Formel 1 Saison 2016 - Cockpits, Strecken, Regeln, Rennen


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sabatai

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Ich für meinen Teil mache Hamilton überhaupt keinen Vorwurf. Diese Taktik war ja im Grunde der letzte Strohhalm im WM-Kampf. Er war an der Spitze und der direkte Kontrahent von Rosberg um den WM-Titel - von daher geht es in Ordnung.

Dass Mercedes hier aber unfair Partei ergriffen haben soll, ist quatsch. Für Mercedes muss zum einen der Teamerfolg (= bestmögliche Platzierung beider Fahrer) im Vordergrund stehen und zum anderen das Markenimage. Selbstverständlich wollen die eine saubere Entscheidung, die das gewünschte Markenimage entsprechend reflektiert und keine "schmutzige" oder unfaire Nummer im Saisonfinale. Die Anweisungen von Mercedes an Hamilton er möge doch schneller machen waren demnach völlig legitim unter den oben genannten Gesichtspunkten. Letztlich hat sich Hamilton ohnehin nicht daran gehalten und Rosberg das Ding souverän über die Bühne gebracht. Von daher viel heiße Luft um nichts.

Ansonsten lohnt auch ein Blick auf die Statistik der letzten Jahre. Es ist nicht so, dass Hamilton ihn in Grund und Boden gefahren hat. Rosberg war in jedem Jahr "game" und hat in den letzten drei Jahren 20 Rennen gewonnen. Wenn Rosberg nur Durchschnitt ist, dann ist Hamilton von den ganz Großen aber weit entfernt. Die haben Durchschnittsfahrer in der Regel klar dominiert.
 

Roberts

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Das Duell der beiden Fahrer bei Mercedes hat über Jahre bei Beiden Spuren hinterlassen. Ehrgeiz ist bei beiden so unterschiedlichen Charakteren bis zum Übermaß vorhanden, das braucht man wohl auch. Man hat über die gemeinsamen Saisons hinweg schon zurecht den Eindruck, dass Hamilton der schnellere und der genialere Fahrer ist. Andererseits ist Rosberg sichtlich und vielleicht auch für Hamilton unerwartet in dieser Saison an seinen Aufgabe und an seinem Gegner im eigenen Team gewachsen. Daran scheint so mancher andere Teampartner eines Mehrfachweltmeisters im Siegerauto auch eher zu scheitern. Das kann man bei Rosberg durchaus anerkennen, ohne gleich auf die technischen Probleme bei Hamilton zu verweisen. Rosberg hatte in dieser Saison ebenso wie Hamilton Fehler gemacht, davon kann sich kaum ein Fahrer freisprechen. Trotzdem wird jemand nicht unwürdig dadurch, dass der Teamkollege in der Mehrzahl der Rennen knapp, in manchen Rennen deutlich schneller war, aber eben auch in einigen Rennen langsamer. Ich hätte Hamilton den WM-Titel eher gegönnt, weil er für mich über alles einfach der schnellere Fahrer ist, im Regen ist er m.E. sogar eine ganze Klasse besser. Das habe ich im Hinblick auf die Würdigkeit im Blick, muss mich da aber auch selber schon mal zur Ordnung rufen. Rosberg hat viele Rennen aus eigener Kraft gewonnen und das ist aller Ehren wert. Ihm ist ein entscheidendes Manöver im Stil eines WM gegen Verstappen im letzten Rennen gelungen.
Im Hinblick auf das Hamiltonsche Einbremsmanöver: Rosberg hat sich zu keiner Zeit (im Gegensatz zu der Behauptung eines eher ahnungslosen Nutzers hier) über Hamilton beschwert. Wasser hat da Anti-Hamilton-Stimmung gemacht, dafür wird er bezahlt, aber man muss ihm nicht auf den Leim gehen. Die Nummer ist aus Hamiltons Sicht ebenso nachzuvollziehen, wie aus Wolffs und Laudas Sicht, weil es unterschiedliche Betrachtungswinkel und Prioritäten gibt, eigentlich völlig logisch.
Hamilton und Rosberg sind nach Ende des Rennens, nachdem alle Anspannung von ihnen abgefallen ist, sehr fair miteinander umgegangen. Natürlich haben die ständigen Duelle inkl. aller Versuche der Übervorteilung des Gegners Wunden hinterlassen und die mal bestehende Freundschaft ist Geschichte - den Preis werden beide gerne für den Erfolg und den Ruhm bezahlen.
 
