Der Hauptgrund für Skibbes Entlassung ist sicherlich der Absturz in der Rückrunde in atemberaubender Geschwindigkeit. Und zwar so schnell, dass kaum Zeit war gegen den Trainer zu wettern
Das was die Mannschaft die letzten Spiele geboten hat, war kaum mehr Zweitliganiveau. Im Prinzip spricht alles gegen einen Klassenverbleib. Die Gründe für den rasanten Absturz nach guter Hinrunde sind vielfältig und man kann gerne über deren Gewichtung streiten.
- Taktische Berechenbarkeit: Alle Gegner in der Rückrunde haben aus den Spielen in der Hinrunde gegen uns die richtigen Schlüsse gezogen. Schwegler wurde eng gedeckt und somit unsere Kreativität durchs Zentrum praktisch eleminiert. Ochs wurde bei Ballannahme früh gestört, so dass er seine große Stärke, die Schnelligkeit, nicht ausspielen konnte. Unsere linke Angriffseite galt es seit jeher zu vernachlässigen, weil Tzavellas den Aktionsradius eines Freizeitkickers hat und der offensive Vordermann (meistens Altintop) dadurch zu wenig Unterstützung erfährt. In der zunehmenden Verzweiflung nahmen die langen Bälle auf Gekas zu und damit war unser Offensivspiel leicht zu verteidigen. Wir sind da insgesamt zu unflexibel und gerade diese Flexibilität zeichnet die Überraschungsvereine dieser Saison aus.
- Training: Skibbe wurde in den letzten Wochen immer häufiger vorgeworfen, die dramatische Entwicklung zu spät erkannt und dann nicht richtig reagiert zu haben. Er behielt sein geringes Trainingspensum gepaart mit seinem späten Erscheinen auf dem Trainingsplatz bei. Die Inhalte blieben auch die gleichen. Er begründete es stets mit „Ruhe“ und „Kontinuität“. Schwerlich nachzuvollziehen bedenkt man die Ergebnisse auf dem Platz. Eine Änderung des Trainings, Taktik oder Aufstellung ist ja nicht gleichbedeutend mit Aktionismus.
- Formschwäche: Auffallend schon die ganze Saison über ist, dass viele Spieler im Offensivbereich gar nicht in Tritt kommen. Meier spielt eine furchtbare Saison, Altintop rennt umher und bringt wenig Ertrag, Amanatidis kämpft mehr mit sich und Fenin zuzuschauen tut mittlerweile in den Augen weh. Gekas spielt wie er halt immer spielt und hat eine ordentliche Quote. Man sollte dabei aber auch nicht vergessen, dass wir noch bis vor 2,3 Wochen die Mannschaft mit den 5 meisten Torchancen in der Liga waren, aber die mit Abstand schlechteste Quote hatten. Gekas hat auch schon unglaublich viel liegen gelassen.
- Tore: In der letzten Saison hatten die Verteidiger deutlich mehr Tore geschossen und das obwohl wir jetzt mit Tzavellas einen haben, der eigentlich gute Standards schießt. Meier kam letzte Saison auf 10 Tore. Das fehlt uns diese Saison enorm.
- Chris: Ich nachhinein wird einem auch noch einmal die enorme Bedeutung von Chris bewusst. Er ist ganz hervorragend in der Balleroberung. Wenn er im defensiven Mittelfeld spielt und in Form ist, steht die ganz Mannschaft 10 Meter weiter vorne. Das Hoch in der Hinrunde war wohl nicht zufällig genau zwischen Chris´ Verletzungen. Davor und auch danach lief nichts zusammen.
- Mannschaft: Es scheint in der Mannschaft nicht wirklich zu stimmen. Die Kapitänsfrage nach Spycher wurde nicht gut gelöst, auch der Mannschaftsrat scheint nicht ideal. Amanatidis vor eineinhalb Jahren die Binde abzunehmen fand ich damals schon nicht klug und warum Skibbe als Trainer im Umgang mit ihm nicht souveräner agierte, muss Skibbe nun mit sich klären. An dieser Stelle sei noch mal gesagt, dass Bruchhagen mitnichten Amanatidis wieder in die Aufstellung gedrückt hat. Bruchhagen hat noch nie dem Trainer in die Aufstellung reingeredet oder Ansprachen vor der Mannschaft gehalten. Das sieht er als Autoritätsverlust für den Trainer an. Das er zwischen beiden vermittelt hat und Ama wieder in den Kader durfte, sehe ich als Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden, für Ruhe in den eigenen Reihen zu sorgen. Das Skibbe Amanatidis letztlich wieder aufstellte, war alleine Skibbes Entscheidung.
- Winterpause: Das ganze Theater in der Winterpause war wohl Kontraproduktiv, speziell die Vertragsverlängerung von Skibbe und das kokettieren mit dem Abschied wegen „Perspektive“ von den Leistungsträgern Schwegler und Ochs.
Auch wenn ich es insgesamt schade finde, weil Skibbe lange Zeit gut gearbeitet hat, aber ein Abstieg muss vermieden werden. Das der Nachfolger nun Daum ist, ist sicherlich eine Riesenüberraschung. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass Skibbes öffentliche Scharmützel mit Bruchhagen den Harry etwas zum umdenken in der Frage des Anforderungsprofils eines Trainers bewogen haben. Trotz alledem muss Bruchhagen schon schwer angeschlagen sein um auf diese Wahl zu kommen. Er handelt gegen (ehemalige) innere Überzeugungen, aber auch, weil bei einem Abstieg seine 7 jährige Aufbauarbeit zumindest sportlich wieder zunichte wären. Ich glaube auch es fuchst ihn (und eigentlich alle Eintrachtfans) enorm, dass in dieser Saison, wo gleich mehrere „große“ Vereine schwächeln, Klubs auf Augenhöhe wie Mainz, Hannover, Nürnberg oder Freiburg die Gunst der Stunde nutzen, wir aber nicht. Es war Bruchhagens Mantra der letzten Jahre den Abstieg des ein oder anderen Klubs zu prophezeien, nur um anzuschließen, dass die Eintracht dann gewappnet sei. Und just in dem Jahr, in dem wir mit 27 Mio. den größten Personaletat aller Zeiten haben, klappt es nicht. Sehr sehr bitter.
Trotz allem wird der Klassenerhalt sehr sehr schwer. Unser Restprogramm ist happig und die Mannschaft am Boden. Die Nervosität nimmt mit jedem Spiel zu. Ich hoffe sehr, dass es Daum (ich kann das immer noch nicht richtig glauben) irgendwie gelingt uns auf Platz 15 zu retten. Die Karten sind nicht gut.
PS: Der Zirkus kommt heute Mittag um 15 Uhr an: Das Hessen Fernsehen überträgt das Training live :wall: