfach ist das.“
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