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karmakaze

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Trotzdem wird jemand nicht unwürdig dadurch, dass der Teamkollege in der Mehrzahl der Rennen knapp, in manchen Rennen deutlich schneller war, aber eben auch in einigen Rennen langsamer.
Stimme dir ja vollkommen zu. Aber nochmal, man sollte sich vor Augen führen, dass in der Formel 1, wie in jedem anderen Sport auch, Form, Taktik und Zufall (um nicht Glück zu sagen) durchaus eine große Rolle spielen, neben der einzigartigen, leider oft zu dominanten technischen Komponente. Es ist also nie und nimmer zu erwarten, dass selbst ein deutlich besserer Fahrer seinen Teamkollegen 21:0 in Qualifying und Rennen besiegt. Wie nah es da auf einem Top-Level zwischen HAM (meine No. 2 im Moment) und ROS (meine No. 4 im Moment) aussehen mag, zeigen die Statistiken. Was die "Feindschaft" der beiden angeht, wird sich das wie immer entspannen, sobald sie nicht mehr im selben Team fahren oder ihre Karrieren beenden.

Man sollte bei diesem Zweikampf auch bedenken, welch einzigartige Situation da bei Merc vorherrscht. Merc ist derart dominant, dass selbst um die Strecke schleichende Boliden von ihnen im Schnitt noch genauso schnell sind wie am Limit fahrende RB und Ferrari. Dass seit Suzuka die schärfsten Harvesting- und Torque-Modes nicht mehr freigeschaltet werden dürfen, verstärkt dieses Bild noch. Beide wissen um diese einmalige Gelegenheit auf Ruhm und Erfolg und sind deswegen auch viel härter zu einander als es in einer ausgeglicheneren Formel 1 der Fall wäre.
 
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Professor Moriarty

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Ansonsten lohnt auch ein Blick auf die Statistik der letzten Jahre. Es ist nicht so, dass Hamilton ihn in Grund und Boden gefahren hat. Rosberg war in jedem Jahr "game" und hat in den letzten drei Jahren 20 Rennen gewonnen. Wenn Rosberg nur Durchschnitt ist, dann ist Hamilton von den ganz Großen aber weit entfernt. Die haben Durchschnittsfahrer in der Regel klar dominiert.

Rosberg Durchschnitt? Mit Sicherheit nicht, er hat ja bislang doch jeden seiner Kollegen fast dominiert oder übersehe ich da eine Saison? Also bis auf Hamilton bei Mercedes, aber interessant wird es, wenn der Mercedes mal nicht mehr auf Schienen läuft, die Konkurrenz näher kommt und technische Ausfälle beiderseits ausgewogen sind. Ein handverlesener Teamkollege sieht anders aus, gerade deshalb kann er doch auch bei einem solchen Boliden gut mithalten, wenn die Umstände passen. Ich brauche aber auch keine Statistik, um zu sehen, wer in der Regel in Sachen "Car Control" und "Speed" der bessere Fahrer ist, das kommt noch mehr zur Geltung, wenn es mal vom Boliden her nicht zu 100% passt.
 

desl

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So nun hab ich das Rennen auch gesehen.

Ich versteh die gnaze Aufregung garnicht. Wer will denn Hamilton wirklich vorwerfen, dass er versucht seinen WM-Titel zu verteidigen? Wie kindisch...
Es ist doch nicht so, als hätte er versucht, Rosberg abzuschießen oder so.

Rosberg verdient oder unverdient? Eigentlich auch unerheblich. Selbst wenn Hamilton der "eigentlich schnellere" ist ... manchmal gewinnt halt der vermeintliche "Underdog". Man gönnt Siege ja auch anderen die abstauben (Verstappen in Spanien, Hill '98 in Belgien).
Vielleicht brauchte Rosberg auch etwas Glück ... na und? Selbst wenn, er hat immernoch eine solide Saison gefahren und es ist ja nicht so, als wenn er gegen Hamilton keine Sonne sehen würde. Das Team-Duell ist nicht so deutlich wie Mansell-Patrese, Häkkinen-Coulthhard, Schumacher-Barrichello usw...



Wo bleibt eigentlich jetzt mal das Lob für Inaki Rueda und sein Team? Meiner Meinung nach großer Taktikfehler von RB.

Naja ... dafür lag man bei Räikkönen mit der Taktik nicht allzu gut.

Verstappen mal außen vor gelassen (der sich sein Rennen selbst beeinträchtigte), bei Ricciardo war ich schon etwas verwundert.
Ok, es hieß zwar, dass der Rote kaum länger hält als der Ultra-Soft ... aber wenn RedBull diese Annahme wirklich hatte, warum erwägt man dann diesen zum Rennstart überhaupt erst.

