Advanced Statistics in der Bundesliga


Furiosa

Weiches Brötchen
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Da ich die nächsten Wochen und Monate an einer umfangreicheren Arbeit über gewisse statistische Modelle im Fußball, speziell bezogen auf die Bundesliga, sitze, kann ich ja ein paar der Ergebnisse hier teilen bzw. mal einen generellen Diskussionsthread zu dem Thema öffnen.

Ziele dieser Modelle sind dabei sowohl das Geschehene besser zu beschreiben (besser als es bspw. reine Punktzahlen oder Tordifferenzen könnten), als auch die Vorhersagequalität zu steigern.

Ich beginne mal mit der recht einfachen und statistikaffinen Fußballfans gut bekannten "Total Shots Ratio".
Die Total Shots Ratio (TSR) klingt fancy, heißt aber simpel übersetzt nur: Schüße zählen! Sie beschreibt den Anteil an Torschüssen (=/ Schüßen aufs Tor), den eine Mannschaft an der Gesamtzahl hat. Beispiel: Wenn die Bayern gegen den HSV 20x aufs Tor schießen und Hamburg nur 10x ist die TSR bei 0,666 (bzw. 0,333 beim HSV).

TSR=Anzahl Schüsse des Teams / (Schüsse eigenes Team + Schüsse des Gegners)
Im Beispiel: 20 / (20+10) = 0,667

Über alle Teams in einer Saison gesehen ist die TSR logischerweise immer bei genau 0,5.

Möchte man nun eine Prognose über die Punktzahlen der kommenden Saison erstellen erweist sich die TSR als stärkerer Indikator als würde man nur die Punktzahlen oder Tordifferenzen der letzten Saison betrachten.

Ich habe zur Veranschaulichung mal die Total Shot Ratios aller Bundesligisten der letzten zwei Saisons (36 Datenpunkte) gesammelt und den letztendlich erreichten Punkten gegenübergestellt. Die Daten stammen von whoscored.com.


niqrtbsm.png


R² = 0,54

R squared von 0,54 beschreibt eine durchaus verlässliche Metrik, was das genau bedeutet muss hier nicht ausführlich beschrieben werden, allerdings möchte man grundsätzlich einen höheren Wert erreichen, aber dazu später mehr.

Die beabsichtigte Aussage erkennt man ja auf dem Bild, eine hohe TSR spricht zwar für viele Punkte, garantiert sie aber noch lange nicht. Bayern dominiert wie man es erwartet die Gegner mit gewissem Abtand. Die größten Ausreißer erkennt man sowohl beim BVB als auch bei Gladbach der letzten Saison. Gerade Gladbach hat im Schnitt weniger Torschüße als der Gegner ohne das sich das nun zwei Jahre hintereinander auf die Performance auswirkt. Das Modell stößt hier an klare Grenzen, wir selber wissen woran es liegt, können die Methode dahinter beschreiben, aber durch dieses Modell nicht darstellen.


TSR wiederholbar?

Hier habe ich mal die 16 Teams zusammengestellt, die die beiden letzten Saisons in der BL waren und die TSR auf ihre Wiederholbarkeit geprüft:

qypjxnn3.png


R²=0,64

Nicht, dass 16 Daten ausreichend sind, aber es dient auch hier erstmal nur der Veranschaulichung. Größere Datenmengen haben einen tendenziell niedrigeren r-squared Wert ergeben. Es deutet jedenfalls darauf hin, dass die TSR in der ersten Saison einen guten Hinweis auf TSR in der zweiten Saison gibt. Die Teams verhalten sich alle recht ähnlich, aber auch größere Abweichungen um 0,05 sind nicht selten. Zwei der größeren Ausreißer zuletzt (Leverkusen, Werder) hatten ja einen durchaus entscheidenden Trainerwandel durchgemacht. Sicherlich auch ein wichtiger Grund für die veränderten Werte.

Würde man nun von beiden Darstellungen hier erste, einfache Ableitungen ziehen wollen käme man wohl zum Schluß, dass gerade beim BVB aber auch bei Leverkusen punktetechnisch Raum nach oben ist, dass Wolfsburg letztes Jahr überperformte und das Schalke auf einem noch größeren Abwärtstrend ist als durch die Punkte dargestellt wurde. Alles keine komplett bahnbrechenden Erkentnisse natürlich, aber ein Anfang.


