Ich sage nicht, dass es keine gibt oder es niemanden gibt, der sie fördert. Aber die Quote ist in Deutschland schon ziemlich niedrig, wenn man mal so mit Frankreich und Spanien vergleicht. Von Südamerika mal ganz zu schweigen, aber das hat nochmal andere Gründe.
Jedenfalls werden in den Amateurligen junge Ballkünstler oftmals grundlos als brotlos bezeichnet. Denke nicht, dass das in anderen Ländern auch so extrem wie hier ist.
In Deutschland werden junge Spieler einfach viel zu schnell in ein taktisches Korsett gezwängt und darauf gedrillt, sich immer und überall in den Dienst der Mannschaft zu tellen und taktische Vorgaben zu erfüllen. Die Einführung der NLZ auf der einen Seite, das zu hohe Aufhängen von Erfolgen der Vereins-Jugendteams und der Karrieresprungbrettwahn im Jugendtrainerbereich haben dazu geführt, dass die Ausbildung viel zu sehr standardisiert wurde. Es geht oder ging in den letzten Jahren einfach viel zu sehr darum, in den U-BL erfolgreich zu sein (ein Jugendtitel war für den Trainer ja praktisch gleichbedeutend mit einem zügigen Cheftrainerposten im Profi-Herrenbereich) und einfach Profispielermassenware zu produzieren.
Und genau deshalb haben wir im Talenteberich Unmengen von ballsicheren 8ern und IV mit gutem Spielaufbau, weil sich das am besten und einfachsten standardmäßig ausbilden lässt. Dafür haben wir keine 10er, keine 9er und kaum Winger mit besonderen 1vs1 Skills. Weil diese Spieler sich nur herausbilden und entwickeln, wenn sie permanent Risiko gehen können - das geht aber mitunter auf die Ergebnisse.
Das ist auch explizit als Kritik an der Trainerausbildung zu verstehen. Denn gerade die eine Zeitlang so hochgelobten jungen "Konzepttrainer" sind mMn für das Aussterben der Individualisten verantwortlich. Systemarbeit ist an sich super, aber nicht, wenn sie zum Selbstzweck verkommt und das Besondere dafür verlorengeht und Spieler nur noch als Rollenspieler in genau einem bestimmten System agieren dürfen - das in allererster Linie dem Trainer nützt, aber weniger den jungen Spielern.
Insofern war Scholls damalige Kritik an den "Laptoptrainern" zwar im Ton unterirdisch, es zeigt sich aber immer mehr, dass in der Sache eine ganze Menge dran war.
Auch der DFB ist zu kritisieren. Unter dem Sportdirektor Sammer galt das Credo: die Spieler müssen in erster Linie Erfolgshunger lernen und dem Erfolg alles unterordnen können. Natürlich sind Disziplin und Mentalität wichtig, aber nicht, wenn man das monothematisch verfolgt und damit die Spielfreude, die bei jungen Spielern nunmal nicht immer zu Erfolg führen
kann, verlorengeht. So hat man unter Sammer dann auch sehr erfolgreich mit den Jugendteams agiert, aber ob das der individuellen Entwicklung so dienlich war, bezweifle ich ein bisschen.
Um 2000 herum war alles richtig, was man in der Ausbildung angestoßen hat. Die NLZ-Verpflichtung, das Wert legen auf taktische Ausbildung - das lag ja auch alles brach und D war da international komplett abgehängt. Im Übrigen hat Berti Vogts m.E. mit der damaligen Neuausrichtung sehr viel mehr zu tun (der forderte all das schon Jahre vorher), als Sammer oder Mayer-Vorfelder. Nur hat man, nachdem man da das gwünschte Niveau erreicht hatte, versäumt, auch wieder den Individualismus mehr in den Fokus zu rücken. Und dafür zahlen wir heute die Rechnung: mit schwachen Jugendjahrgängen, massiven Positionsproblemen im Offensivbereich und einer mMn falschen Grundmentalität, die man erstmal wieder aus den Köpfen kriegen muss.
Da ist man mittlerweile dabei, aber ich fürchte, dass wir einige Jahre mit einem Kreativproblem bei deutschen Spielern, aber auch bei deutschen Vereinen leben müssen (weil eben auch viel zu viele junge Trainer da aus meiner Sicht komplett falsch ticken).