Hat es irgendwelche Gründe, dass Kwjat quasi persona non grata bei Red Bull ist? Ich mein, zusammengefasst fährt er die etwas stärkere Saison als Albon, der dazu wenig bis gar keine Erfahrung mitbringt. Wäre Kwjat nicht die eher "sichere" Lösung gewesen?
Kwjat wäre vielleicht die sichere Lösung gewesen, ja.
Bei Red Bull ist er gut gefahren. Im RB11 war er mit Ricciardo gleichauf. Er hat dann zwar bei Toro Rosso (nachdem Verstappen ihn bei RBR verdrängt hat) nicht gerade geglänzt, aber diese Saison fährt er solide.
Solide ist aber nicht das, was Red Bull (momentan) reicht.
Klar, Albon ist weniger erfahren.
Klar, man riskiert Albon zu verheizen.
Doch was will man bei Red Bull? Man will einen Star. Und von einem Star erwartet man, dass man ihn in ein Top-Auto setzt und er direkt vorne mitfährt. Verstappen, Hamilton, Vettel, Räikkönen, Alonso, Leclerc ... schon in ihrer ersten oder zweiten kompletten F1-Saison saßen sie in einem siegfähigen Boliden und brauchten sich hinter ihren Teamkollegen nicht verstecken.
Wer dem Druck standhalten kann, der hat das Zeug zu einem Top-Fahrer. Wer eingeht, aus dem wird wohl nie was "großes" (z.B. Kovalainen).
Ob Albon das Zeug zu einem Star hat, das steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Aber es kann sein, dass er es auch dann genauso hätte oder nicht hätte, wenn man ihn noch ein Jahr bei STR zum "Lernen" gibt (so wie Mercedes es scheut, den eigenen Nachwuchs - Wehrlein/Ocon/Russell - ins A-Team zu holen).
Kwjat und Albon trennt nicht viel. Fehlerfrei sind beide nicht (siehe China). In Hockenheim konnten beide glänzen. Kwjat etwas glücklicher dank Boxenstop zur richtigen Zeit (er lag hinter Albon ... also war er eher der Kandidat zum Zocken). Albon, weil er nach seinen ersten F1-Kilometern im Feuchten auf Platz 4 unterwegs war und zwischendurch beinahe Hamilton kassierte.
Unterm Strich aber heißt es: Albon ist das größere Prospect.
Gemessen an seiner Erfahrung und derer bei Kwjat, darf man es durchaus eher Albon positiv anrechnen, dass die beiden auf ähnlichem Niveau unterwegs sind.
Mit steigender Erfahrung zeigt Albons Formkurve durchaus nach oben.
Bei Kwjat weiß man bei RB woran man ist. Er ist gewissermaßen das Sicherheitsnetz. Er kann gute Jahre haben (z.B. 2015) ... aber er kann auch schlechte haben (z.B. 2017).
Albon ist die Unbekannte ... und bei Red Bull hofft man darauf, dass steigende Erfahrung sich bei ihm in Erfolge ummünzt.
Die Anforderungen sind nicht zu unterschätzen. Der RB15 soll nicht gerade leicht zu fahren sein (giftig auf der Hinterachse), Gasly meinte er fühle sich nicht an wie "sein Auto", während er sich im Toro Rosso wohler gefühlt hatte. Manch Pilot kommt mit einem anderen Boliden deutlich schlechter zurecht (siehe z.B. Fisichella im Ferrari 2009).
Der Anspruch ist letztlich "besser Abschneiden als Gasly". Jener konnte nur in Silverstone überzeugen. Auf den anderen Strecken war er nicht nur zu weit von Verstappen weg, sondern auch zu weit von den Ferrari. Nach Ungarn kam dann die Frage auf "Wann ist das letzte Mal ein Pilot von Platz 5 gestartet und wurde - ohne dass es sonderliche Zwischenfälle gab (Regen/SafetyCar/etc.) - im Rennen von seinem Teamkollegen überrundet?".
Wenn Albon z.B. im Schnitt gut 0,2 oder 0,3 Sekunden im Qualifying hinter Verstappen landet, dann wär' man bei RB wahrscheinlich schon zufrieden. Wenn er in die Top5 reinfahren kann (Gasly konnte dies - abgesehen von Silverstone - nicht), dann erstrecht.
Und wenn Albon einbricht und untergeht wie Gasly? Na dann holt man nächste Saison halt Kwjat ins Team. Wie gesagt ... bei ihm weiß man ja schon woran man ist. Er ist vielleicht nicht das große Prospect ... aber er ist solide ... wenn auch nicht immer (siehe 2017 ... wie gesagt).
Klar, dann hieße es man hätte Albon verheizt. Aber dann hätte er wohl auch nie das Zeug zum Top-Star gehabt. Und Red Bull wird nie in die Situation kommen, dass man niemanden findet, der für sie fahren will.
Geht mathematisch so nicht auf.
"net total gain of two positions on lap one" = wenn man alle gewonnen/verlorenen Positionen in Runde 1 aufrechnet, kommt man am Ende auf +2:
Ah ok ... das hatte ich wohl falsch gelesen bzw. falsch verstanden