Erinnert ihr euch noch an die Zeiten vor Beginn der Saison?
Damals, als Lotus ein aerodynamisch ordentlich altbacken wirkendes Fahrzug präsentierte, mit der Prämisse "hauptsache ankommen"? Lotus war das kleine Team, das als letztes Bescheid bekam, dass man mitmachen kann, nachdem BMW-Sauber ausstieg.
Die Zeiten als Virgin sich Manor schnappte und Nick Wirth ein Fahrzeug präsentierte, dass rein in CFD-Simulationen erprobt wurde, anstatt jemals (auch nur im Modell-Maßstab) einen Windkanal gesehen zu haben? Nunja, der Wagen war anfangs schneller als der Lotus, aber hat den mechanischen Grip eines Stücks Seife in einer Gefägnisdusche und ist nicht viel zuverlässiger, als der Nick-Wirth-Wagen in dem Roland Ratzenberger gesessen hat.
Ja damals, als Adrian Campos sein F1-Projekt finanziell nicht stemmen konnte und das Team an Carabante verkaufte, der innerhalb von wenigen Wochen Colin Kolles ein quasi neues Team aus dem Boden stampfen lies. Die HRT-Wagen absolvierten beim freien Training in Bahrain ihre ersten Kilometer überhaupt und Chandhok saß beim Qualifying überhaupt zum ersten Mal am Steuer eines fahrenden HRT. Mittlerweile hat das Team etwas zu Lotus und Virgin aufgeschlossen, aber Kolles denkt an die nächste Saison. Den Vertrag mit Dallara zu kündigen, war einer der ersten Schritte, die er gemacht hatte, sobald er deren Chassis' hatte. Für die 2010ner-Saison will man kaum noch entwickeln und plant nun vielmehr am 2011-Modell, das eine Eigenentwicklung sein wird.
Achja und dann war da ja noch US-F1. Das lange lange vorher angekündigte US-Team mit den Millionen von einem der YouTube-Gründer (Chad Hurley). Hier kam lange nichts zustande, weil man sich unklar war, in welche Richtung man entwickeln will, solange nicht feststeht ob die Budget-Obergrenze kommt oder nicht. Und als es dann an die Arbeit ging, kam man einfach nicht vorran, weil Teamchef Ken Anderson wohl andere Vorstellungen hatte als seine Ingenieure. Auf der einen Seite war ein unkompliziertes, funktionierendes Auto gewünscht, auf der anderen Seite überlegte man sich neuartige Dinge, zum Beispiel im Bereich der Airbox.
Jedenfalls kam man nicht zu Potte und so wurde dann irgendwann der Geldhahn für die Entwicklung vom unzufriedenen Chad Hurley zugedreht. Ein paar Gerüchte kamen noch auf, ob das Team vielleicht mit dem von Campos fusioneren würde, oder im Falle des Scheitern des Campos-Projektes die Dallara-Wagen übernehmen würde ... aber nachdem Carabante und Kolles aus den Dallara-Fahrzeugen noch was machten, war US-F1 vollends erledigt.
Und hinter all dem guckte noch das StefanGP-Team über den Zaun und bittete um Einlass.
Bereits bei der ersten Auswahl-Runde war das Team von Zoran Stefanovic nicht bei den 3 neuen Teams genannt worden. Stefanovic überlegte sich in die Formel1 zu klagen, weil er wohl eine ungerechte Behandlung seitens der FIA befand (angebliche Bevorzugung von Cosworth motorisierten Teams). Das ließ er dann, aber beliebt gemacht hat er sich bei der FIA damit wohl dennoch nicht.
Auch als BMW ausstieg, ging der Platz nicht an StefanGP, sondern an Lotus. Jenes damit letzte der vier komplett neuen Teams, das aber bislang den besten Eindruck hinterlässt ... oder den am wenigsten schlechten.
