Um ehrlich zu sein, sehe ich da überhaupt keinen großen Unterschied zu diesem Fall, eher viele Ähnlichkeiten. Bei Guttenberg war es eben die Häufigkeit der Indizien, die auf ein Abschreiben hinwiesen. Wie willst du denn auch ein Abschreiben beweisen? Keiner hat ihm ja dabei über die Schulter gesehen. Im Prinzip kannst du nicht nachweisen, dass Guttenberg nicht zufällig den selben Gedanken hatte und ihn niederschrieb. Nur die Häufigkeit dieser Fälle hat in unglaubwürdig gemacht.
In diesem Fall ist es doch genauso. Einen Ball ins Netz schlagen - geschenkt. 11 Bälle hintereinander ins Netz - Absicht.
Der Hauptpunkt ist doch der, dass Gutti keine Arbeit vorgelegt hat, die den einfachsten Standards genügen würde. Daher ist es gar keine Frage, dass ihm die Doktorwürde aberkannt wurde. Letztlich hat die Uni Bayreuth ihm dann "bewusstes Vorgehen" unterstellt, aber er wurde vor Gericht nur (zumindest zum größten Teil) wegen Urheberverletzungen angeklagt, die ebenfalls unstrittig waren.
Es ist komplett objektiv feststellbar, dass Guttenberg in einer Häufigkeit, ohne Angabe von Zitaten, abgeschrieben hat, die nicht einmal einer Hausarbeit eines Erstsemester Studenten würdig wäre. Das ist objektiv, im Gegensatz zum subjektiven Empfinden gegenüber den Athleten.
Stop! Was bitte ist denn "klar erkennbar"? Wie soll ich denn in den Kopf des Diebes reinschauen, wann es für ihn klar erkennbar war. Da bitte ich dich mal um eine eindeutige Definition.
Du unterstellst mir hier, ich würde generell keine juristischen Regeln akzeptieren und das ist schlichtweg nicht der Fall. Nur müssen Gesetze gerecht (was bei Kant durch den Kat. Imperativ versucht wird, sicherzustellen) und allgemein anwendbar (Universalisierbarkeitsklausel bei Kant) sein. Die Regel "man darf nichts nehmen, was ein anderer in seiner Tasche, allgemein bei sich (in der Hand, auf dem Kopf usw usw) oder in seiner Wohnung hat" ist sowohl gerecht, da es, angenommen, Privateigentum wird akzeptiert (und das Gegenteil anzunehmen würde hier jetzt zu weit führen), im Interesse aller ist, als auch universell anwendbar, weil es ein klares erlaubt und ein klares nicht-erlaubt gibt.
Und du argumentierst mit Kant. Gerade Kant spricht doch von der Verpflichtung gegegenüber einem "Sittengesetz". Du argumentierst mit ihm, verstehst ihn aber selber nicht. Andere sind jedenfalls nicht deiner Meinung. Treu und Glauben fände Kant scheinbar total super.
Ob du es mir glaubst oder nicht, das Sittengesetz war mir bekannt.
Nur muss man es auch im richtigen Kontext betrachten. Kant hat eine Ethik verfasst, die der Gesetzgebung klare Richtlinien an die Hand geben sollte (und letztlich gegeben hat), wie gerechte Gesetze aussehen müssen. Und da ist die Universalisierbarkeitsklausel derart stark, dass schwammige Begriffe nahezu keine Chance haben.
Man muss Kant nicht wörtlich nehmen (sonst hätten wir wohl die Todesstrafe in Deutschland
), man muss sein System anwenden.
liberalmente, Prinzipien schön und gut, aber in dem Fall ist es wirklich das Spiel selbst, das du dir mal ansehen solltest. Profisport ist eben keine alleinige Sache der Sportler, sondern auch die der Zuschauer und in derem und eigenem Interesse die der Verbände.
In der Praxis mag das stimmen, aber da sind wir wieder beim Gladiatoren Status. Hast du ein
Recht darauf, dass Sportler immer alles geben?
Ihr habt allerdings alle nicht verstanden, warum sich liberal das Video nicht ansieht, nämlich nicht, weil er so von seiner Meinung überzeugt ist, sondern weil es aus seiner Argumentationssicht egal ist, WIE schlecht sie gespielt haben, da es für Ihn keine Regelwidrigkeit ist, schlecht zu spielen, bzw. dass man nur die Extremfälle sanktionieren kann.
Die Punkte sehe ich nicht so
Vielen Dank, plissken. Dass du dabei nicht meine Meinung teilst macht diesen Einwurf noch bemerkenswerter. :thumb:
Das Witzige ist ja, dass mente versucht sein "Rechtsempfinden" mit irgendwelchen Philosophen zu begründen, deren Lehre zwar auch Einfluss auf die Gesetzgebeung haben und hatten, kein Frage, aber wie alle extremen Theorien schlicht nicht praktisch umsetzbar sind. Diese Theorien ungefiltert jetzt auf das wahre Leben anwernden zu wollen ist doch völlig absurd, allein schon vor dem Hintergrund, dass diese Theorien ja auch nicht unbestritten sind.