Die Schwäche von TSR

Bis 2013 war die Total Shots Ratio eine der wichtigsten advanced stats für die Statistik Nerds in den Foren und Blogs. Bis die expected goals kamen. Die TSR behandelt jeden Torschuß gleich, ob ein Verzweiflungsschuß aus 22 Metern oder eine astreine Kopfballchance mitten im 5m Raum. Alle Schüße haben den selben Wert. Auf große Datenmengen (=eine komplette Saison) gesehen ist das allerdings nicht so wichtig, die guten und schlechten Chancen gleichen sich halt irgendwann irgendwie aus, daher hat sich TSR auch recht lange gehalten - das Modell funkioniert zu einem gewissen Grad. Am Beispiel Mönchengladbach erkennt man aber auch wie massiv einige Teams falsch bewertet werden können. Die Tatsache, dass Favre mit seinem Team zwar weniger, dafür hochprozentigere Chancen kreiert wird klar übersehen, TSR suggeriert hier mehr Glück als da war. Aber gut, fürs erste genug.
 
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le freaque

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Feine und interessante Sache - und vielen Dank, dass du die Ergebnisse hier mit uns teilst. Ist ja auch mit ordentlich Erklärungsarbeit verbunden. :thumb::thumb: Das sind gerade jetzt in der Sommerpause doch super Diskussionsgrundlagen.
 

Cut-Man

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Wie sieht es bei Total Shots Ratio für Heim und Auswärtsspiele, in Bezug zu den Heim und Auswärts geholten Punkten, aus?

Nur wenn das für sich keinen allzu großen Aufwand bedeutet.
 

Mahoney_jr

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Dortmund zeigt ganz gut, wo TSR krankt. Mit Mikky im Team hat man immer recht viele Schüsse, aber die Torwahrscheinlichkeit ist mies. Aber nicht falsch verstehen: ich mag advanced stats.
 

Furiosa

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Wie sieht es bei Total Shots Ratio für Heim und Auswärtsspiele, in Bezug zu den Heim und Auswärts geholten Punkten, aus?
Nur wenn das für sich keinen allzu großen Aufwand bedeutet.

Das mal zu untersuchen ist eine gute Idee und sollte keinen großen Aufwand bedeuten, werde ich mal im Hinterkopf behalten (vielleicht mit einem stärkeren Modell als TSR). Denke aber, dass die Korrelation an sich im ähnlichen Bereich anzusiedeln ist. Gerade für Sportwetter sind Kenntnisse über statistischen Heimvorteil natürlich immer wichtig.

Dortmund zeigt ganz gut, wo TSR krankt. Mit Mikky im Team hat man immer recht viele Schüsse, aber die Torwahrscheinlichkeit ist mies. Aber nicht falsch verstehen: ich mag advanced stats.

Definitv, der BVB hatte 14/15 zwar die zweitmeisten Schüsse gesamt, aber nur 33% davon gingen aufs Tor. Und von diesen 33% führten letztlich nur 24% zu einem Tor, auch ein schlechter Wert. Wobei kaum ein Modell, ob nun TSR oder expected Goals so wenig Punkte erklären konnten. Pech, in welchem Ausmaß auch immer, spielte wahrscheinlich gerade in der Hinrunde eine größere Rolle.

Einen (qualitativen) Schritt weiter als TSR kann man mit der Shots on Target Ratio (SoTR) gehen. Wenn man den ersten Post gelesen hat dürfte sich die Berechnung auch von selbst erklären. Also äquivalent zur TSR zählt man hier nur die Schüsse aufs Tor. Während normale Torschüsse geblockt werden können oder in die 10. Reihe der Tribüne segeln stellen Schüsse aufs Tor eine ungleich größere Gefahr da, wollen dringend vom eigenen Team erreicht bzw. vom Gegner verhindert werden.
Grob gesagt führt jeder 3. Schuß aufs Tor eben auch zum Erfolg.

