Mal eine kleine Polemik zum Sonntag:
Wir haben also Finale, Spanien gegen Italien. Wenn man die Klischees der Vergangenheit heranzieht, klingt das nach attraktivem Fußball gegen zynische Ergebnisverwalter. Dieses Jahr trifft das wiederum zu. Allerdings mit vertauschten Rollen.
Was del Bosque aus der spanischen Nationalmannschaft gemacht hat, ist nichts als eine Schande. Er hat die besten Spieler und vor allem Techniker der Welt zur Verfügung, und was stellt er damit an? Etwas, was von einer englischen Zeitung (ich glaube dem "Guardian") sehr treffend als "Tiki-Takenaccio" bezeichnet wurde. Genau das ist es. Ein Spiel, was zwar auf Ballbesitz angelegt ist, aber deshalb dennoch nicht auf "Dominanz" im eigentlichen Sinne, sondern im Gegenteil auf Fußball-Verhinderung. Denn es wird gar nicht versucht, nach vorne zu spielen, sondern nur das Risiko eines Gegentores so gering wie irgend möglich zu halten. Deshalb spielt man natürlich auch ohne Stürmer, denn was machen diese unverschämterweise? Zumindest ab und zu mal aufs Tor zu schießen. Und das ist im spanischen Spiel 2012 nur dann gewünscht, wenn der Torerfolg 100%ig sicher ist, denn leider ist ein Tor ja nötig, um ein Spiel zu gewinnen, und nicht nur mindestens 80% Ballbesitz. Denn sonst ist ein fehlgeschlagener Torschuss meist ein Ballverlust, und das soll unter allen Umständen vermieden werden. Das ist zwar fast immer erfolgreich, aber attraktiv können das wirklich nur Hardcore-Fans der Spanier finden. Für den Rest ist es eher Tabletten-Ersatz bei Schlafstörungen, auch hier aber immerhin sehr effektiver.
Italien dagegen wird angeführt von einem Trainer Pirandelli, der fast schon als Revolutionär bezeichnet werden kann, da er dem klassisch italienischem Original-Catenaccio abgeschworen hat. Diesem italienischen Team macht es Spaß, zuzusehen, da auch etwas eingegangen wird, was bei Spanien unter del Bosque mit seiner "1:0-Sparkassen-Philosophie" absolut Tabu ist: Risiko. Diesem beherzten Ansatz wäre ein Erfolg zu gönnen. Insofern sollte jeder, dem der Fußball am Herzen liegt, heute Italien die Daumen drücken.