Hab mich in letzter Zeit mit zwei aktuellen Beethoven-Zyklen beschäftigt:
- Marek Janowski mit dem WDR-Rundfunkorchester
- Herbert Blomstedt mit dem Leipziger Gewandhausorchester
Finde beide Zyklen grandios - sogar so weit gehend, dass ich sie als meine derzeitigen Favoriten ansehe, trotz starker Konkurrenz über einen langen Zeitraum!
Die Aufnahmequalität ist hervorragend und eben modern. Finde es auch sehr erfreulich, dass unsere Orchester zu solch phänomenalen Leistungen fähig sind.
Beide Dirigenten verfügen als Methusalems der Klassik über immense Erfahrung mit Beethovens Werk. Blomstedt hat mit der Dresdner Staatskapelle bereits in den 70igern einen Referenzzyklus hingelegt.
Die beiden Zyklen sind sich nicht unähnlich. Beide mit recht schnellen Tempi und hoher Dramatik - dennoch sehr voller Orchesterklang im Gegensatz zu den Vertretern der historischen Aufführungspraxis. Janowski etwas unmittelbarer und eruptiver, Blomstedt hingegen mit etwas mehr Noblesse und dem Schimmern des weichen Streicherklangs aus dem Gewandhaus.
Mir persönlich gefällt Blomstedt insgesamt noch einen Tick besser. Nur in der 3. ist mehr der Trauersatz etwas zu wenig dramatisch geraten.
Einzige Schwäche für mich bei Janowski: Die 6. Sinfonie. Ich liebe hier den Übergang vom Gewitter zum beruhigenden letzten Satz. Das geschieht mir bei Janowski zu schnell, so dass ich mich als Hörer nicht von der Musik weich umschlungen fühle.
Das sind aber eher subjektive Anmerkungen. Gerade die wichtige 9. ist bei beiden Aufnahmen fantastisch!
Im Vergleich zu weiteren hoch dekorierten neueren Aufnahmen heben sie sich von Järvi durch den vollen Orchesterklang bei trotzdem großer Transparenz ab. Gegenüber Vänskä bieten die beiden einfach mehr Dramatik, weniger den stets ruhigen Fluss. Vänskä hat nun für mich mittlerweile irgendwie etwas Sedierendes.