SoTR = Anzahl Schüsse aufs Tor / (Schüsse aufs Tor Team + Schüsse aufs Tor Gegner)


Der Nachteil gegenüber allen Schüssen ist die geringe samplesize (nur ca 35% aller Schüsse gehen auch aufs Tor), was einen Einsatz des Modells gerade zu Beginn einer Saison schwieriger machen kann, TSR liefert da einfach früher mehr Daten.

Hat man aber genug Daten, etwa von einer kompletten Hinrunde, bietet sich die SoTR als Performance-Indikator, in diesem Fall als Zusammenfassung der Spielzeit, an. Selbst ein punktstarkes Team wie Gladbach, zuletzt konstant weniger Torschüsse als der Gegner, muss darauf bauen ihre wenigen Abschlüsse hochprozentiger ausfallen zu lassen. Der Blick auf die Statistiken zeigt das auch: Ein Ligabestwert von 41% aller Torschüsse finden das Ziel, auf der anderen Seite schaffen Gladbachs Gegner nur 29% der Abschlüsse Richtung Tor zu bringen. Wie Gladbach das schafft, also ob der Gegner außerhalb des Strafraums in Ruhe gelassen wird oder ob sie das Shotblocking perfektionieren, zeigt das Modell nicht.

Äquivalent zur TSR habe ich wieder die letzten beiden Spielzeiten gesammelt und die jeweiligen SoTRs den erreichten Punkten gegenübergestellt und auf Korrelation überprüft:

o75k8m8r.png

R²=0,73

Die höhere Abhängigkeit erkennt man auf den ersten Blick. Nicht alle Schüsse gleich zu behandeln zeigt eine eindeutige Wirkung was den Zusammenhang zum Output angeht, allein durch das Rausfiltern aller Versuche die nicht aufs Tor gehen.
Die Aussage "hohe SotR = gute Teamleistung" lässt sich also deutlich einfacher tätigen als vorher. Die "zweite" Saison des BVB wird in diesem Modell auch eindeutig schwächer dargestellt als 13/14, natürlich immer noch mit großem Abstand zum Erwartungswert. Die schwächste Saison ohne am Ende abzusteigen fällt auf den HSV 14/15 zurück, mit einer SoTR von 0,38 über alle Spiele betrachtet. Auch das kommt von meinem persönlichen Eindruck eher hin als die noch recht gute Total Shots Ratio aus der ersten Grafik.


Wie sieht es nun mit der Vorhersagefähigkeit von SoTR saisonübergreifend aus? Geht man davon aus, dass das Modell die "wirkliche" Teamstärke besser darstellt als es die Punkte (oder Tordifferenzen) können würde man intuitiv auch eine bessere Prognosequalität erwarten. Damit das in diesem Rahmen nicht zu umfangreich wird nehme ich dafür mal nur die Statistiken seit 2010/2011. Ich habe dafür zum einen die erreichten Punkte des Jahres X mit denen aus X+1 zusammengestellt, als auch die SoTR aus Jahr X mit den Punkten aus X+1. Auf der y-Achse befinden sich also jeweils die selben Werte:

Ich habe also 4 saisonale Übergange (2010/11 auf 11/12 bis 13/14 auf 14/15) und durch das Wegfallen ein paar Absteiger über die Jahre 63 Datenpunkte:

j6myeajv.png


Natürlich bieten beide Daten keine perfekte Prognose, dafür verändert sich zu viel zwischen zwei Spielzeiten (Transfers, Trainer, Alter/Form der vorhandenen Spieler, Glück/Pech). Trotzdem ist die SoTR ein eindeutig beserer Indikator für die Zukunftsleistung als die Punkte. Um es ganz einfach zu sagen trägt SoTR mehr Informationen über skill mit sich, während die Punkte sozusagen skill + Glück/Pech ausdrücken.

Um es mal an einem Beispiel zu zeigen: Der FC Augsburg hatte 2012/2013 nur 33 Punkte, wäre fast abgestiegen. Nur mit dieser einen Information würde man auch in der kommenden Saison auf 33 Punkte tippen (müssen). Schaut man auf die SoTR sieht man einen Wert in der Spielzeit 2012/2013 von soliden 0,51, eigentlich weit weg von Abstiegsrängen. Nimmt man diesen Wert als Grundlage und nutzt die Formel aus der ersten Grafik hier käme man auf einen Erwartungswert von 48,6 Punkten. Ein Jahr später, also Ende 2013/2014, hatte Augsburg 52 Punkte. Das ist natürlich ein extremes Beispiel und dient nur der Veranschaulichung.

