Ich frage mich immer, was uns Fans das Recht gibt, darüber zu entscheiden, wann der geeignete Zeitpunkt für ein Karriereende ist. Vergangene Woche bei JT Bø und heute im umgekehrten Fall bei Stephan Leyhe.
Mein erster Gedanke bei diesem Satz
Für Leyhe tut es mir leid, dass er den Absprung verpasst hat. Er hätte nach seinem ersten und einzigem Weltcup-Sieg aui seiner Heim-Chance Schluss machen sollen.
war: WTF? Leute, niemand hört nach seinem größten Erfolg, nach seiner besten Saison auf. Warum sollte er auch? Es ist doch das, wovon du als Sportler träumst, worum du kämpfst, wofür du arbeitest… Dieser Logik nach müsste jeder Athlet dann seine Karriere beenden, weil „viel besser wird es ja nicht mehr“. Das ist doch völliger Humbug.
Es gibt so viele Athleten, die in einem Feld „nur“ mitspringen, was wäre mit all den Zografskis, den Ipcioglus, den Insams… Athleten, die wahrscheinlich nie die Erfolge eines Stephan Leyhe feiern werden - und nein, das bedeutet nicht, dass ich es ihnen nicht gönnen würde. Im Gegenteil. Und ich mag sie genauso wie ich Stephan Leyhe mag, weil sie den Sport bereichern.
Und ja, wir hätten nie die Gelegenheit gehabt, uns über die Erfolge von Pius Paschke, Gregor Deschwanden oder auch von Manuel Fettner zu freuen, wenn man denn eine für mich fragwürdige Alterskarte ausspielen möchte. Die Leistungen eines Noriaki Kasai nötigen mir Respekt ab, Woche für Woche freuen wir uns über ihn. Was unterscheidet ihn von einem Stephan Leyhe?
Und ja, auch ein Simi Ammann hätte in Vancouver 2010 wohl besser seine Karriere beenden sollen, weil… ach lassen wir das.
So lange ein Athlet noch dieses Feuer in sich spürt, so lange er für sich noch Ziele hat, genau so lange hat er das Anrecht, seine Karriere und sein Leben zu gestalten. Womöglich macht es Stephan Leyhe nicht wirklich Spaß, so Ski zu springen, solche Ergebnisse einzufahren. Nein, er wird nicht zufrieden sein, Woche für Woche diese Platzierungen erklären zu müssen. Gerade bei der VST hat er mir unheimlich leid getan, weil er immer so ratlos schien. Aber auch diese Momente gehören (leider) zu einem Sportlerleben dazu.
Mag sein, dass auch Stephan sich fragt, warum er sich das alles noch antut. Vielleicht fragt er sich auch, was wäre wenn. Auch ich würde mit dem Wissen von heute ehemals getroffene Entscheidungen anders fällen. Dieses Wissen hatte ich nur damals noch nicht. Und genauso stelle ich mir persönlich solche Fragen, was wäre wenn… mei, das ist das Leben. Was ich aber dann nicht brauche, sind irgendwelche mal so eben in den Raum geworfene Aussagen „hättest du mal“ weil sie eben nicht eine Lebenssituation von vor 5 Jahren beschreiben oder sich die Fragen nämlich da gar nicht gestellt haben.
Ich bin gerade froh, dass ein Stephan Leyhe, ein Markus Eisenbichler, ein Pius Paschke… sich all das noch geben und nicht einfach aufgeben. Denn ansonsten sähe es nämlich zappenduster aus im Team D. Es ist nicht das Problem des aktuellen A-Kaders oder der NG- Springer, die Ursache dieser Eindrücke, die in so merkwürdigen Aussagen münden, liegt woanders. Adler hat es angesprochen und auch ich klinge wie eine hängende Schallplatte. Daher werde ich das Thema Nachwuchs und Zukunftsperspektive nicht weiter köcheln lassen…
Ach ja, für die, die es interessiert, meine Hefeteig-Schnecken sind hervorragend geworden

Und genau das beschreibt meine aktuelle Situation als Fan der deutschen Adler ganz gut. Wenn ich nicht mehr enttäuscht bin, wenn ich mich nicht mehr ärgere, dann müsste ich mein Fan-Sein hinterfragen. Dann würde mir nämlich das Feuer fehlen. Und ja natürlich gehören für mich auch Emotionen dazu. Jeder, der was anderes behauptet, macht sich selbst was vor.
Womöglich werde ich in den kommenden Wochen, Monaten oder Jahren noch mehr Backaktionen starten müssen (Adler lässt das Herz der Verkäufer von Fernbedienungen frohlocken

), um mich auszutoben. Mein Umfeld wird es freuen
