Gladiator
Banned
30.06.2004
Sportler. Volksheld. Box-Idol. Und gleich noch Kavalier dazu, fair und nobel alle Wege. Das und mehr war, das blieb auch noch in seinem hundertsten Lebensjahr der Hamburger Max Schmeling, der deutsche Sportheros schlechthin, ganz ohne Koks-Skandale und Wäscheschrank-Affären.
Schwer, bei ihm nicht in japsende Bewunderung zu verfallen und als Biograf pure Denkmalspflege zu treiben. Volker Kluge gelingt das in seinem Buch ("Max Schmeling", Aufbau-Verlag Leipzig, 560 S., 24,90 Euro) souverän. Er wahrt Distanz und bleibt ganz auf Fakten konzentriert: Aufstieg aus sozialer Enge, Boxen als Überlebenskampf, ein Underdog schlägt sich - im Wortsinn - durch. Dann die großen Kämpfe, Aufstieg zum ersten deutschen Weltmeister im Schwergewicht, die Duelle mit den Boxgrößen seiner Zeit, Schmeling-Siege mit Verstand und Anmut, der Gentleman im Ring, auch dort: In diesen Schilderungen dringt der Sportreporter Kluge durch, und das hat dann Farbe, Atem, liest sich fast, als sei man selbst dabei gewesen. Schwieriger wird es bei Schmelings Rolle als Vorzeige-Sportler im Dritten Reich. Er wurde umschmeichelt. Er ließ es sich gefallen. Wohl nicht ganz so ungern wie noch in seinen eigenen "Erinnerungen" von 1977 suggeriert. Im Kampf gegen den "braunen Bomber" Joe Louis wird er vollends zum Parade-Arier, seine Niederlage von 1938 zur Schmach der weißen Rasse (wie zwei Jahre zuvor sein Sieg zum Triumph des Herrenmenschen). Dass er sich dann später rührend um den einstigen, zum Sozialfall gewordenen, Gegner mühte, steht dazu nicht im Widerspruch.
Zwei Seelen, ach, sie wohnten auch in Schmelings breiter Brust. Gut im Prinzip, dass hierüber kein Weihrauchnebel gebreitet wird und wir am Ende nicht auch noch den Widerstandskämpfer Schmeling erleben, der er nun mal nicht war (und auch nicht im Nachhinein sein wollte).
Doch etwas weniger hämende Herablassung hätte es in diesen Passagen sein dürfen, weniger Hochmut einer Generation, die sich selbst nie den korrumpierenden Verlockungen eines totalitären Regimes ausgesetzt sah. Das mindert etwas Reiz und Wert dieser ansonsten fundierten, zügig zu lesenden Biografie.
Quelle: http://www.welt.de/data/2004/06/30/298387.html
"Max Schmeling" - das neue Buch von Volker Kluge ist da (Aufbau-Verlag Leipzig, 560 S., 24,90 Euro)
Bewunderung und Skepsis für die Box-Legende
Sportler. Volksheld. Box-Idol. Und gleich noch Kavalier dazu, fair und nobel alle Wege. Das und mehr war, das blieb auch noch in seinem hundertsten Lebensjahr der Hamburger Max Schmeling, der deutsche Sportheros schlechthin, ganz ohne Koks-Skandale und Wäscheschrank-Affären.
Schwer, bei ihm nicht in japsende Bewunderung zu verfallen und als Biograf pure Denkmalspflege zu treiben. Volker Kluge gelingt das in seinem Buch ("Max Schmeling", Aufbau-Verlag Leipzig, 560 S., 24,90 Euro) souverän. Er wahrt Distanz und bleibt ganz auf Fakten konzentriert: Aufstieg aus sozialer Enge, Boxen als Überlebenskampf, ein Underdog schlägt sich - im Wortsinn - durch. Dann die großen Kämpfe, Aufstieg zum ersten deutschen Weltmeister im Schwergewicht, die Duelle mit den Boxgrößen seiner Zeit, Schmeling-Siege mit Verstand und Anmut, der Gentleman im Ring, auch dort: In diesen Schilderungen dringt der Sportreporter Kluge durch, und das hat dann Farbe, Atem, liest sich fast, als sei man selbst dabei gewesen. Schwieriger wird es bei Schmelings Rolle als Vorzeige-Sportler im Dritten Reich. Er wurde umschmeichelt. Er ließ es sich gefallen. Wohl nicht ganz so ungern wie noch in seinen eigenen "Erinnerungen" von 1977 suggeriert. Im Kampf gegen den "braunen Bomber" Joe Louis wird er vollends zum Parade-Arier, seine Niederlage von 1938 zur Schmach der weißen Rasse (wie zwei Jahre zuvor sein Sieg zum Triumph des Herrenmenschen). Dass er sich dann später rührend um den einstigen, zum Sozialfall gewordenen, Gegner mühte, steht dazu nicht im Widerspruch.
Zwei Seelen, ach, sie wohnten auch in Schmelings breiter Brust. Gut im Prinzip, dass hierüber kein Weihrauchnebel gebreitet wird und wir am Ende nicht auch noch den Widerstandskämpfer Schmeling erleben, der er nun mal nicht war (und auch nicht im Nachhinein sein wollte).
Doch etwas weniger hämende Herablassung hätte es in diesen Passagen sein dürfen, weniger Hochmut einer Generation, die sich selbst nie den korrumpierenden Verlockungen eines totalitären Regimes ausgesetzt sah. Das mindert etwas Reiz und Wert dieser ansonsten fundierten, zügig zu lesenden Biografie.
Quelle: http://www.welt.de/data/2004/06/30/298387.html