Das alles ist im Prinzip auch keine Überraschung. Wer bspw. auf Fußballspiele wettet schaut sich zwar die Tabelle an, will aber oft wissen wie gewisse Resultate zu Stande kommen und ob eine Wiederholbarkeit anzunehmen ist.
 
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Furiosa

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Trenne das Glück vom Können oder: Gibt es gute Torhüter? (Teil 1: Einführung)

Den letzten Beitrag hatte ich mit folgendem Beispiel abgeschlossen: Der FC Augsburg hatte 2012/2013 zwar eine überdurchschnittlich gute Shots on Target Ratio (0,51), aber am Ende nur 33 Punkte. Ebenso erinnert sich jeder an den BVB letztes Jahr, überraschend schwache 46 Punkte trotz oft drückender Feldüberlegenheit (SoTR von 0,63). Also allgemein gut zu spielen reicht ganz offensichtlich nicht immer für viele Punkte, man muss den Ball auch hin und wieder über die Linie drücken bzw. Selbiges beim Gegner verhindern. Konkret gesagt: Wie viel % der eigenen Schüsse aufs Tor gehen rein, wie viel % werden hinten verhindert.
Sh% = Anzahl Tore / Anzahl Schüsse aufs Tor
Sv% = Anzahl gehaltene Bälle / Anzahl Schüsse des Gegners aufs Tor


Über die Jahre gesehen führen ca. 30% aller Schüsse aufs Tor zum Erfolg, die Sv% ist im Durchschnitt dementsprechend bei 70%.

Diese Werte können für einzelne Teams innerhalb einer Saison natürlich stark schwanken und haben entscheidenden Einfluss auf den tatsächlichen Output, also auf die Tordifferenz und letztlich den Punkten.

Eine praktische, aber noch wenig verbreitete Kenngröße (PDO) führt beide Werte (Shoot % und save %) zusammen und gibt weiter Auskunft darüber was in einer Spielzeit so passiert ist. Diese Statistik hat ihren Ursprung im US Eishockey und wurde wie dort üblich nach ihrem Entwickler benannt, ist also leider kein griffiges Akronym.
PDO = 1000*(Sh%+Sv%)

Bsp: Der BVB letztes Jahr hatte eine Tor Erfolgsquote von 25%, die Save Percentage lag bei 62%. Beides offensichtlich schlechte Werte. PDO wäre hier: 1000*(0,25+0,62) = 872.

Der Durchschnitt einer Saison über alle Teams liegt bei genau 1000. Logisch, bei jedem einzelnen Tor steigt innerhalb eines Spiels die Sh% in gleichem Maß wie beim Gegner die Sv% sinkt. Die Multiplikation mit 1000 dient ausschließlich der Veranschaulichung und Eliminierung kleiner Zahlen.

So sahen die Werte letzte Saison aus:

npkkvnm3.png


Gut, soviel erst mal zur Definition von PDO, weitere Gedanken dazu im nächsten Beitrag...
 
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xEr

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Interessante Statistiken, danke dafür! Schreibst du ne Abschlussarbeit zu dem Thema?

Auf jeden Fall schön nochmal zu sehen, dass das Gefühl, dass Dortmund in der letzten Saison auch viel Pech hatte, durch alle Statistiken unterstützt wird. Es gibt leider unter Fußballfans (eig Sportfans im Allgemeinen) die starke Tendenz den Aspekt Zufall komplett auszublenden und dann in erster Linie alles am Trainer festzumachen. Nach den Motto, man müsse nur auf die richtigen Knöpfe drücken...und dann am besten noch in Kombination mit Stammtisch-Denken, kommt dann sowas raus wie "Die Motivationsschiene ist halt jetzt endgültig ausgelutscht" usw.
 