Es brachte Ricciardo ziemlich wenig, dass er da wenige Runden nach den Mercedes reinkam.

Eventuell hat Red Bull da auch einfach zu sehr auf die Mercedes geschielt. Hamilton hatte es ja auch zur Mitte des Rennens nicht allzu eilig. Da konnte Vettel mit alten Reifen an der Spitze den Abstand halten zu Hamilton auf dem zweiten Platz, der schon beim zweiten Boxenstop war.

Die Chance wurde Ferrari und Vettel ja geradezu auf dem Silbertablett präsentiert.
RedBull Taktik mit den härteren Reifen zu starten, ohne später im Rennen weichere Reifen als die Konkurrenz nutzen zu können ... ziemlich sinnlos. Die 2-3 Runden kürzeren Stints bringen da nicht viel.


Allerdings kann man auch nicht sagen "Ricciardo hätte mit den roten viel länger fahren können ... sah man ja an Verstappen der an Hamilton dran blieb und der von Rosberg lange nicht überholt wurde".
Verstappen war da schon am Anschlag und Hamilton bummelte mehr oder weniger und Rosberg ging möglichst wenig Risiko ein.
Unter "normalen" Umständen wäre der Abstand zwischen der Spitze und Verstappen deutlich größer gewesen.
 

Dirrell

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Verstappen war da schon am Anschlag und Hamilton bummelte mehr oder weniger und Rosberg ging möglichst wenig Risiko ein.
Unter "normalen" Umständen wäre der Abstand zwischen der Spitze und Verstappen deutlich größer gewesen.

Wobei ich es schon merkwürdig fand, dass Raikkönen, Ricciardo und Vettel nicht mit Verstappen mithalten konnten/wollten, als sie mit neuen Reifen direkt hinter ihm waren. Eigentlich hätten die drei an der Stelle wirklich Druck aufbauen und so schnell wie möglich an Verstappen vorbei fahren müssen. So haben sie Verstappen halt wieder zurück ins Rennen gebracht. Wirklich besser war seine Strategie nämlich nicht.
 

desl

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Mh ... welche Situation war das genau?
Direkt hinter Verstappen waren RAI, RIC und VET ja nur nachdem Rosberg eben diesen überholt hatte.

Räikkönen schickte sich an Verstappen zu kassieren, nachdem Rosberg vorbei war ... aber Verstappen ging dann in die Box.
Irgendwie hatte man bei Ferrari und vielleicht gar beim anderen RedBull-Renningenieur garnicht so recht auf dem Schirm, dass man auch gegen Verstappen fahren würde.

Unter "normalen" Umständen hätte Hamilton vorne im zweiten Stint schnell einen massiven Vorsprung auf Verstappen rausgefahren ... Rosberg hätte dann früher attackiert (das hat er erst gemacht, als Verstappen selbst den bummelnden Hamilton nicht mehr folgen konnte), Ricciardo und Räikkönen hätten dann eher versucht zu folgen, Vettel wäre womöglich eine andere Taktik gefahren.

Es schien mir, als wären Ricciardo und Räikkönen eher darauf bedacht gewesen gegeneinander zu fahren bzw. mit einem früheren Boxenstop eventuell Chancen gegen die Mercedes zu haben. In der Tat fuhren die beiden ja einen vergleichsweise kurzen zweiten Stint.
Dadurch, dass man an der Spitze aber 40 oder mehr Sekunden langsamer fuhr als möglich (ca 20 Sekunden Verlust durch Verstappen-Dreher, ca 20 Sekunden durch einen Boxenstop mehr), war es letztlich unerheblich, dass Verstappen anfangs einmal Super Soft fuhr und sich drehte, während die anderen Ultra Soft, Boxenstop und Soft hinter sich brachten.
Und so konnte Verstappen quasi einen Undercut gegen Ricciardo und Räikkönen durchführen.

Die Frage die sich stellt ist viel mehr, ob Räikkönen und Ricciardo mehr gegen Rosberg hätten attackieren können, nachdem alle auf dem zweiten Satz Reifen waren ... oder ob man eher die "Abwarten"-Karte spielte ... Position halten, Abstand auch einigermaßen ... Undercut wagen. Verstappen hat man da quasi vergessen.

Die Taktik bei Vettel ist sicherlich erst im Rennen gebohren. Der ist im Respekts-Abstand zu Ricciardo gefahren, hat seine Reifen geschont und hatte nur dadurch die Möglichkeit des späten Angriffes.

