G
Gelöschtes Mitglied 31
Guest
Kapitel 1: Morgens um 8:45 Uhr müssen 3 Klienten in ihre Tagestruktur gebracht werden. Während ich 2 lebenspraktisch eingeschränkteren Kandidaten in ihre Jacken und Rucksäcke helfe, steht die in dieser Hinsicht selbständigere und bereits gerüstete Kandidatin C im Flur vor den Klientenzimmern und wiederholt ständig im Wechsel: "Ich gehe dann schon mal los, nä?" und "Kann ich schon mal losgehen? Nee? "
Sie hat ihre Jacke eventuell noch nicht zu, oder noch nicht alles eingepackt - wartet autistisch auf ein Kommando - und dieser autistische verbale Wahnsinn wiederholt sich jeden Morgen. Immer. 10 Minuten lang, bevor wir (gemeinsam) losgehen. Ich höre schon gar nicht mehr zu. Das belustigt die anderen Klienten, denen ich in die Jacke helfe und die aus Schadenfreude / Selbstkenntnis über diese Mitbewohnerin registrieren, dass ich diesen zunehmenden nervigen Wahnsinn bewusst ignoriere.
Das macht irgendwie auch Spaß: wer hat den längeren Geduldsfaden und was müssen die Klienten von ihren fiesen Betreuern aushalten, um im Leben einigermaßen klar zu kommen?
Da unterscheidet sich das Arbeitsmaterial bei uns doch schon sehr. Bei mir ist das eben im Großteil der Fälle der Typ pubertäres Großmaul mit lebenspraktischen Kompetenzen im Minusbereich.
K1 (mit den eingeschweißten Aufbackbrötchen in der Hand in der Küche): Muss ich die Verpackung vorher abmachen, bevor ich sie in den Backfen packe?
Ich: Wenn du sie überbacken haben möchtest, kannst du sie dran lassen.
Oder auch gut, K2 beschwert sich bei mir, dass ich ein ihr wichtiges Thema noch nicht mit ihrer Mutter besprochen hätte, woraufhin ich antwortete, dass ich es mehrfacht telefonisch versucht habe aber ihre Mutter nimmt nicht ab. Daraufhin schreibt K2 besagter Mutter ich hätte behauptet sie sei fett und die macht dann Alarm beim Jugendamt, das sich dann bei mir meldet. Bekannte Familie bei JA übrigens, der fallzuständige Mitarbeiter hat sich halb totgelacht als ich ihm den Gesprächsverlauf wiedergeben habe.