skyw@lker

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Naja was heißt denn Zufall? Ist es Zufall, dass nur 25% aller Dortmunder Torschüsse auch im Tor landeten? Abschluss ist halt auch eine Qualitätsfrage.
Für mich lässt sich aus der PDO Statistik eher ableiten, dass der BVB letztes Jahr ein Torwartproblem hatte. Oder halt ein allgemeines Defensivproblem, dass dem Gegner relativ betrachtet zur Anzahl seiner Chancen extrem viele Hochkaräter zugestanden wurden.
Dieses Knopfdruckgelaber und die Weichenstellung der Motivationsschiene lese ich hier bei Sportforen auch nicht, dafür hat sich doch ein Großteil der User hier ausreichend genug mit dem Thema Fußball auseinander gesetzt. Und wenn jemand anfängt mir im Privatleben sowas zu erzählen, wechsel ich das Thema.
Die Variable Zufall ist für mich eher sowas wie die rote Karte gegen Schmelzer vs Wolfsburg durch Wolfgang Stark in 2012/13 (?), wodurch das ganze Spielgeschehen auf den Kopf gestellt wurde (obwohl Dortmund natürlich in dem Spiel auch ein Abseitstor erzielt hat).
 

Tony Jaa

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Für dich schon. Für Leute, die Ahnung von der Materie haben, dann eher nicht.
 

Furiosa

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Was PDO ausdrückt habe ich beschrieben, im nächsten Schritt wollte ich schauen ob es einen Zusammenhang zwischen dem Abschluss-"Glück" (offensiv wie defensiv) und der Teamstärke gibt. Für die Teamstärke nehme ich wieder ganz einfach SoTR. Um eine verlässliche Aussage zu treffen habe ich dafür Daten seit 2007/2008 ausgewählt, 8 Saisons insgesamt und damit 144 verschiedene Punkte im Diagramm (8x18):

ve46l2j4.png


Ich habe hier versucht ein paar Aussagen zu visualisieren:
1.) Es gibt zwar einen Zusammenhang zwischen der Qualität und den Trefferquoten, dieser ist allerdings sehr klein. R² liegt ca. bei 0,1. Gerade sehr starke Teams (SoTR ab 0,65) finden offensichtlich Wege auch beim PDO gut auszusehen. Das kann mehrere Gründe haben, der eigene TW hält vielleicht tatsächlich etwas besser als der Rest, die Stürmer sind abschlussstärker und, meiner Meinung nach am Wichtigsten: gute Teams führen über eine Saison gesehen länger innerhalb ihrer Spiele und bekommen in der Folge hochprozentigere Chancen serviert (Gegner muss aufmachen, kann mit weniger Spielern verteidigen)

Bei schwachen und durchschnittlichen Teams gibt es eigentlich kaum einen sichtbaren Zusammenhang zwischen den Werten, der Zufall scheint hier eine größere Rolle zu spielen.

2.) Teams haben eine große Chance abzusteigen wenn sowohl Qualität als auch "Glück" fehlen, logisch. Auch eine extreme Positionierung bei nur einem der beiden Werte (also entweder weit links ODER weit unten) endet oft fatal.

3.)
Auch historisch gesehen, also innerhalb von 8 Jahren, agierte der BVB äußerst unglücklich. Über 95% aller Teams haben einen höheren PDO am Saisonende. Nach der kompletten Hinrunde war der PDO beim BVB übrigens knapp unter 600, ein Wert also, der hier noch lange nicht angezeigt werden könnte.

------
Wen es interesiert: Die Standardabweichung vom Durschnitt (1000) ist ungefähr 70.

Nun hat man also mit gerade mal 3 Werten die Möglichkeit eine Saison einer Mannschaft auf simple Weise zu beschreiben um zumindest auf diesem Weg die Tabellenpositionierung erklären: TSR für reines Volumen der Dominanz, SoTR für die Qualität der Dominanz und PDO für das Abschluss/Abwehr-Glück/Vermögen. Warum beim PDO oft von Glück gesprochen wird liegt an der Zufallsverteilung oben, aber auch an der fehlenden Wiederholbarkeit. Würde PDO vom jeweiligen Team abhängen würde man eine gewisse Konstanz erwarten, innerhalb einer Saison oder über Spielzeiten hinweg. Folgende Grafik zeigt, das dem nicht so ist:

pjnovyil.png


Auch hier, kaum ein Zusammenhang bei einem R-Squared von 0.05. Ein hoher oder niedriger PDO in einer Saison hat also kaum einen Einfluss auf den selben Wert im kommenden Jahr. Man spricht dann von einer hohen Regression zur Mitte.

