Der Hauptgrund für das sinkende Interesse, ist das Menschenbild des (Profi)boxens, welches sich in den letzten Jahrzehnten immer weiter verändert hat.
Für die Mehrheit der Menschen ist der Boxsport der Inbegriff von Brutalität und Rücksichtslosigkeit. Auf den ersten Blick sieht man nur 2 Menschen die versuchen sich gegenseitig zu schlagen, hinterfragt aber nicht die ganzen Details die das ganze zu einem "Kampf" werden lassen. Man muss sich schon sehr intensiv damit beschäftigen um es zu verstehen.
Auseinandersetzungen sind ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Lebens. Boxen ist eine Lebensschule, denn das Boxen als Kampfkunst spiegelt das wirkliche Leben genau wider. Es kommen die verschiedensten Situationen vor, man lernt sie zu erkennen, sich auf sie einzustellen und sich zu verändern, sich anzupassen, seiner Wahrnehmung bewusster zu werden. Man lernt seine Schwächen, Stärken, Besonderheiten kennen. Man nimmt die Unterschiede zwischen den Menschen die einem Gegenüberstehen genauer wahr, man erkennt wo man ihnen Überlegen ist, wo man Defizite hat, wie sie in Bestimmten Situationen reagieren, wie sie gucken, sich bewegen, wie sie atmen, was sie fühlen. Viele haben erst durch das Boxen gelernt, dass sie selbst nicht über allen Dingen stehen, dass sie sich irren können, dass sie nicht Vollkommen sind, und wo ihre Defizite gegenüber anderen liegen. Sei es im technischen, oder athletischen Bereich, oder aber was die Wahrnehmung betrifft. Sie erkennen dass sie genetisch bedingte Schwachstellen und Grenzen haben, die sie gegenüber so manch einem anderen gar nicht oder nur bedingt ausgleichen können. Sie lernen es aber auch zu verstehen wie sie damit umzugehen haben, wie sie ihre Stärken zur Geltung bringen und ihre Schwächen überdecken können. Es hilft ihnen zur Schärfung der Wahrnehmung, dabei die Dinge bewusster wahrzunehmen, zur Stärkung des Selbstbewusstseins und dabei auch in schwierigen Situationen die Ruhe zu bewahren und zu handeln.
Das alles lässt sich eins zu eins auf das wirkliche Leben übertragen und trägt ungemein zur Stärkung des Selbstbewusstseins, der Selbsterkenntnis und Selbstfindung bei. Natürlich steckt da auch Brutalität drin, für den Boxer steht sie aber nicht im Vordergrund und ist ein Resultat vom streben danach der bessere zu sein. Ebenfalls eine Formel die sich auf das Leben anwenden lässt, wo sich die Rücksichtslosigkeit zwar zumeist nicht direkt körperlich, dafür aber auf Umwegen, auf andere Art und Weise bemerkbar macht, die nicht weniger "brutal" sein muss.