Der Verein aus der zweitgrößten Stadt Deutschlands hat im Gegensatz zu dem aus der größten Stadt keinen finanziellen Druck aufsteigen zu müssen. Der HSV braucht mit anderen Worten, auch wenn es mit dem Aufstieg nicht klappen sollte, kein Stein im Brett bei der DFL, um die Lizenz für 25/26 und Stand jetzt höchstwahrscheinlich auch die Jahre danach, ohne Auflagen zu erhalten.
Das war aber nicht immer so. Zu Erstligazeiten ging man in Hamburg über Jahre komplett verantwortungslos mit dem Geld um, sonst wäre Kühne nie nötig gewesen. Im Abstiegsjahr hatte man noch einen Verlust im (niedrigen) zweistelligen Millionenbereich und die Lizenz ohne Auflagen war alles andere als sicher. Lange sah es so aus, als müsste man sich Kühne nach dem Abstieg mit Haut und Haaren ausliefern.
Zum Glück hat man sich auf der Finanzebene (Vorstand, AR) in Liga 2 komplett neu aufgestellt und endlich zur dringendst nötigen Seriösität gefunden. Und siehe da: es geht, auch als runtergerockter Traditionsverein. Die Hütte ist voller denn je, obwohl die Dauerkarten preislich auf dem Niveau des oberen Dríttels der
ersten Liga liegen (was mMn viel mit der spektakulären Tragik unter Walter zu tun hat, die Fan-Mobilisierung war nie so krass, wie in dieser Zeit - auch nicht in Liga 1). Das Stadion ist zwei Jahre vor Plan abbezahlt, so dass hier auch in Zukunft gute Einnahmen erwartbar sind. Man ist bei den Sponsoren super aufgestellt: Trikotsponsor Hanse Merkur hat gerade um 4 Jahre verlängert und dabei das Volumen von 3 auf knapp 4 Mio erhöht - auch das ist ein mittlerer Erstligawert.
Man hat in den Zweitligajahren bis jetzt ein Transferplus von 40 Mio erzielt - vielleicht zu Lasten von Ergebnissen (aber auch nur vielleicht, die echten Geldbringer waren nicht zu halten, dafür hatte man gute Weiterverkaufsklauseln bei Onana oder Kostic).
Die zwischenzeitlich angedachte Anteilserhöhung für Kühne ist weitestgehend vom Tisch, man ist auf den alten Mann einfach nicht mehr zwingend angewiesen.
Auf der wirtschaftlichen Ebene hat man beim HSV seit dem Abstieg wirklich gute Arbeit verrichtet, die durchaus Vorbild für andere Großclubs in finanzieller Schieflage, aber mit viel Potenzial sein kann.
Wenn, ja wenn da nicht das Allerwichtigste wäre: der Sport. Hätte man da die gleiche Stringenz an den Tag gelegt, wie im wirtschaftlichen Bereich, wäre man längst aufgestiegen. Aber während der eine Bereich weitgehend unbeachtet abgearbeitet werden kann, schlägt im Sport eben die Metropole mit ihrem Boulevard und all den Großmäulern und Einflüsterern doch immer wieder zu.
Boldt/Walter waren extrem nah dran, es zu schaffen. Natürlich haben sie auch viele Fehler gemacht, aber den immer wieder verpassten Aufstieg haben am Ende Springer, Mopo, Scholle etc auf dem Gewissen. Und die Verantwortlichen, die deren Druck immer wieder nachgeben.