Allerdings sollte man den Wert auch nicht völlig überbewerten mmn, Glück und Zufall ja, aber bestimmt nicht komplett. Schwach positionierte Teams die aber knapp die Klasse halten konnten werden vielleicht mehr unternehmen um sich im kommenden Jahr zu verbessern, es werden schwache (Stamm)Torhüter ausgetauscht, überraschend gute Stürmer von Mittelklasseteams können wecheln usw. Dazu fallen Absteiger aus dieser Statistik raus und damit die Möglichkeit ein paar sehr schwache PDO Werte auf Wiederholbarkeit zu prüfen. Wobei man aber auch sagen muss, dass diese "regression to the mean" auch innerhalb einer Saison zu beobachten ist, wäre mal einen eigenen Post wert.
 

liberalmente

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So stelle ich mir xEr vor, nachdem er diesen Absatz gelesen hat:

Auch historisch gesehen, also innerhalb von 8 Jahren, agierte der BVB äußerst unglücklich. Über 95% aller Teams haben einen höheren PDO am Saisonende. Nach der kompletten Hinrunde war der PDO beim BVB übrigens knapp unter 600, ein Wert also, der hier noch lange nicht angezeigt werden könnte.

xapkbeu.gif



Wenn du jetzt noch statistisch beweisen kannst, dass die SR den BVB immer benachteiligen und die Bayern immer bevorzugt werden... :eek:

Aber im ernst: toller Thread Alice. :thumb:
 

Big d

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der Vorteil dieser Statistik ist, dass die Varianz veringert wird weil die sample size erhöht wird. da spiele und auch tore im Fußball ein recht seltenes Ereignis sind (im Gegensatz zb. zu toren/punkten in Handball oder Basketball) ist die Korrelation beim reinen tordifferential eben nicht so hoch.

wenn man das dann auf 20-30 Aktionen pro spiel ausdehnt hat man eine bessere sample size.
 

xEr

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So stelle ich mir xEr vor, nachdem er diesen Absatz gelesen hat:

Ich fühl mich zumindest bestätigt, weil diese Statistiken aus dem letzten Beitrag genau meinen "gefühlten Beobachtungen" der letzten Jahre entsprechen. Ich hab letzte Saison zig mal, vor allem gegen solche Aussagen wie hier angesprochen
skyw@lker schrieb:
Naja was heißt denn Zufall? Ist es Zufall, dass nur 25% aller Dortmunder Torschüsse auch im Tor landeten? Abschluss ist halt auch eine Qualitätsfrage.

Natürlich ist Abschluss auch eine Qualitätsfrage. Aber die Korrelation ist einfach viel zu gering. Vor allem, wenn der Gegner z.B. Freiburg heißt und aus 2 Torschüssen im Spiel 1 Tor macht und Dortmund aus 20 keines. Hinterher regen sich alle auf, wie mies die Qualität der Chancenverwertung vorne ist und wie mies die Abwehr, die ja so gepatzt hat beim Gegentreffer... (bei den allermeisten Gegentoren lassen sich klare individuelle Fehler ausmachen, so funktioniert Fußball nun mal in den meisten Fällen. Sonntagsschüsse heißen ja nicht umsonst so. Nur wird die Chance nicht genutzt, spricht halt keiner mehr drüber.) Tatsache ist halt, dass es sowas auf ne große Sample einfach super selten gibt und dann kann man imo völlig zu recht von Pech sprechen. Im Endeffekt sind eh alles nur Wahrscheinlichkeiten, aber wenn die Varianz so zuschlägt, dann ist das nicht mehr ansatzweise mit fehlender Qualität/Leistung zu erklären. Natürlich war die letzte Saison vom BVB nicht besonders gut, der Erwartungswert bei der von Alice geposteten SoTR lag ja z.B. bei ca. 66 Punkten, was für den BVB gemessen an der durchschnittlichen Punktzahl der letzten 5 Jahre kein besonders guter Wert gewesen wäre. Nur eben immer noch wesentlich besser als die tatsächlich geholten 46 Punkte.
 