Hätte Hamilton das Tempo nicht verschleppt um Rosberg in Bedrängnis zu bringen, dann wäre entweder der Abstand von RIC und RAI auf Vettel angewachsen, oder Vettel hätte seine Reifen härter rannehmen müssen und hätte keinen so langen zweiten Stint fahren können.
Hätte Hamilton nicht im dritten Stint weiter verzögert, dann wäre Vettels Vorsprung vor seinem zweiten Boxenstop stärker geschmolzen ... und dementsprechend wäre sein Rückstand auf RIC, RAI, VES nach dem zweiten Boxenstop größer gewesen.
Hätte Hamilton nicht am Ende das Feld aufgehalten, wäre Vettel wohl nicht so leicht in Schlagdistanz gekommen.

Ohne Hamiltons Versuch, Rosberg den Gegnern nahe zu bringen, wäre das Rennen womöglich so ausgegangen:
1. Hamilton, 2. Rosberg, 3. Ricciardo, 4. Räikkönen, 5. Vettel, 6. Verstappen
 

Dirrell

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Du hast recht. Rosberg war da zunächst noch dazwischen. Genau die Situation meinte ich:

Die Frage die sich stellt ist viel mehr, ob Räikkönen und Ricciardo mehr gegen Rosberg hätten attackieren können, nachdem alle auf dem zweiten Satz Reifen waren ... oder ob man eher die "Abwarten"-Karte spielte ... Position halten, Abstand auch einigermaßen ... Undercut wagen. Verstappen hat man da quasi vergessen.

Rosberg blieb dabei immerhin in Schlagdistanz zu Verstappen. Räikkönen dagegen hat seinen Abstand zu Rosberg immer größer werden lassen. Dabei hätte er doch locker mithalten können... Immerhin hing Rosberg hinter Verstappen fest, der auf uralten Reifen war. Für mich absolut unverständlich, dass man in so einer Situation lieber über die Strecke rollt, anstatt den Vordermann zu attackieren. Dabei haben die dann alle so viel Zeit verloren, dass auch am Ende Verstappen wieder zurück an der Spitze war. Vielleicht hatte man auch zu viel Angst davor, in den WM-Kampf einzugreifen.
 

karmakaze

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Ich versteh die gnaze Aufregung garnicht. Wer will denn Hamilton wirklich vorwerfen, dass er versucht seinen WM-Titel zu verteidigen? Wie kindisch...
Es ist doch nicht so, als hätte er versucht, Rosberg abzuschießen oder so.
100% agree.
Naja ... dafür lag man bei Räikkönen mit der Taktik nicht allzu gut.
Ich glaube, das war eher eine Taktik-Diversifikation, den einen änderst du, den anderen nicht. Bei Ferrari passierte das ja in der Vergangenheit häufig, auch in der Konstellation VET = aggressiv, RAI = konservativ. Hängt wohl auch damit zusammen, dass VET i.d.R. mehr Reifen braucht als RAI.
Verstappen mal außen vor gelassen (der sich sein Rennen selbst beeinträchtigte), bei Ricciardo war ich schon etwas verwundert.
Ok, es hieß zwar, dass der Rote kaum länger hält als der Ultra-Soft ... aber wenn RedBull diese Annahme wirklich hatte, warum erwägt man dann diesen zum Rennstart überhaupt erst.
Ich denke, es hat viel damit zu tun, dass der Soft (yellow) einfach zu langsam und zu kalt für das Q ist und dass der Ultra (purple) für einen traktionsstarken, sehr auf DF getrimmten RB einfach zu extrem ist. Daher wäre es fragwürdig, mit dem reifenmordenden Boliden auf die softest option zu gehen und dann schon in Runde 7 oder so an die Box kommen zu müssen (Zurückfallen hinter deutlich langsamere McL und FI inklusive). Wir haben diese "Ich nehme eine Stufe härter"-Strategie glaube ich auch schon wo anders von RB gesehen, aber ich weiß gerade nicht mehr wo (Japan?).
Es brachte Ricciardo ziemlich wenig, dass er da wenige Runden nach den Mercedes reinkam.

Eventuell hat Red Bull da auch einfach zu sehr auf die Mercedes geschielt. Hamilton hatte es ja auch zur Mitte des Rennens nicht allzu eilig. Da konnte Vettel mit alten Reifen an der Spitze den Abstand halten zu Hamilton auf dem zweiten Platz, der schon beim zweiten Boxenstop war.

