Ich könnte mir vorstellen, dass es oft auch eher an der Gewöhnung an die jeweiligen Menschen mit Migrationshintergrund liegt, ebenso wie natürlich auch an deren Level, wie sehr sie aus der grauen Masse herausstechen. So sind viele noch nicht an den dunkelhäutigen Mitbürger gewöhnt, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist - da nehme ich mich nicht aus. Ich hatte nunmal als Kind und Jugendlicher keine entsprechenden Mitschüler, im Bekanntenkreis gab es sie auch nicht, und erst als Erwachsener bin ich auf sie gestoßen. Allerdings hatte ich schon früh sehr viele Freunde mit mindestens einem im Ausland geboren Elternteil: Halbniederländer, Halbfranzosen, Halbsudanesen, Halbsyrer - wenn ich nicht irgendwann die Eltern kennengelernt hätte, hätte ich das niemals auch nur geahnt, allenfalls vielleicht bei letzteren beim leicht exotischen Aussehen, aber auch das war nur beim genauen Hinsehen. Fast schon belustigt bin ich ja als selbst eher dunkel Geratener, wie oft ich angesprochen werde, was denn da bei mir noch mit drin sei bis hin zu "so ganz rein deutsch sind Sie / bist du aber auch nicht, oder?" (die Spekulationen gehen Richtung Halbspanier oder -italiener. Mit dem Vorteil, den ich gegenüber anderen genieße, dass diese Nationen heutzutage lange nicht mehr so negativ konnotiert sind wie früher, und ich habe zudem einen sehr deutschen Vor- und Nachnamen). Nun, ich habe die Ahnenpässe meiner Großeltern durchgeackert und bin in mindestens 5 Generationen auf nichts von "außerhalb" gestoßen, und da ich meinem Großvater väterlicherseits doch recht ähnlich sehe, würde ich auch den Einfluss von Postboten seit mindestens zwei Generationen ausschließen.Zum Özil/Podolski-Vergleich, ich kanns nur noch mal wiederholen...da denkt der deutsche Stammtisch sich "na, die Polen sind immerhin auch katholisch und keine Muselmanen". Das ist der springende Punkt.
Kurz zusammengefasst: Selbst mit diesem Hintergrund spüre auch ich manchmal latente Ressentiments. Manche mögen gar nicht in die Richtung der Abwertung gehen, aber sie zeigen dennoch dieses Bild "ein Deutscher sieht so aus und benimmt sich auch so". Hier an dem Punkt bin ich dann im Zwiespalt. Manche so geschaffenen Gräben kann jemand mit Migrationshintergrund niemals überspringen - das eigene Aussehen kann man nur sehr bedingt weit ändern. Klar ist aber natürlich auch, dass mit reinen Parallelgesellschaften das Zusammenleben nicht einfach ist. Unterschiedliche Werte (und klar, da gibt es größere Unterschiede zwischen dem durchschnittlichen Bürger mit generationenlanger deutscher Vergangenheit und dem durchschnittlichen Bürger mit z.B. türkischem Hintergrund als bei dem mit polnischen oder spanischen oder welchem Hintergrund auch immer) und vor allem das Hineinspielen von Vorurteilen statt Erfahrung (was zwangsläufig die Folge ist, wenn die unterschiedlichen Gesellschaftsteile kaum Kontakt miteinander haben) haben ein gehöriges Konfliktpotenzial.
Was den Streit um Özil, Gündogan und Co. betrifft, ist jetzt wirklich der Zeitpunkt gekommen, um darüber zu reden, wie das gemeinsame Zusammenleben am besten funktionieren kann. Allzuoft sieht man, wie einfach es sich die Leute machen, indem sie nur der einen Seite die Verantwortung zuschieben, auch von sich selbst weg. Das Hauptproblem liegt aber eher darin, dass Ablehnung noch eher zur Abschottung führt, und diese wiederum zu noch mehr Ablehnung. Ob da jetzt zuerst das Huhn oder zuerst das Ei war, mag ich nicht zu beurteilen. Ist auch egal, denn der Lösung dient diese Feststellung eh weniger.