S

Sabonis

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Das lässt sich mit Sicherheit mit unterschiedlichen Spielsystemen erklären. Favre provoziert den Gegner aus ungefährlichen Situation zu schießen und in der Offensive wird versucht, hochwertige Chancen vorzubereiten, was dazu führt, dass der Gegner auf Dauer mehr Torschüsse hat, Gladbach aber trotzdem mehr Tore schießt. Der Trainer kann damit leben und spekuliert darauf, dass die Qualität der Torchancen die Quantität schlägt und hat damit seit Jahren Erfolg. Klopp's Pressing & Überfall-Konter System bestand darin, den Gegner gar nicht zu Torchancen zu kommen - mit sehr intensiver und komplizierter Defensive. Solange die Spieler das System fehlerfrei umgesetzt haben, hatten die Gegner auch kaum Chancen, aber dadurch, dass das System so anspruchsvoll ist, neigen die Abwehrspieler dazu, Fehler zu machen, die das System neutralisierten und wenn dies passierte, hatten die Gegner auch ein leichtes Spiel bzw. eine hochwertige Chance. In der Offensive war die Vorgabe von Klopp anscheinend den Ball so schnell wie möglich, auch mit riskanten langen Pässen, weg vom eigenen Tor zu bringen, um die eigenen Stärken im Ballerobern am besten in Gegners Hälfte einzusetzen und auf die zweiten Bälle zu gehen. Es war bestimmt auch eine ähnliche Vorgabe bei Torschüssen - wenn ihr schießen könnt, dann schießt, wenn der Schuss geblockt oder abgewehrt ist, haben wir eine Chance den Ball noch näher am Tor zu erobern.
Auf lange Sicht ist Pech/Glück keine ausreichende Erklärung.
 

Furiosa

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Den PDO Teil hatte ich mit der Frage begonnen ob es gute Torhüter gäbe. Die gibt es natürlich und über mögliche Bewertungen könnte man Bücher schreiben. Allerdings findet man öfter Rankings der Goalies anhand des Anteils der gehaltenen Torschüsse. Wie man anhand der PDO Schwankungen sieht sollte man sowas auf gar keinen Fall überbewerten. Vielleicht sollte man diesen Werten auf den einzelnen Torwart bezogen gar keine Beachtung schenken. Ich habe mal ein paar Keeper und ihre Save-Quoten über die letzten Jahre zusammengesucht, der Durchschnitt ist wie gesagt bei 70% über alle Teams und ist durch die rote Linie hier gekennzeichnet. Ich habe nur Daten von Spielzeiten verwendet, in denen der Torwart über 2600 Minuten im Tor stand, daher fällt bspw. Weidenfellers letztes Jahr raus.

9s23trr6.png



Gäbe also einen Zusammenhang zwischen der Qualität eines Keepers und seinen Save-Quoten würde man diesen wohl in den Grafiken erkennen. Das Gegenteil ist der Fall, konstant sind nur die wilden Sprünge über oder unter den Ligadurchschnitt von Jahr zu Jahr. Einzige Ausnahme ist hier Neuer, wobei auch hier ein klarer Sprung nach dem Wechsel zum FCB erkennbar ist.

Fazit: Die Prozentzahl an gehaltenen Schüsse aufs Tor scheint kein Qualitätsmerkmal eines einzelnen Keepers zu sein, auch wenn gewisse Stats in den Medien dies gerne mal suggerieren.
 

Apollo Schwabing

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sWieder einmal nette Spielereien... :thumb:

Das Gegenteil ist der Fall, konstant sind nur die wilden Sprünge über oder unter den Ligadurchschnitt von Jahr zu Jahr. Einzige Ausnahme ist hier Neuer, wobei auch hier ein klarer Sprung nach dem Wechsel zum FCB erkennbar ist.

Interessant. Ich hätte eher Gegenteiliges aus dem Bauch heraus getippt

Auf dieser Basis denke ich mal dass z.B., sollte Bürki die Nummer 1 in Dortmund werden (und Dortmund wieder die ganze Saison oben mitspielt), solch ein Sprung auf ähnlicher Weise in einer Grafik zu sehen sein wird.

Aehnliches sieht man ja bei Benaglio und Zieler, wo sich die Kurven der Tendenz der Tabellenplatzierungen anpassen.