Die Chance wurde Ferrari und Vettel ja geradezu auf dem Silbertablett präsentiert.
RedBull Taktik mit den härteren Reifen zu starten, ohne später im Rennen weichere Reifen als die Konkurrenz nutzen zu können ... ziemlich sinnlos. Die 2-3 Runden kürzeren Stints bringen da nicht viel.
Zustimmung. Ich würde aber noch weiter gehen. Meiner Meinung nach war das eine einmalige taktische Situation, die RB hätte mehr nutzen müssen. Was wäre passiert, wenn die RB wie VET an die Box gekommen wären, um Super (rot) aufzuziehen? Entweder hätten die Mercs pariert und man hätte ebenfalls gewechselt oder aber die Mercs wären draußen geblieben. Ich denke, letzteres wäre sehr viel wahrscheinlicher gewesen, da a) die Mercs ja durch die Schleichfahrt von HAM weniger Degradation hatte, b) ein weiterer Wechsel Unsicherheit bei ROS ausgelöst hätte (man hatte ja schon beim ersten Stop Probleme) und c) das eine schöne Lösung für die Teamspitze gewesen wäre, um HAM zum Schnellfahren zu bewegen. Wenn von hinten gleich drei Verfolger auf frischen Reifen kommen und HAM gewinnen muss, hätte er deutlich mehr pushen müssen. Andererseits hätte das wohl auch ROS dazu verleiten können, auf Teufel komm raus einen Versuch zu starten, an HAM vorbeizugehen. Unabhängig von dieser Situation war klar, dass die Schleichfahrt dazu führt, dass man sich den Extra-Boxenstopp leisten kann. VET war deutlich hinter VES bevor ersterer sich seine roten Reifen holte. VES hätte also genug Zeit gehabt, diese Taktik zu covern und selbst als 1. Verfolger wieder auf die Strecke zu gehen. HAM hätte zudem schon dafür gesorgt, dass beide (und RIC) soweit heranfahren, dass sie ROS gefährden können. Ergo tauschte RB durch ihre konservative Taktik den 3. gegen den 4. (oder war VET sogar nur 5.? - weiß ich nicht mehr genau).
Allerdings kann man auch nicht sagen "Ricciardo hätte mit den roten viel länger fahren können ... sah man ja an Verstappen der an Hamilton dran blieb und der von Rosberg lange nicht überholt wurde".
Verstappen war da schon am Anschlag und Hamilton bummelte mehr oder weniger und Rosberg ging möglichst wenig Risiko ein.
Unter "normalen" Umständen wäre der Abstand zwischen der Spitze und Verstappen deutlich größer gewesen.
Unstrittig. Es muss schon der richtige Moment abgepasst werden, damit die Super noch bis zum Ende leben (ein Problem, das man ja schon in Singapur hatte). Dennoch hätte die aggressivere Taktik sicher mehr Optionen und bessere Plätze ermöglicht. Erkannt hat das offenbar nur Ferrari.
 

desl

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Ich glaube, das war eher eine Taktik-Diversifikation, den einen änderst du, den anderen nicht. Bei Ferrari passierte das ja in der Vergangenheit häufig, auch in der Konstellation VET = aggressiv, RAI = konservativ. Hängt wohl auch damit zusammen, dass VET i.d.R. mehr Reifen braucht als RAI.

Nun, man muss Vettel in dieser Saison auch zugute halten, dass er oftmals die Renntaktik von Ferrari hinterfragt und/oder auch Input gibt. Gab so manch Situation in dieser Saison, bei welcher Ferrari den Vettel in die Box holen wollte, aber dieser dem wiedersprach und letztlich richtig lag.
Gewiss, Vettel hat nicht die Übersicht, wie sich der gut 20 Sekunden hinter ihm liegende Verkehr verhält ... aber er kann seine Reifen einschätzen, managen und sich nen Plan für Rennen im Kopf zurecht legen. Das scheint mir weniger Räikkönens Ding zu sein.

Bei RedBull und Mercedes beispielsweise sieht man in der Tat diese Saison selten verschiedene Taktiken. Bei Mercedes wird zumeist auch eisern der Plan verfolgt, dass der vorne gelegene Pilot zuerst in die Box darf ... es sei denn, der hinten gelegene Pilot muss einen Boxenstop der Konkurrez covern oder für den hinten gelegenen Piloten ist ein härterer Reifen für den nächsten Stint geplant (Grand Prix von Österreich).