Und als Toyota dann absprang hoffte Stefan über das Ankaufen der Toyota-Entwicklungen für 2010 deren Startplatz für 2011 zu erhalten ... aber den kriegte Peter Sauber, nachdem jener sich entschieden hatte wieder zurück auf den Kommando-Stuhl zu kehren ... der geplante Verkauf des Teams von BMW an die Qadbak-Stiftung erwies sich als heiße Luft.
Stefanovic hoffte weiter in die Formel1 zu kommen, erstrecht nachdem es so aussah, als würde mindestens ein neues Team keine Wagen an den Start bringen ... Campos oder US-F1 ... oder vielleicht beide Teams.
Stefanovic meinte, er hätte zwei fertige Fahrzeuge, die Toyota-Entwicklungen für 2011, in Köln stehen. Eins davon wäre auch schon in serbischem Rot lackiert. Als Fahrer plante man mit dem Comeback von Jaques Villeneuve und mit dem Toyota-Zugeständnis Kazuki Nakajima.
Vielleicht machte das StefanGP-Team sich bei der FIA mit nicht immer viel Fingerspitzengefühl in Pressemitteilungen unbeliebt. Ich weiß es nicht genau. Jedenfalls ist der Ärger irgendwo verständlich, wenn man bedenkt, dass schon laaaaaaange ersichtlich war, dass das US-F1-Team keine eigenen Boliden an den Start bringen wird und höchstens dann noch was werden würde, wenn das Campos-Projekt völlig scheitert bzw. keinen Käufer findet.
Stefanovic versuchte noch, sich mit dem Aufkauf von US-F1 in die Formel1 zu bringen, aber weil US-F1 beim Bahrain-Grand-Prix nicht erschien, war deren Startplatz für die 2010-Saison erloschen.
Und die angeblichen Toyotas über die Stefanovic verfügt haben will? Man hatte damals nichts von ihnen gesehen. Ein Test in Portimao scheiterte, weil Bridgestone seine Reifen nur an Teams mit F1-Startplatz liefert. Die geplante Veröffentlichung in der ersten März-Woche fand auch nicht statt. Der Kölner-Express bezeichnete in einem anderen Zusammenhang Stefanovic als Hochstapler ... auch nicht gerade förderlich.
Sei's drum ... die Zeitschrift "Racecar engineering" hat Bilder der 2010-Toyotas veröffentlicht. Einer davon in serbischem Rot mit Nakajima am Steuer, der den Wagen zu Demonstrations-Zwecken fuhr ... mit 2009-Reifen vielleicht?
Tja, bei dem Vorhaben von Stefanovic handelte es sich wohl nicht um heiße Luft. Ich finds schade, dass die Entwicklungen aus Köln dort nun bei TTE (Toyota Team Europe) ungenutzt rumstehen. Jene Mannschaft wurde drastisch verkleinert und beschränkt sich momentan auf Consulting-Lösungen im Rennsport. Vielleicht hat Toyota auch ein Tourenwagen-Engagement vor oder so.
Was aus den Fahrzeugen wird, ist fraglich. In der Vergangenheit ist ja schon so manches Team mit den Entwicklungen früherer Rennställe an den Start gegangen.
Aguri Suzuki schickte 3 Jahre alte Arrows' an den Start, welche 2006 aber hoffnungslos unterlegen waren. Die Suzuki-Konkursmasse wurde wiederrum von dem Deutschen Franz Hilmer aufgekauft, welcher damit und mit den Namensrechten am Brabham-Team 2010 an den Start gehen wollte.
Ein anderes Beispiel ist Alexander Shnaider der das Pleite gegangene Jordan-Team kaufte und die folgende Saison als MidlandF1 an den Start brachte.
Das Tyrrell-Team wurde einst von BAR gekauft, um damit einen Startplatz zu erhalten. Die Tyrrell-Wagen kaufte Paul Stoddart für sein Minardi-Team.
Also vielleicht sieht man diese Toyota-2010-Entwicklungen noch in irgendeiner Weise auf der Rennstrecke ... vielleicht als Grundlage für zukünftige Entwicklungen. Theoretisch könnte z.B. das HRT-Team einfach die Toyotas kaufen und schauen, ob sie schneller sind als die Dallara-Wagen oder zumindest mehr Potential haben. Ich meine, so etwas war in den 90gern schonmal vorgekommen ... aber ich weiß nicht mehr, bei welchem Team das war.