Kurios finde ich es dennoch, da ich per Instinkt davon ausgegangen bin dass ein Torhüter der mehr auf die Kiste bekommt, in der Regel % mehr Bälle hält als jemand der wenig gefordert wird.

Das ganze kann natürlich auch Zufall sein.

Hast du keine Daten von einem Torwart der paar Saisons "oben als Favorit" in der 2. Liga mitgespielt hat und dann ein paar Saison als "Abstiegskandidat" in der 1ten Liga gespielt hat. (Köln?)
 
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Furiosa

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Hast du keine Daten von einem Torwart der paar Saisons "oben als Favorit" in der 2. Liga mitgespielt hat und dann ein paar Saison als "Abstiegskandidat" in der 1ten Liga gespielt hat. (Köln?)

Leider nein, für die 2. Liga gibt es insgesamt kaum brauchbare Daten.

Aehnliches sieht man ja bei Benaglio und Zieler, wo sich die Kurven der Tendenz der Tabellenplatzierungen anpassen.

Das ist ja auch intuitiv logisch, 10% mehr oder weniger der gegnerischen Schüße zu halten kann über eine Saison gesehen Zufall sein, hat aber einen trotzdem größeren Einfluß auf die Tabellenplatzierung. Es gibt aber auch Gegenbeispiele, Leverkusen 10/11 hatte die zweitmeisten Punkte etwa aber gleichzeitig die drittschlechteste Save% aller Teams (64%).

Mann kann hier einfach nur ganz schwer etwas erwarten, egal ob man aufs Team, den Torwart oder zu erwartende Teamstärke schaut. Bei Prognosemodellen macht es daher wohl Sinn Save% außen vor zu lassen.
 

Omega

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Favre provoziert den Gegner aus ungefährlichen Situation zu schießen und in der Offensive wird versucht, hochwertige Chancen vorzubereiten, was dazu führt, dass der Gegner auf Dauer mehr Torschüsse hat, Gladbach aber trotzdem mehr Tore schießt. Der Trainer kann damit leben und spekuliert darauf, dass die Qualität der Torchancen die Quantität schlägt und hat damit seit Jahren Erfolg.

Dazu gibt es auch einen Artikel, der die Frage stellt, ob Gladbach das "glücklichste Team in Europa ist. Alice hat Glück ja auch in immer in " " gesetzt, was ja bedeutet, dass Pech auch in " " zu setzen ist.

Ich hatte bei Dortmund das Gefühl, besoinders in der Hinrunde, dass bis zum Strafraum, also in die "gefährliche Zone" der Ball gut vorgetragen wurde, auch häufig der Abschluss gesucht wirde, aber nicht immer die beste Abschlusslösung gefunden wurde. Micky und Reus waren da aus meiner Sicht weit vorne. Dadurch gab es eben viele, auch gefährlich (aussehende) Schüsse auf das Tor, aber einzeln betrachtet eben nicht eine allzu hohe Trefferwahrscheinlichkeit. Berücksichtigt hierbei eben so Dinge wie Winkel zum Tor, Gegenspieler etc.

Passt eine statistische Auswertung nicht zur Erwartung, dann gibt es ja immer 2 Möglichkeiten, die Varianz ("Pech") oder die Formel passt eben nicht so ganz. Der Schreiber des englischen Artikels will an seiner Formel arbeiten;)
 

Apollo Schwabing

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Es gibt aber auch Gegenbeispiele, Leverkusen 10/11 hatte die zweitmeisten Punkte etwa aber gleichzeitig die drittschlechteste Save% aller Teams (64%).

In der Tat :eek:

Hier die Tore und Punkte der letzten 5 Saisons:

64:44 +20 68 (Adler 10/11)
52:44 +8 54 (Leno 11/12)
65:39 +26 65 (Leno 12/13)
60:41 +19 61 (Leno 13/14)
62:37 +25 61 (Leno 14/15)

Die Gegentore sind ja +- konstant, 11/12 war der Sturm "schlechter".

Heisst das jetzt im Umkehrschluss dass Adler nur "die wichtigen Bälle" in dieser Saison gehalten hat? Oder dass Leverkusen trotz Adler damals 68 Punkte erspielt hat? :D
 
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