Vom Prinzip her gebe ich dir recht. Aber ich bin dagegen, das Fell des Bären zu zerlegen, ehe der Bär erlegt ist
Rechnerisch haben die beiden Norweger noch Chancen bei 9 ausstehenden Springen. Vor allem, wenn noch ein, zwei drei Windspringen dabei sind.
Vor allem diese Kleinkriege sind unnütz. Gerade wenn man vor 3 Jahren Ryoyu noch nicht mal die Butter auf dem Brot gegönnt hätte.
Ich habe im Tippspiel auf Karle Geiger gesetzt und glaube nach wie vor an ihn. Wenn es allerdings Ryoyu oder sonst wer sein sollte, könnte ich es durchaus anerkennen - Fakt ist, wer die meisten Punkte am Ende hat, gewinnt das Ding und hat es dann auch verdient. Ob man denjenigen mag oder dann doch nicht.
Ich sehe das jetzt nicht unbedingt als Kleinkrieg. Für mich gilt allerdings: Wenn jemand aus dem deutschen Team die Chance hat, um den Gesamtweltcup zu kämpfen, dann ist das für mich mit das Wichtigste im Skispringen, was es überhaupt gibt - gerade weil die Spannung sich dann eben durch die gesamte Saison zieht. Und deshalb möchte ich schon die Gelegenheit nutzen, um in den Weltcup-Threads auch darüber schreiben, welche Auswirkungen die einzelnen Ergebnisse auf den Gesamtweltcup haben. Wenn ich wählen dürfte, ob es für das deutsche Team eine Goldmedaille bei Olympia gibt oder die große Kristallkugel für den Gesamtweltcupsieg, dann würde ich auf jeden Fall Letzteres wählen.
Vor allem hat das Ganze ja mittlerweile auch schon wieder eine längere Vorgeschichte. Das letzte Mal ging der Gesamtweltcup in der Saison 2014/15 nach Deutschland - und das in einem dramatischen und an Spannung kaum zu überbietenden Finale! Seitdem ging die Kugel mal nach Slowenien, mal nach Polen, mal nach Österreich, mal nach Norwegen und mal nach Japan - wir warten also auch hier von allen großen Skisprungnationen mittlerweile wieder am längsten auf einen Sieg. Bedenkt man, dass Geiger vor zwei Jahren auch schon mal zwischenzeitlich mit dreistelligem Vorsprung den Gesamtweltcup angeführt hat, dass Eisenbichler ihn letzte Saison anfangs angeführt hat, bevor ihn Granerud brutal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat, und bedenkt man, dass Geiger ihn auch in diesem Jahr mittlerweile mehrfach angeführt hat, dann wären wir einfach mal wieder dran.
Natürlich wäre auch Kobayashi kein falscher Gesamtweltcupsieger - dass er zwei Wettkämpfe durch Corona verpasst hat, habe ich schon auch noch im Hinterkopf. Nur ist es mir ein bisschen zu einfach, ihm gedanklich immer noch 200 Punkte zusätzlich gutzuschreiben - gewinnen hätte er diese Weltcups ja trotzdem noch müssen. Und wenn man schon solche Rechnungen aufmacht, dann muss man eben auch solche Springen wie gestern berücksichtigen, wo Geiger durch diese Gegenwindböe am Tisch gleich mal 88 Punkte liegen lassen musste.
Lindvik und Granerud würde ich auch noch nicht ganz abschreiben. Gerade Lindvik hat auf mich in den letzten Wettkämpfen eigentlich den stärksten Eindruck von allen gemacht. Allerdings sind fast 300 Punkte Rückstand schon eine Hausnummer. Ich weiß gerade nicht, ob schon mal jemand einen so großen Rückstand aufgeholt hat. Der größte, von dem ich sicher weiß, waren mal rund 270 Punkte, die Martin Schmitt 98/99 auf Janne Ahonen gutgemacht hat. Aber damit das klappt, muss der Führende auch ein bisschen nachhelfen, und das ist natürlich doppelt schwer, wenn gleich zwei gute Springer so viel Vorsprung haben. Hinzu kommt, dass gerade Lindvik in der Vergangenheit - untypisch für einen Norweger - auf Flugschanzen noch nicht so gut zurecht gekommen ist. Zur Skiflug-WM letzten Winter ist er ja sogar nicht einmal angetreten. Und gegen Ende der Saison stehen ja noch einige Weltcup-Fliegen im Kalender.