Ich sehe es eigentlich so, dass die Einführung der Dreierlinie und die damit verbundene Umstellung des Spiels jetzt komplett durchschlägt. Das klingt natürlich zunächst absurd, weil es die Linie schon seit 1979 gibt, aber wenn man die Wahrnehmung der Drei-Punkte-Linie betrachtet, hat sie erst jetzt so richtig ihr Coming-Out. Spieler wie Jordan hatten den Dreier im Repertoire, haben ihn aber nur ungerne genutzt. Giftpilz hatte das mal im Jordan-Lebron-Thread (?) zitiert, dass MJ den Wurf nicht mochte, weil er sich nicht darauf verlassen wollte (oder so ähnlich).
Nachdem nun die letzten Center der "alten Schule" (Dwight Howard sehe ich aufgrund seiner offensiven Limitierung in Sachen Post-Moves und Fußarbeit bspw. nicht mal in dieser Gruppe) ihre Karriere beenden (bei Shaq und Yao ist dies der Fall, bei Tim Duncan wird es wohl im nächsten Jahr soweit sein), sieht man nun auch schon in den letzten Draftjahrgängen, dass kaum noch ein Big Man Post-Moves im Repertoire hat. Der Trend geht eindeutig dahin, das Feld so groß wie möglich zu machen, um entweder einen offenen Drei-Punkte-Wurf zu kreieren oder Räume für einen Drive zu schaffen. Die Dallas Mavericks haben dies ja in diesen Playoffs vorgelebt: Man hat nicht einen Post-Player im Kader, aber eine Reihe potenter Schützen, die immer mal heiß laufen können. Im Idealfall sind damit 4 von 5 Positionen besetzt (bei den Mavs wären das Kidd/Barea - Stevenson/Terry - Stojakovic - Nowitzki/Cardinal bspw.), womit man das Spielfeld so groß wie möglich macht und dann durch Perimeter-Passing oder einen Cut zu guten Würfen kommt. Gäbe es die Dreierlinie nicht (oder gäbe es mittlerweile nicht eine solch große Anzahl an Spezialisten; 2010/11 haben 133 Spieler mindestens 2 Dreier pro Spiel genommen, davon trafen 92 mindestens 35%!), würde es auch weiterhin Post-Move-Center geben, da wäre ich mir sicher.
Das mache ich vor allen Dingen daran fest, dass man schaut, wie man am einfachsten zu Punkten kommen kann. Bis 1979 war dies sonnenklar: so nah wie möglich am Brett abschließen. Seit 1979 verlagert sich das Spiel von "ganz innen" nach "ganz außen", weil man nur 35% der Dreier treffen muss, um dieselbe Punktzahl zu erzielen wie mit 50% aus der Nähe. Und mittlerweile findet man knapp 100 Spieler, auf die das zutrifft. Weitaus mehr als hochprozentig abschließende Big Men. Dazu kommen noch - wie von Giftpilz richtig ausgeführt - die geringere Verletzungsanfälligkeit und auch der geringere Verschleiß.
Benötigt wird nur noch ein defensiver Center. Nicht, weil er die Post-Move-Center verteidigen, sondern die Drives der Point Guards stoppen soll. Deshalb gibt es auch weiterhin Bedarf an Shotblockern oder generell Spielern, die eine physische Präsenz darstellen, um Würfe zu verändern.
Ich kann mir fast schon nicht mehr vorstellen, dass es noch mal eine Center-Ära geben wird. Dazu müsste man die Dreierlinie wohl noch weiter nach hinten verlegen, damit es sich nicht mehr lohnt, sein Stretch-Four-System zu spielen und man wieder näher an den Korb müsste, um zu punkten.
Die ersten Ausläufer hatte man in den letzten Jahren vor allem auf FIBA-Ebene gesehen, wo einfach jeder Big, der in der NBA aus der Mitteldistanz trifft (Luis Scola bspw.) auf FIBA-Ebene locker den Dreier werfen kann und das Spacing genau so effektiv ist wie eine gute Post-Option.