Wie auch immer, mit Zoran Stefanovic werden die Toyotas wohl nicht an den Start gehen. Dessen Verträge waren alle an einen 2010-Startplatz gebunden, nicht nur was TTE betrifft. Stefanovic will sich für die 2011-Saison wieder bewerben, allerdings ohne Toyota-Unterstützung. Das wäre dann sein dritter Versuch, denn in den 90gern wollte er damals das Lola-Team übernehmen, was aber scheiterte.
Allerdings gilt Stefanovic momentan als einer der Außenseiter bei den 2011-Bewerbern.
Als Überrest von US-F1 will Ken Anderson mit "Anderson F1" sich für 2011 bewerben. Nach dem Fiasko dieser Saison nicht gerade aussichtsreich...
In den USA gibt es außerdem die Cypher-Gruppe, welche 2011 mitmachen will. Von jener Seite tritt man kaum in die Öffentlichkeit, angeblich um eine ähnliche Schmach wie bei US-F1 zu verhindern und damit das US-F1-Scheitern kein schlechtes Licht auf andere US-Amerikanische F1-Projekte wirft. Mehr als Außenseiter-Chancen werden auch hier nicht vermutet.
Das italienische Team Durango hat aufgrund von finanziellen Problemen sein Engagement in der GP2 beendet. Nun will man neue Investoren gefunden haben ... jene sollen allerdings mehr an der Formel1 interessiert sein ... also bewirbt man sich für diese.
Manch 2010-Bewerber wie Formtech/Brabham von Franz Hilmer, die Superfund-Gruppe um Alex Wurz, aber Lola und Prodrive, werden sich für 2011 nicht bewerben.
Die Favoriten für den 13ten Startplatz in 2011 sind andere.
Epsilon Euskadi, ein spanisches Team, das in der Formel Renault und bei den LMP1-Rennern (u.A. in Le Mans) engagiert ist/war. Jenes Team hatte sich bereits 2010 beworben, war hier aber nur auf die Reservisten-Liste gekommen, wenn ein anderes Projekt scheitern sollte. Die Absage von US-F1 kam zu spät, als dass Epsilon Euskadi noch etwas hätte machen können ... wenn man jenen Startplatz dann bekommen hätte.
ART Grand Prix hat vor 10 Tagen bekannt gegeben, dass man sich für 2011 bewirbt. Das Team ist in der GP2 eines der Erfolgreichsten. In 3 der 5 stattgefundenen Saisons holte man da den Titel des besten Teams. ART wurde von Frederic Vasseur und von Nicolas Todt gegründet, letzterer ist der Sohn von John Todt. So ist es kein Wunder, dass manch einer hier eventuelle Vetternwirtschaft befürchtet. Aber die GP2-Erfolge sprechen für ART ... nur dass man dort kein eigenes Auto, sondern eins von Dallara nutzt. Das macht man in der Formel1 womöglich nicht.
Egal, momentan gibt es nur einen freien Startplatz in der Formel1. Vielleicht kommt noch einer dazu ... oder gar mehrere. HRT und Lotus planen zwar für die nächste Saison und auch Virgin hat genu finanziellen Background ... aber man weiß ja nie, wann die Fluglinien-Betreiber die Lust an der Formel1 verlieren. Das Sauber-Team ist auch ein finanzieller Wackelkandidat und Renault hat schonmal einen Teil seines Teams in die arabischen Emirate verkauft.
Also abwarten.
Hauptsache es läuft nicht wie 2008, als man einen Platz an Prodrive vergab (Vorzug gegen Minardi, Jordan, Carlin, Direxiv und andere), aber jenes Team nicht mitmachen konnte, weil man mit McLaren-Mercedes-Kundenautos plante ... was dann nicht erlaubt wurde.