Was wäre passiert, wenn die RB wie VET an die Box gekommen wären, um Super (rot) aufzuziehen? Entweder hätten die Mercs pariert und man hätte ebenfalls gewechselt oder aber die Mercs wären draußen geblieben. Ich denke, letzteres wäre sehr viel wahrscheinlicher gewesen, da a) die Mercs ja durch die Schleichfahrt von HAM weniger Degradation hatte, b) ein weiterer Wechsel Unsicherheit bei ROS ausgelöst hätte (man hatte ja schon beim ersten Stop Probleme) und c) das eine schöne Lösung für die Teamspitze gewesen wäre, um HAM zum Schnellfahren zu bewegen. Wenn von hinten gleich drei Verfolger auf frischen Reifen kommen und HAM gewinnen muss, hätte er deutlich mehr pushen müssen. [...] Unabhängig von dieser Situation war klar, dass die Schleichfahrt dazu führt, dass man sich den Extra-Boxenstopp leisten kann. VET war deutlich hinter VES bevor ersterer sich seine roten Reifen holte. VES hätte also genug Zeit gehabt, diese Taktik zu covern und selbst als 1. Verfolger wieder auf die Strecke zu gehen. HAM hätte zudem schon dafür gesorgt, dass beide (und RIC) soweit heranfahren, dass sie ROS gefährden können. Ergo tauschte RB durch ihre konservative Taktik den 3. gegen den 4. (oder war VET sogar nur 5.? - weiß ich nicht mehr genau).

Nun die Taktik der Mercedes-Piloten war diese Saison ja häufig, dass man vorne einen Vorsprung von 4-5 Sekunden raus fährt, so dass man gucken kann, wie die Konkurrenz ihre Reifen wechselt. Auf der In-Lap pusht man nochmal und kommt eine Runde nach der Konkurrenz rein ... die 4-5 Sekunden Vorsprung reichen dann aus, um die Position zu verteidigen.

Diesmal war man bei Mercedes eher vorsichtig und legte den ersten Stop recht früh ein ... aus Sorge um einen Undercut, auch weil die Gegner näher dran waren.

Hätten man bei RedBull die roten für den letzten Stint genommen, dann wäre Mercedes womöglich nachgezogen ... wahrscheinlich aber nicht. Allerdings wäre dies - regeltechnisch - nur bei Ricciardo gegangen, Verstappen musste ja noch eine andere Mischung fahren.
Der Zeitpunkt von Ricciardos zweitem Boxenstop war mit Sicherheit zu früh, um auf Rot fahren zu können ... die wären am Ende eingebrochen. Es ist eine Sache wie Verstappen mit halbtoten Super-Soft-Reifen hinter einem Bummel-Hamilton zu fahren ... aber eine andere mit Rot einen Undercut zu fahren und damit die Führung zu verteidigen. Das wäre nicht gut gegangen. Mercedes hätte das kaum pariert mit einem Wechsel ebenfalls auf Super Soft ... da hätte man zuviel Sorge gehabt, noch von einem Piloten auf den gelben Soft-Schlappen kassiert zu werden (Verstappen, Räikkönen).

Wäre Ricciardo nicht in die Box gekommen (so wie Vettel), dann wäre Mercedes vermutlich trotzdem bei der geplanten Strategie geblieben.
Wie gesagt ... die Vettel-Strategie mit Super Soft am Ende konnte gegen die eigentlich schnellere Strategie (US-S-S) nur wegen dem Bummel-Tempo funktionieren.

Horner meinte später, dass es naiv gewesen wäre, wenn man nicht mit Hamiltons Bummel-Taktik gerechnet hätte. Bei RedBull war man fest davon ausgegangen, dass Hamilton diese Schiene fährt. Allerdings unterstrich Horner auch, dass die Vettel-Taktik nur mit einem frischen Satz Super Soft funktionieren konnte.
Dieser lag bei Ferrari parat (siehe dein Beitrag vom Sonntag um 13:46). RedBull hatte bei beiden Piloten nur einen Satz gebrauchte Super-Soft ... die aus dem Q2 ... welche beim Start angeschraubt werden mussten.

Der Knackpunkt an der ganzen Sache ist tatsächlich wieder Verstappen.
Wäre Räikkönen die gleiche Strategie gefahren wie Vettel und hätte man bei RedBull auch einen späten zweiten Boxenstop eingelegt (z.B. mit eine Super-Zock-Aktion wie Ultra Soft am Ende), dann hätte man bei Mercedes den eigenen zweiten Boxenstop vielleicht auch hinaus gezögert. Schließlich hatten Rosberg und Hamilton auch noch einen Satz frische Super-Soft für das Rennen zur Verfügung.
(Ganz großes) Aber: Man musste Verstappen covern. Normalerweise hätte man auf diesen (das halbe Rennen auf einem Satz Super Soft gefahren) einen großen Vorsprung rausgefahren ... nicht nur wegen des Drehers ... hat man jedoch nicht.

