Nikolaus von Horthy - Ein Leben für Ungarn
Dieses Buch hatte ich schon sehr lange lesen wollen und meine Freundin hatte es dann bei irgendeinem Antiquariat auftreiben können.
Admiral Miklós Horthy de Nagybánya hatte ein sehr bewegtes Leben gehabt. Von niederem ungarischem Adel hat er sich zum Flügeladjutanten des Kaisers Franz-Josef I und später zum letztem Oberbefehlshaber der Flotte von Österreich-Ungarn hochgearbeitet. Nach der Niederschlagung der kurzlebigen ungarischen Räterepublik war Horthy zwischen 1919 und 1944 Reichsverweser des Königreichs Ungarn, nicht ohne dabei zwei Restaurationsversuche des Hauses Habsburg zu vereiteln. Horthy hat zunächst laviert zwischen den Westmächten einerseits und dem Dritten Reich, das Ungarn Möglichkeiten eröffnete, Gebiete von Jugoslawien, der Slowakei und Rumänien zurückzugewinnen, die nach dem ersten Weltkrieg im Vertrag von Trianon abgetreten werden mussten. Zudem versprach er sich von Hitler Schutz vor der Sowjetunion. Seine prodeutsche Politik hat sich zunächst für Ungarn in Form von Gebietsgewinnen ausgezahlt, die gemeinsamen Kriegsanstrengungen gegen die Sowjetunuon endeten jedoch schliesslich katastrophal. Sein Versuch, als die deutsche Niederlage absehbar war, mit den Sowjets einen Separatfrieden zu schliessen, endete mit seiner Absetzung durch einen von Deutschland inszenierten Putsch der ungarischen Faschisten (Pfeilkreuzler).
Die letzen Jahre seine Lebens verbrachte der "König ohne Königreich/Admiral ohne Flotte" im Exil in West-Deutschland und Portugal, wo er seine Autobiografie in deutscher Sprache verfasste und verfügte, dass er erst in Ungarn zur Ruhe gebettet werden möchte, wenn der letzte russische Soldat das Land verlassen hat.
Das Buch liest sich ganz gut und bietet einen Ausschnitt von der Zeit der alten euopäischen Monarchien, die in Folge des ersten Weltkriegs zusammengebrochen sind, bis zum Ende des zweiten Weltkriegs. Es behandelt auch die Probleme mit denen die kleineren europäischen Staaten in Folge des Aufstiegs der Sowjetunion und des Dritten Reiches konfrontiert wurden, sowie die diversen ethnischen Konflikte in Südosteuropa. Ferner ist es eine einzige Anklage gegen den Vertrag von Trianon, der Ungarn im Prinzip härter getroffen hat, als Deutschland mit dem Versailler Vertrag.
Das Interessante an diesen apologetischen Werken ist für mich immer, wie die die Autoren ihre eigene Rolle bei den unmöglich zu ignorierenden historischen Fehlleistungen und Verbrechen darstellen (s. auch die Memoiren von Manstein, Dönitz, Guderian, Speer etc.). Bei Horthy drängt sich da natürlich sein opportunistisches Verhalten gegenüber dem Dritten Reich auf, was geradewegs in Ungarns Beteiligung am Angriff auf die UdSSR geführt hat. Dem Autor, der erkennbar aus einer monarchisch geprägten k.u.k Welt des 19. Jahrhunderts stammt, fällt es schwer alles schönzureden, wofür er als autoritärer Regent eines Königreiches Verantwortung getragen hat. Oftmals berichtet er über Ereignisse als eine Art Beobachter, als seien seine Mitarbeiter und Untergebenen die eigentlichen Akteure gewesen (insbesondere bzgl. des Bruchs des Nichtangriffspakts mit Jugoslawien). Er lässt dann oftmals offen, ob eine alternative Vorgehensweise möglich gewesen wäre und was er, der Regent, dazu hätte beitragen können.
Im Kern läuft es hingegen meist darauf hinaus, dass Ungarn, spätestens nach dem Fall von Frankreich, keine wirksame Unterstützung von den Westmächten hätte bekommen können und er schon seit dem Münchner Abkomen immer wieder vor der Wahl stand, die zweifelhaften "Geschenke" des böhmischen Gefreiten anzunehmen und dafür entsprechende Gegenleistungen zu erbringen, oder alleine der Sowjetunion gegenüberzustehen. Zudem hätten die Deutschen immer die Pfeilkreuzler in der Hinterhand gehabt, sollte er (Horthy) ein zu schwieriger Partner werden. Er habe daher getan was möglich war, um Schlimmeres zu verhindern, sich dem deutschen Einfluss jedoch unmöglich völlig entziehen können.
Immer wieder kommt durch, dass dem Autor schon klar ist, dass sein persönlicher, altertümlicher Ehrbegriff von seinem politischen Handeln in Frage gestellt wird. Er versucht das dann ein wenig dadurch auszugleichen, in dem er darstellt, dass er Hitler, diesen wenig kultivierten Mann vom anderen Ende des gesellschaftlichen Spektrums, im persönlichen Gespräch durchaus klare Ansagen gemacht habe. Die Sachzwänge, bis hin zu Bedrohungen seiner Familie, hätten seinen Spielraum gegenüber Deutschland jedoch stets eingeschränkt.
Zwischen den Zeilen ist erkennbar, dass er eine gewisse Mitverantwortung für den für Ungarn so katastrophalen Krieg und die folgende sowjetische Besatzung einräumen muss, bzgl. des Holocausts weist er jedoch jedwede Mitverantwortung von sich. Das sei zwar alles bedauerlich, aber daran seien nur die Deutschen und die Pfeilkreuzler schuld.
Einerseits war das Buch sehr interessant, gerade auch was Horthys Leben in der kuk Monarchie vor dem ersten Weltkrieg angeht. Im Gegensatz zu manch anderem apolgetischen Machwerk, war es aber auch enttäuschend, da Horthys Kampf gegen Hitler (und Stalin) zuweilen nur auf die Ebene persönlicher Eitelkeiten abgleitet, und er viel zu intelligent scheint, um zu glauben, der Leser würde ihm die völlige Absolution erteilen, nur weil er kultivierter und gebildeter ist. Imho spricht daraus eine Menge Enttäuschung über sich selber, dass er, als Vertreter der alten Ordnung, den modernen brutalstmöglichen Diktatoren nicht viel entgegenzusetzen hatte.
Horthy galt in Ungarn während dem Kommunismus als Nazis-Kollaborateur. Später dann als eine Art nationalkonservatives Fossil, das mit seiner kurzsichtigen revanchistischen Politik Ungarn in eine Katastrophe geführt hat. Unter Viktor Orban wurde Horthy weitgehend rehabilitiert. Orban sieht ihn als Retter des Vaterlands nach dem Zusammenbruch im ersten Weltkriegs und Bollwerk gegen die Sowjetunion.