@NcsHawk
Ich würde Favre nicht absprechen, dass der eine oder andere Spieler von ihm profitiert hat. Das mit man bei Bayern und van Gaal auch erst nachher gesehen. Als Fußball-Lehrer halte ich ihn nach wie vor für richtig gut. In der Hinsicht reden auch viele ehemalige Spieler sehr gut von Favre.
Favre hatte in Dortmund aus meiner Sicht zwei Probleme. Das kleinere, Klopp schwebt hier über allem. Das war in gewisser Weise auch schon ein Problem, das Tuchel hatte. Favre als introvertierter Pessimist (so wirkt er zumindest), dessen Deutsch einigen Interpretationsspielraum der Aussagen zulässt, hat es da einfach extrem schwer. Grade im Dortmunder Umfeld ist es glaube ich sehr wichtig, dass man eine gewisse emotionale Art mitbringt, dass man die Leute einfangen kann.
Das große Problem: Seine Philosophie passt nicht zum Verein. Favre ist ein detailversessener Arbeiter, dessen Philosophie aber auf Fehlervermeidung beruht. Im Grunde ist er zufrieden, wenn ein Spiel 0:0 ausgeht. Macht man dann einen Fehler weniger als der Gegner, gewinnt man. Das ist ein super Ansatz, um unorganisierte Teams zu organisieren und für Außenseiter, aber eben nicht für Teams, die das Spiel machen müssen und oft der Favorit sind. Und dann kommt dazu, dass man von einer Truppe mit so vielen jungen Leuten gar nicht verlangen kannst, fehlerfrei zu spielen. Man sehe sich bei Bayern Phonsie Davies an. Der war der gefeierte Spieler letzte Saison. Dabei hat er jede Menge Fehler gemacht, aber die konnten im System ausgebügelt werden und er hatte das absolute Vertrauen von Flick, deshalb hat er sich was zugetraut und auch eigene Fehler wieder kompensiert. Hinzu kommt natürlich, dass sich unter Favre gewisse Muster Jahr für Jahr wiederholt haben.
Im Prinzip muss man im Fall Favre die Verantwortlichen deutlich mehr kritisieren als Favre selbst. Wie es halt oft ist, man holt einen Namen und macht sich viel zu wenig Gedanken, ob bevorzugte Spielweise, Kader und Philosophie des Trainers zusammen passen. Bayern hat Kovac geholt und von Tiki Taka geredet. Flick drückt das richtig aus, wenn er von einer Bayern-DNA redet. Wie ist denn die BVB-DNA? Ich hätte da - auch als Außenstehender - eine ganz klare Idee und ich denke, viele andere hier auch. Da kann man dann durchaus auch mal in dem einen oder anderen Spiel auf die Mütze kriegen, da das Team durchaus fehleranfällig ist, aber das Potenzial des Teams wird deutlich mehr genutzt.
Allerdings muss man sagen, dass Terzic sehr wenig Trainingszeit für Änderungen hat und Flick bei Bayern noch auf sehr viele Basics aus der Zeit unter Heynckes und Pep zurückgreifen konnte. Beim BVB hatte man doch einen ziemlichen Mischmasch an Philosophien in den Jahren nach Klopp und der Kader hat sich sehr stark verändert. Insofern wird es wohl nicht so ganz einfach, die Spielweise stark umzustellen.