Wären die Mercedes draußen geblieben (wie Vettel), dann hätte Verstappen mit frischen Soft einen Vorsprung auf die alten Soft bereiften Merc rausfahren können ... den diese vielleicht nicht mehr eingeholt hätten (selbst wenn sie pushen).
Vettel hätte vermutlich Verstappen auch nicht mehr eingeholt, wenn dessen Tempo am Ende nicht auch durch das der Piloten vor ihm beeinflusst worden wäre.


Zusammenfassend:
1. Verstappens Dreher brachte diesem den Gedanken eine 1-Stop-Strategie zu versuchen.
2. Hamiltons Bummel-Fahrt machte die Erfolgschancen der 1-Stop-Strategie realistischer ... sie hätte sonst kaum gefruchtet.
3. Ricciardo konnte am Ende keine Super Soft Reifen mehr fahren ... den einen Satz den er fuhr, hatte er am Anfang drauf.
4. Die Vettel-Taktik funktionierte nur, weil Vettel frei Fahrt hatte, während die anderen langsamer fuhren, als das was die Reifen hergaben
5. Die Taktik mit weicheren Reifen war für Mercedes keine realistische Option. Auf dem Papier war sie langsamer als das Rennen auf Soft zuende zu fahren (bei normalem Tempo). Somit mussten die Mercedes - um den Rennsieg nicht zu gefährden - Verstappen covern.


Dennoch zu bedenken:
1. Soooo langsam waren die Mercedes auch nicht. Gewiss, Hamilton hielt Rosberg dort auf, wo man nicht überholen konnte. Andererseits klaffte vor den Force India eine große Lücke. Man muss ggf. festhalten, dass laut Force India die Beschädigungen an Hülkenbergs Wagen diesen etwa 2 Zehntel pro Runde kosteten. Bei Force India hat man wenig Verständnis, dass die Kollision durch Verstappen nicht mal untersucht wurde.
2. RedBull hätte noch die Chance auf eine noch größere Zockerei haben können. Ricciardo hätte - statt den (geglückten) Undercut gegen Räikkönen zu wagen - ebenfalls lange draußen bleiben können, um am Ende auf Ultra Soft zu gehen. Freilich hätten Hamilton, Rosberg, Vettel und Räikkönen abwarten und reagieren können, ob ein anderer Pilot sowas in Erwägung zieht ... aber wie gesagt ... bei diesem "speziellen" Rennen war Verstappen zu covern.


Andererseits hätte das wohl auch ROS dazu verleiten können, auf Teufel komm raus einen Versuch zu starten, an HAM vorbeizugehen.

Nein, da er immer den Titel sicher hatte, solange er nicht zulässt, dass zwei Fahrer zwischen ihm und Hamilton liegen.

Insofern war es auch garnich nötig, dass Rosberg den Verstappen überholte, wie es letztlich von ihm verlangt wurde und was er dann ja auch machte.
Rosberg hätte es egal sein können, wenn Hamilton einen großen Vorsprung auf ihn hat (hätte die ganze Sache eher einfacher für ihn gemacht) ... hauptsache er liegt noch vor den anderen Piloten und das war ja mit RIC, RAI und VET der Fall.

Die Mercedes-Sorge war vielleicht nur, dass Rosberg zu viel Zeit hinter Verstappen verliert und nach dem zweiten Boxenstop hinter diesem rauskommt.
Wäre der Abstand zu den Force India größer gewesen (Verstappen kam hinter diesen raus), dann wäre das vielleicht sogar der Fall gewesen.

Letztlich hatte man bei Mercedes die Sache im Griff und konnte jederzeit auf die RedBull und die Ferrari reagieren ... je nach dem, wie sich die Abstände nach den Boxenstops veränderten.

Was Rosberg wirklich Probleme hätte bereiten können wäre gewesen, wenn Hamilton vor dem zweiten Boxenstop massiv gebummelt hätte. Dann wäre Rosberg velleicht zwischen oder hinter VES, RIC und RAI auf die Strecke gekommen ... Hamilton aber vielleicht auch.
Dann hätte man schauen müssen, wer von den beiden sich wie sehr durch das Feld vor arbeitet.

Allerdings hatte Mercedes (laut AMuS) Hamilton mit einem Rosberg-Undercut gedroht, falls dieser den Rennsieg für das Team gefährden würde ... auch die Rosberg-Reifen lagen für einen möglichen Boxenstop bereit.
Hätte Hamilton da zu stark gebummelt oder wäre nicht wie befohlen an die Box gekommen, dann hätte man Rosberg reingeholt, um VES, RAI, RIC zu covern.

