So, und damit ist die Karriere von Wozniacki beendet. Der Sieg gegen Yastremska war noch einmal ein schöner Erfolg, die Niederlage gegen Jabeur womöglich noch einmal eine leise Enttäuschung. Leider ist es in Auckland wie auch in Melbourne nicht zum Duell mit Serena gekommen - für sie hätte es wohl kaum einen schöneren Abschluss als mit einem Match gegen ihre Trauzeugin gegeben.
Die Ankündigung ihres Karriereendes hat mich doch weitestgehend kalt gelassen. Heute, wo das effektive Ende feststeht, ist es irgendwie ein ganz anderes Gefühl. Als ich heute in einer ruhigeren Minute ihre Karriere kurz Revue passieren liess, ist mir erstmals so richtig aufgefallen, dass ich auch durch Wozniacki so richtig zum Tennis gekommen bin.
Als kleiner Junge durfte ich damals immer im Zimmer meiner Schwester fern schauen, wenn sie nicht zu Hause war. Gott sei Dank war sie dies sowieso nie. Als lieber kleiner Bruder habe ich ihr jeweils das Zimmer aufgeräumt - wie naiv ich doch damals war. Irgendwie blieb ich damals öfters bei Eurosport hängen und habe mir Tennis angeschaut. Natürlich gänzlich im Unwissen, dass das da wohl ein Grand Slam war und von den Regeln hatte ich logischerweise noch viel weniger Ahnung. Der erste Aufschlag war für mich damals ein Testschlag und wenn der halt doch ins Feld ging, hat man halt Pech gehabt. Wozniacki war damals die Nummer 1. Wenn ich mich richtig besinne, wohl auch noch ziemlich frisch. Und wie es als kleines Kind halt immer war: man hat den- oder diejenige unterstützt, der gerade erfolgreich war. Also in diesem Fall Wozniacki.
Immer und immer wieder habe ich eingeschaltet und gehofft, dass sie auf dem Platz steht. Natürlich wurde ich immer und immer wieder enttäuscht, wahrscheinlich war sie eigentlich gar nicht mehr im Turnier. Aber weil ich eben Wozniacki spielen sehen wollte, habe ich immer und immer wieder eingeschaltet und irgendwann dann gar nicht mehr unbedingt wegen ihr, sondern weil mich der Sport an sich zunehmend interessierte. Langsam fing ich an, das Spiel und die Regeln zu begreifen, Tennis begann mir richtig Freude zu bereiten. Das Interesse an Wozniacki hat im Laufe der Zeit immer mehr abgenommen, heute ist sie vielleicht noch eine von vielen. Gleichzeitig ist aber das allgemeine Interesse immer mehr gestiegen. Und nun ist sie also doch weg von der Bildfläche. Irgendwie bedrückt mich diese Tatsache doch etwas.
Mit Stolz darf Wozniacki auf ihre Karriere zurückblicken. Als erste Skandinavierin überhaupt stand sie an der Spitze der Weltrangliste. Insgesamt stand sie dort für 71 Wochen, nur acht Spielerinnen können mehr aufweisen. Zwei Saisons konnte sie als erfolgreichste Spielerin des Jahres abschliessen. Insgesamt konnte Woz 30 Titel feiern, erreichte total 55 Endspiele auf der WTA-Tour. Zwischen 2008 und 2018 gewann sie jedes Jahr mindestens ein Turnier. Und vor ziemlich genau zwei Jahren beseitigte sie ihren letzten Makel: die Nummer 1 zu sein, aber keinen Grand Slam gewonnen zu haben. In einem spannenden Finale setzte sich die Dänin gegen Halep durch. Zuvor hat sie in New York bereits zwei Endspiele verloren: 2009 gegen die damalige Rückkehrerin Clijsters, 2014 gegen ihre enge Freundin Serena. Wenige Monate vor ihrem Triumph an den Australian Open gewann sie bereits die WTA Finals in Singapur. Diese Erfolge hievten sie noch einmal auf Position 1 der Weltrangliste.
Ende des Jahres wurde bei ihr rheumatoide Arthritis diagnostiziert. Nach eigenen Angaben habe sie die Krankheit im Griff und logischerweise gäbe es bessere und schlechtere Tage. Doch die Leistungen waren im letzten Jahr wahrlich nicht mehr dort, wo sie gerade auch in der vorangegangenen Saison waren. Es war die erste titellose Saison seit über zehn Jahren, ebenfalls konnte sie keine Top 10-Gegnerin schlagen. Zwar erreichte sie in Charleston noch einmal ein Finale, doch im Ranking ging es kontinuierlich nach hinten. Im Dezember verkündete sie schliesslich ihr Karriereende in Melbourne - irgendwie überraschend, irgendwie erwartet. Mit ihr tritt jedenfalls eine grosse Spielerin von der Bühne.