Ich bin Bonner und daher ohnehin automatisch von Neid zerfressen und zu keinem auch nur annähernd objektiven Urteil fähig, aber ich erdreiste mich trotzdem einfach mal dazu, zu posten.
Die 99ers haben mit Obradovic, Prodanovic, Baeck unheimlich viel Basketball-Knowhow in ihren Reihen und haben sportlich in den letzten Jahren absolut überzeugt. Nicht zuletzt auch Europäisch, als einziger BBL-Klub. Jugendarbeit ist im landesweiten Vergleich außerordentlich gut. Das Sportliche hätte der Liga gefehlt, gar keine Frage. Da macht Köln einen riesen Job. Ansonsten sehe ich da nicht so viel. Klar hätte es mir Leid getan für die Fans. Genau so, wie mir die Gießener, Jenenser und vor allem Trierer Leid täten, sollten sie am Ende der Saison runter in Liga zwei müssen. Die Solidarität hielt sich anscheinend auch in Grenzen. Erst eine handvoll Leute nach Düsseldorf zur Euroleague, nun 50 Leute zur Pressekonferenz. Bei anderen Klubs wären Massendemonstrationen in der Innenstadt gestartet worden. Unterschriftenaktionen, eine Fülle von Bannern bei Heimspielen, die die ganze Arena abgedeckt hätten - von all dem hörte man aus Köln nicht. Generell ging es die letzten Jahre eher abwärts, als aufwärts, trotz der überwältigenden Erfolge. Immer weniger Geld zur Verfügung, ständig wechselnde Vereinsnamen als Zeugen einer ergebnislosen Suche nach der eigenen Identität, die schlussendlich traumatisierende Hallensituation, und natürlich das Düsseldorf-Desaster warfen schon Fragen auf, ob Bundesliga Basketball in Köln Zukunft hat. Das alles bei kontinuierlichem Erfolg wohlgemerkt. Man stelle sich mal vor, Köln dümpelt fünf Jahre lang im Mittelfeld der Liga herum.
In der Farce gestern ist der BBL natürlich der Löwenanteil zuzurechnen. Wobei hier jeder für bare Münze zu nehmen scheint, dass bei der BBL da irgendein unfähiger Praktikant vorschnell vor der eigentlichen Zustimmung zur Lizenzrückgabe seitens der BBL den Artikel ins Netz gestellt hat. Was für ein Unsinn. Ich behaupte mal, das passiert selbst der BBL in 1000 Jahren nicht. Stattdessen erscheint mir realistischer, dass die BBL alles den Vorschriften nach geregelt und den Fall bereits abgeschlossen hatte, bis plötzlich die Kölner mit ihrer Nachricht hervorschnellten, und man den Vorgang kurzerhand rückgängig gemacht hat. Juristisch sicher alles andere als einwandfrei, aber wen juckt's wenn's niemand erfährt? Ist im Prinzip aber auch Wurst. Die erste negative Presse ist bereits da, und es wird weitere Folgen.
Die Kölner sind jetzt natürlich erneut in der Hand von Privatinvestoren. Als Kölner würde ich mir da durchaus Sorgen machen. Der Kern der Gruppe ist ein Hamburger, der Rest sind Kölner, die sich den Berichten zufolge erst in letzter Sekunde zum Mitmachen überredet haben lassen. Klingt nicht sonderlich sattelfest. Übrigens auch lustig, dass der Besitzer des Domegrundstücks nun ganz plötzlich keine Wohnsiedlung mehr, sondern direkt eine neue Bundesligahalle auf das Grundstück setzen will. Wie auch immer, es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn der Hamburger mit etwas Zeit Sponsoren in der Hansestadt findet und im Sommer die Sachen packt und umzieht.
Dass den Kölner Fans jetzt erstmal alles egal ist kann ich verstehen. Das ginge mir bei meinem Verein nicht anders. Da ist doch Wurst wer da welche Fristen setzt und dann wieder doch nicht und wer am Ende in der Presse dumm da steht, hauptsache der Klub ist gerettet. Ideale Situation wäre in langfristiger Hinsicht vielleicht ein abstieg in die Pro-A gewesen. Dann das Zweitligajahr nachholen, mit gefestigter Fanbasis regulär aufsteigen, und dann langsam und solide das Thema Spitzenbasketball in Deutschland angehen. Der aktuelle Klub ist und war in den letzten Jahren ein arg zerbrechliches Gebilde. Womit ich nicht sagen will, dass das andere BBL-Klubs nicht auch sind.
Mir als Bonner ist der Verbleib natürlich mehr als Recht. Erstens bleiben die Punkte hier, Heimspieleinnahmen gehen nicht verloren, und desweiteren ist Köln immer eine nette Gelegenheit, qualitativ guten und preislich machbaren bis komplett umsonsten Playoff- und ULEB-Cup-Basketball zu sehen. Da kommen die ja in der Regel weiter als wir. Wie man Sale allerdings als Gesicht der Liga positiv hervorheben kann ist mir bei der Vergangenheit schleierhaft. Nadjfeji, McElroy, das sind Gesichter der Liga, die's auch Wert sind, aber sicher nicht Obradovic.
Edit: Dass das "jedem Verein so passieren könnte", kann ich so nicht unterschreiben. Es gibt durchaus Klubs, die sich bewusst nicht in die Fänge von Mäzenen begeben haben, und stattdessen verlässliche Sponsoren im Rücken haben. Auch die können aussteigen, aber das tun die sicher nicht von Heute auf Morgen. Aber solide Aufbauarbeit wurde in Köln noch nie groß geschrieben, stattdessen wurde der kurzfristige Erfolg gesucht. Und das hatte teilweise einfach etwas von Größenwahn. Ich hoffe man lernt daraus, aber ich bezweifle es.