Es war zwar der gleiche Verband, aber die Länder, die die jeweiligen Sportarten pushten waren verschieden. Der nordische Skisport wurde klarerweise von den Nordeuropäern dominiert, nicht nur sportlich, sondern auch auf Funktionärsebene. Und die Entwicklung des alpinen Skisports wurde von den Schweizern, den Österreichern und vor allem den Engländern vorangetrieben. Eine äußerst wichtige Person war hier der Engländer Arnold Lunn, der sich sehr für die Alpinen in der FIS einsetzte. Und die Engländer bildeten schon früh Skiklubs, unter anderem auch den Ladies' Ski Club in den 20er-Jahren. Arnold Lunn war ein großer Förderer des alpinen Frauenskisports, sah er doch Skisport als durchaus etwas an, das auch die weibliche Ästethik vorteilhaft darzustellen vermochte. Und das war damals extrem wichtig, schließlich gab es viele Sportarten, die diesen Ansprüchen an die Weiblichkeit nicht gerecht wurden und daher den Frauen größtenteils verwehrt blieben.Natürlich ist genau das das große Problem gewesen. Ich habe nie verstanden, warum das bei den Alpinen so wunderbar geklappt hat und bei den Skispringern nicht - sind doch beide gemeinsam im selben Dachverband organisiert. Ski Alpin wurde im Jahr 1936 olympisch - und zwar sofort sowohl für die Damen als auch für die Herren. Dabei ist diese Sportart bestimmt nicht weniger gefährlich als das Skispringen.
Außerdem war der alpine Skilauf zu einem nicht unerheblichen Teil ein Sport der gesellschaftlichen Oberklasse und da konnten sich die Frauen in den 20er-Jahren schon einige Freiheiten herausnehmen. Noch dazu bildete der alpine Skilauf die Möglichkeit, weit weg von den städtischen stockkonservativen männlichen und weiblichen Gouvernanten zu sein, die solches Teufelszeug natürlich missbilligten.
Im nordischen Skisport lief das anderes. Dort waren vor allem die Norweger tonangebend und die waren (wie andere auch) in dieser Hinsicht sehr konservativ. Es dauerte bis in die 50er-Jahre bis der Frauenlanglauf olympisch wurde und die Damen eigene Bewerbe am Holmenkollen hatten. Auch der Langlauf wurde als Sportart angesehen, der die weibliche Anmut betonen würde. Und erst recht das Skispringen. Das mit der Gebärmutter hat ja nicht Kaspar erfunden, sondern die Gefahr, die Gebärmutter könnte einen Schaden davontragen (z. B. Gebärmuttersenkung) war eine bis in die 80er und 90er-Jahre weit verbreitete Annahme, die den Skisprungsport für Frauen unzugänglich machte.