Viertes Halbfinale in Folge also dann in Kürze. Fand die Aussagen von Schröder vorgestern nach dem Spiel auch sehr passend, als er meinte, dass man fast die gleiche Ausgangslage letztes Jahr bei Olympia hatte, als man Frankreich in der Gruppe klar geschlagen hat (+14, aber nach Q3 waren das +23), nur um dann das Halbfinale gegen den gleichen Gegner zu versemmeln, obwohl man favorisiert war. Die Jungs werden wissen, dass das wieder passieren kann und daher doch hoffentlich nochmal einen Funken mehr Konzentration rausholen.
Ich hab mir mal noch paar Stats angeschaut, in meinem Kopf bleibt die Favoritenrolle irgendwie glasklar, weil gerade die im Basketball so entscheidenden Matchups irgendwie ganz klar ausschauen.
Dreierquote der Finnen:
Klammert man das Spiel gegen die Deutschen aus, schießen die Finnen bisher 40,7% von der Dreierlinie. Dabei ist gar nicht mal so sehr Markkanen dafür verantwortlich, sondern Spieler wie Jantunen (47%) oder Salin (49%). Viel entsteht eben auch daraus, dass man quasi Five-Out spielen kann, die gegnerischen Bigs aus der Zone holt und aus diesen Situationen auch freie Würfe für die anderen Spieler entstehen, wenn ausgeholfen wird oder es Probleme mit den Switches gibt.
Ausgenommen des GER-Spiels, trifft man 13,5 Dreier pro Spiel, gegen die Serben waren es 15, gegen Montenegro 17. Beides Teams mit großen Spielern unter dem Korb, die besonders am Perimeter ihre Probleme haben.
In der Vorrunde haben die Finnen 6/31 gegen Deutschland getroffen. Und das war eben nicht nur Pech beim Shooting, sondern eben auch daran geschuldet, dass man die langen Shooter der Finnen einfach wunderbar mit Bonga und auch Wagner verteidigen kann. Markkanen hatte z.B. unfassbare Probleme, da gute Würfe loszuwerden, weil diese ihn sehr eng verteidigen konnten, da er sie beim Drive nicht schlägt, gleichzeitig die Defender aber auch lang genug sind, damit er nicht problemlos über sie drüber werfen kann. Neben Deutschland dürfte einzig noch Frankreich das Team gewesen sein, was solche langen Wings mitbringt, die den Finnen dort das Leben schwer machen (FRA wäre für die Finnen auch ein Albtraum-Matchup gewesen).
Selbst wenn man nicht erwartet, dass die Finnen nochmal unter 20% von Downtown schießen, halte ich eine ähnliche Performance wie in den bisherigen KO-Spielen eher unwahrscheinlich. Die Dreierwürfe für die Finnen werden schwerer werden, was dann im Normalfall auch dazu führt, dass sie entweder weniger nehmen oder die Quote halt runter geht. Klar gibt es auch den Ausnahmefall und die ballern selbst mit Hand ins Gesicht alles rein, aber das ist dann halt was, was du als verteidigendes Team nicht wirklich im Griff hast.
Turnover
Die Finnen sind bisher recht solide beim Ballvortrag, nimmt man das GER-Spiel mal wieder raus, verlieren sie im Schnitt nur 11,5 mal den Ball pro Spiel. Im Viertelfinale nur 10 TO, das ist nicht viel und dabei haben die Finnen eigentlich auch keinen wirklich herausragenden Ballhandler, sondern mit dem alternden Sasu Salin nur einen Guard, der gehobenes europäisches Niveau hat, aber auch nicht wirklich heraussticht.
