Mir geht es darum, dass man die Leistungen der Japaner Ende der 90er-Jahre nicht kleinreden kann. Diese teilweise großen Vorsprünge im Nationencup sagen schon was aus. Und schau dir die ersten beiden Tournee-Springen von 1997/98 an. Zuerst ein Doppelsieg der Japaner und dann ein Dreifach-Sieg in Garmisch. Es ist klar, dass dann eine gewisse Dominanz registriert wird.
Wie gesagt, in der Breite stimmt das mit der gewissen Dominanz, daher der Abstand in der Nationenwertung.
Aber die einzelnen Springer waren nie so dominant wie die Topleute aus Europa. Kobayashi mal beiseite, bei den Aktiven der damaligen Zeit hat Kasai die meisten WC-Siege, nämlich 17, Funaki 15, Harada 9, Okabe 5 sowie Saitô und Miyahira nur einen. Kein Vergleich zu Schlierenzauer, Małysz, Stoch, Ahonen, Schmitt, Prevc und Co.
Ich habe es aber nicht so empfunden, dass dies als ein "zu viel" angesehen wurde.
In Japan hatte man durchaus das Empfinden.
Ich zitiere mal Ono Manabu (aus seinem Buch):
"Es geht um eine Spanne von etwa zehn Jahren, aber besonders um die Zeit nach den Olympischen Spielen von Albertville 1992. 1993 sprachen deutsche Zeitungen davon, dass 'in dieser Weltcupsaison die Invasion der Japaner zum Thema würde'. Japans neuerdings gewachsene Stärke war augenfällig, wodurch wir wohl zu einem Störenfried geworden waren. Dass in einer solchen Atmosphäre Vorstöße gemacht werden, muss man schlucken, aber für einiges daran hatte ich kein Verständnis."
Er geht in diesem Zusammenhang auf Regeländerungen ein, die sich für Japan nachteilig auswirkten.
An eines kann ich mich aber schon erinnern: Dass manche meinten, dass die Japaner Wunderanzüge hätten.
In Wirklichkeit haben sie nur aufgeholt.
Auch aus Onos Buch (sorry, falls es etwas lang ist):
"Ich glaube, es war im Sommer 1992, als wir tatsächliche Untersuchungen anstellten. Wir waren in Europa und ließen von einer Mattenschanze Harada und Kasai abwechselnd mit einem in Japan produzierten und einem Meininger-Anzug springen. Und siehe da, es gab beeindruckenderweise zehn Meter Differenz. Auch die beiden spürten den Unterschied deutlich. Sie meinten, es sei unfassbar und waren geschockt.
Zuerst war das Experiment dazu gedacht gewesen, den Rückstand in der Anlaufgeschwindigkeit zu verringern. In der ersten Hälfte der 90er Jahre, war – zugespitzt gesagt – Harada 3 km/h langsamer als die Spitzenleute. Unter diesen Voraussetzungen ist das Höchstmögliche ein Platz um die 15 und man hat schon zu tun, überhaupt Punkte zu erringen. Wir wollten der Sache auf den Grund gehen und kamen dabei zu dem Schluss, dass es sicherlich an den Anzügen liegt.
Der festgelegte Wert für die Luftdurchlässigkeit lag damals, so glaube ich, bei 30 Litern. Auf einem Quadratmeter mussten pro Sekunde 30 Liter Luft hindurchgehen. Demgegenüber lag dieser Wert bei den japanischen Anzügen bei 40 Litern, um bei der Kontrolle auf Nummer sicher zu gehen. Die Meininger-Anzüge jedoch waren hart an der Grenze auf 28 bis 30 Liter eingestellt. Diese 10 Liter bedeuteten einen Unterschied in der Anlaufgeschwindigkeit von 1 km/h und in der Sprungweite von 10 Metern. Sicherlich gab es auch andere Faktoren, aber dass allein durch die Wahl des Materials derartige Differenzen auftraten, war für uns schockierend.
Gleiches gilt für die Skier. Die Springer erhielten sie damals über eine Handelsfirma. Dass sie nicht direkt vom Hersteller kamen, führte dazu, dass Skier nach Japan geliefert wurden, die aussortiert worden waren, nachdem die europäischen Springer ausgewählt hatten. Man kann das als selbst verschuldet ansehen, weil Japan nicht selbst aktiv in der Welt unterwegs gewesen war.
In diesem Sinne begannen wir, aktiv in Kontakt mit den Herstellern zu treten und baten darum, dass Serviceleute der einzelnen Firmen uns direkt gutes Material anbieten. Parallel dazu entwickelten sich die Resultate des japanischen Teams, aber prinzipiell war Japan für die Skihersteller ein Land mit einem großen Markt. Am Ende wurden wir von den verschiedenen Firmen zuvorkommend behandelt.
Dass wir gutes Material zur Verfügung gestellt bekamen, begann mit der Saison 1992/93, als Kasai erfolgreich war. Er wechselte in dieser Saison zu einem Anzug von Meininger, und plötzlich mischte er im Kampf um den Weltcupgesamtsieg mit. Ähnlich war es mit Harada, der bei den Weltmeisterschaften einen Sieg erringen konnte."