Kant ist keine extreme Theorie. Rousseau, Hegel, Marx - alles (für mich) keine Frage, aber Kant ist keine extreme Theorie. Dafür ist sie zu gut begründet und auf zu festem Fundament.
Und natürlich ist sie nicht unbestritten, keine Philosophie wird je "unbestritten" sein, und wenn es nur die Skeptiker sind, die sie hinterfragen. Das ist ja auch der Unterschied zwischen Philosophie und Religion.
Zu behaupten, dass man sich den Einzelfall nicht anschauen muss, weil Humes gesetz das nicht erfordert, hat ja schon etwas von relig.. äh philosophischen Fanatismus.
Hier verwechselst du jetzt Humes Gesetz mit a priori, was durchaus einen Unterschied ausmacht. Aber bei so viel Text kann man auch mal durcheinanderkommen.
Auch wenn du mir so einen Fehler wahrscheinlich links und rechts um die Ohren gehauen hättest.
Der Faktor Mensch wird ja völlig außer acht gelassen
Zum Glück ist der Mensch in seiner Gesamtheit ja klüger. Er erkennt, dass er nicht in einer "Laborwelt" lebt und deswegen Stellschrauben braucht, um Theorien anzupassen.
Tja, dummerweise lassen sich außerhalb der "Laborwelt", wie du sie herablassend bezeichnest, elementar wichtige Errungenschaften wie die Menschenrechte nicht begründen. Willst du die auch an Stellschrauben drehenden Menschen überlassen?
Ganz faszinierend fidne ich im Übrigen, dass mente hier solche auslegungen ablehnt, bei Strafmaßen aber vehement mit seinem Rechtsgefühl arbeitet. Da muss er eine zerrissene Seele sein.
Das ist eine andere Ebene der Diskussion und ich bin mir sicher, dass du das auch weißt. Sobald die Schuld nach gerechten Regeln nachgewiesen ist habe ich nichts gegen harte Strafen, das stimmt. Aber die Diskussion hier dreht sich ja darum, ob man den Athleten die Schuld
nachweisen kann.
Die Alternative wäre Regeln aufzustellen nach dem Motto: "Wer den Ball fünfmal in Folge ins Netz schlägt handelt unsportlich" (vllt. doch lieber sechsmal?) oder "Wer nicht mindestens 3 Punke pro Satz gewinnt schadet dem Ansehen des ehrenwerten Badminton-Sports".
Solche Regeln würden jedoch bei konsequenter Anwendung zwangsläufig zu unbilligen Härten führen, weil viel zu eng, willkürlich und ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls. Tritt ein übergewichtiger Hobbyspieler bei Olympia gegen einen Weltklassespieler an ist es durchaus möglich, dass der Hobbyspieler kaum einen Ball übers Netz bekommt. Von unehrenhaftem oder unsportlichen Verhalten kann aber keine Rede sein, da die Umstände einfach ganz andere sind als bei einer Begegnung zwischen Topleuten.
Bis hier kann ich dir Folgen.
Von daher ist es nur "recht und billig" unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, wann unsportliches Verhalten denn nun genau vorliegt. Und daher ist es auch zwangsläufig erforderlich sich mindestens das Video anzusehen, wenn man irgendeine qualifizierte Aussage zum "Badminton-Skandal" machen will.
Komme aber dann zu einem anderen Schluss.
Mir ist schon klar, dass der Sport wie wir ihn kennen mit meinen Voraussetzungen an Sportrechtssprechung nicht funktionieren könnte. Das habe ich aber auch nie bestritten. Ich finde nur, dass man hart daran arbeiten müsste, den Sport wenigstens in die Nähe von ordentlicher Rechtssprechung zu rücken. Da müsste man sicherlich auch theoretisch heikle, pragmatische Entscheidungen treffen.
Wenn ich die Entwicklung auf diesem guten Weg sähe würde ich ja gar nicht motzen. Ich würde vielleicht kritisieren, dass man mehr machen könnte, aber wenigstens wäre der Weg richtig. Nur sehe ich diese Entwicklung nicht, eher das Gegenteil - irgendwelche Funktionäre handeln mehr und mehr im Diktator Modus, weil ihnen keiner etwas tun kann. Vom CAS abgesehen, der tatsächlich ein Schritt in die richtige Richtung ist. Aber was Nützen 3 Schritte nach vorne, wenn in der Praxis zu oft 4 Schritte zurück gemacht werden?