VET war deutlich hinter VES bevor ersterer sich seine roten Reifen holte. VES hätte also genug Zeit gehabt, diese Taktik zu covern und selbst als 1. Verfolger wieder auf die Strecke zu gehen. HAM hätte zudem schon dafür gesorgt, dass beide (und RIC) soweit heranfahren, dass sie ROS gefährden können. Ergo tauschte RB durch ihre konservative Taktik den 3. gegen den 4. (oder war VET sogar nur 5.? - weiß ich nicht mehr genau).

VES konnte die Vettel-Taktik nicht fahren. Er hätte die Ricciardo-Taktik fahren können und am Ende auf Ultra-Soft wechseln können ... aber dazu hätte er sich früher entscheiden müssen. Womöglich wäre er mit der Ricciardo-Taktik aufgrund des Drehers auch weiter hinten gelandet, zumal er das Mittelfeld zwei Mal hätte überholen müssen.

Vettel lag auf Platz 6, bevor die 5 Piloten vor ihm sich ihre Soft-Reifen für den jeweiligen letzten Stint holten.
 
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karmakaze

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Wir könnten noch über Details diskutieren und vielleicht finde ich in den nächsten Tagen Zeit dafür, aber im Grunde: Deine Argumente sind absolut überzeugend und perfekt auf den Punkt gebracht. You were right, I was wrong.
 

NcsHawk

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Wenn man sein Statement liest hat man einfach das Gefühl der Kerl hat alles in diese Saison reingelegt.
Größtes Ziel erreicht und beschlossen, dass die Entbehrungen (egal wie viel Kohle man verdient) zu groß sind um sich weiter über die Rennstrecken dieser Welt zu jagen.
Jetzt also das Leben genießen und vor allem bei seinem Kind sein.
Kann ich als Vater verstehen. Wird genug Kohle verdient haben...
 

Roberts

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Sehr kluge, sehr weise Entscheidung!
 
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agostino

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Kann ich noch nicht ganz nachvollziehen, muß mich erst mal genau belesen, aber das ist zumindest mal ein Paukenschlag zum Freitag....

edit....grad sein Statement gelesen...eindeutig nachvollziehbar. Erinnert mich an Magda Neuner. Er geht als Weltmeister, das ist glaub ich nicht vielen geglückt und ich habe vor der Entscheidung Riesen-Respekt.
Er ist sehr rational, auch wenn das jetzt emotional rüberkommt...er hat glaub ich sehr viel Weitsicht, in den jungen Jahren nicht selbstverständlich.
 
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Dirrell

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Ui, das kommt überraschend. Bin sehr gespannt, wer jetzt den Mercedes Sitz bekommt. Ich tippe mal auf Wehrlein.
 
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sabatai

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L-james

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Respekt Rosberg, das rundet für mich das Bild von ihm komplett ab. Nicht das ich grundsätzlich immer so eine Entscheidung begrüßen würde, oftmals möchte ich natürlich das der Champion auch weiter versucht das zu bestätigen und in weitere Duelle reingeht(egal welche Sportart) aber bei Rosberg kann ich das absolut nachvollziehen, der Weg den er gegangen ist, endete mit dem absoluten Gipfel in dieser Saison und dafür hat er wirklich alles erdenklich mögliche reingelegt und auf alles andere verzichtet, für ihn gibts auf der Strecke nix mehr zum holen, andere Dinge in seinem Leben sind jetzt im Vordergrund.

Nico wird sich mit dieser Entscheidung auch hochkatapultieren, nicht sofort, da wird es einige geben, die das nicht nachvollziehen wollen/können, aber wenn mal etwas Zeit vergangen ist, wird man ihn in noch größerer Erinnerung haben als wie wenn er jetzt weitergefahren wäre, ohne vll. dabei einen weiteren WM Titel einzufahren.

Würde mich aber freuen ihn öfters mal vor der Kamera zu sehen, ist ein sympatischer Kerle.
 

PistolPete7

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Ich finde es auch sehr überraschend, aber wenn man drüber nachdenkt: Rosberg rieb sich über die letzten Jahre stark an Hamilton auf, ich denke er hat keine Lust mehr auf diese Mätzchen mit ihm, die zweifellos auch gekommen wären. Dazu die längste F1-Saison der Geschichte, jetzt ist er Familienvater und den Rennsport kennt er ja nicht erst 2006.
Wünsche ihm alles gute, ich habe ihm den Titel gegönnt.
 
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