Gegen Deutschland hatte man 22 Turnover, also quasi doppelt so viel. Dazu nur 16 Assists, also ein tief negatives AST-TO-Verhältnis. War das analog der Dreierquote ein Outlier? Eventuell, aber gerade die deutsche Guard-Defense ist dafür prädestiniert, da wieder die Finnen schon sehr früh beim Ballvortrag zu stören und es ihnen ungemütlich zu machen. Die finnischen Guards müssten eigentlich schon wieder Angst haben, wenn sie daran denken, was die Deutschen da in der Gruppe veranstaltet haben. Ich hoffe, dass man hier die Intensität wieder hochschraubt. Man verteidigt nicht mehr Luka, der auch unter dem eigenen Korb zu 95% den freien Mann mit einem Pass über das ganze Feld findet, sondern Salin, Maxhuni oder Little.
Off-Rebounds
Ein Thema, was sich gefühlt durch die ganze Euro zieht, aber auf dem Papier gar nicht mal so schlimm ausschaut. Über alle Spiele haben die Deutschen eine Defensivrebound-Rate von 65,5% Das ist zwar der schlechteste Wert aller Halbfinalisten, aber gar nicht so weit weg von den Griechen (67,8%). Und die Finnen mit 70% sind da auch nicht so weit weg, die Türken mit fast 74% hier der Spitzenreiter. Im Schnitt gibt man zwar die meisten ab (fast 15 Stück), holt aber auch die meisten Defensivrebounds (über 28), was einfach auch am schnelleren Spiel mit mehr Possessions liegt.
Problem ist hier aber, dass man das "Low" bisher klar gegen die Finnen hatte. Die hatten sich 24 von 54 Rebounds geholt, damit also fast die Hälfte aller verfügbaren Rebounds. Daraus resultierten auch 21 Second-Chance-Points. Klar, da kann man auch sagen, wenn der Gegner aus allen anderen Würfen nur 40 Punkte holt, ist das auch egal. Aber bei engen Games kann das halt schon entscheidend werden. Die Finnen haben auf jeden Fall mehr Länge, nutzen diese teilweise auch sehr gut (gegen die Serben holte man auch 20 von 44 Rebounds am offensiven Brett). Hier wird es definitiv wieder Herausforderungen geben und sicherlich auch wieder verzweifelte Kommentare. Gegen Ende des SLO-Spiels sah es ja auch so aus, dass man mit mehr Engagement (insbesondere Bonga und Wagner) dann auch mehr Rebounds holte, aber das kann auch an der Erschöpfung der Slowenen gelegen haben.
Im Idealfall ist es heute kein Thema, weil man den Finnen auf allen anderen Ebenen einfach überlegen ist, aber ja - da können sie den Deutschen auf jeden Fall weh tun.
Selbst wenn die schlechte Dreierquote und die hohen Turnovers eher ein Outlier waren, müsste bei Finnland heute schon sehr viel funktionieren, dass man hier ins Finale einzieht. Denn selbst wenn man offensiv besser agiert als im ersten Spiel, steht ja auch noch die eigene Defense vor großen Problemen. Deutschland hat ja auch im ersten Spiel nicht so gut getroffen (nur 29% 3er), aber dennoch am Ende +30 gehabt. Sollte der Dreier also nach 3 Spielen dann auch mal wieder besser fallen, ist da offensiv auch noch mehr zu erwarten. Aber kaum einer kann Schröder oder Wagner verteidigen und die Tiefe spielt natürlich auch noch eine Rolle.
Ich gehe tatsächlich recht entspannt ins Spiel gleich, vor den Slowenien-Spiel war ich angespannter, weil du jemand hattest, den du halt nicht kontrollieren kannst. Das hast du bei den Finnen halt nicht. KO-Spiel ist alles möglich, aber ein Sieg der Finnen wäre eine Riesensensation - und auch eine deutlich größere als gegen die Serben, wo das Matchup einfach gut war ( + die Verletzungen bei den Serben). Am Ende reicht aber auch nochmal so ein enormer Shootingslump wie gegen die Portugiesen, umso wichtiger, dass man wieder mehr zu einfachen Punkten kommt.