Ich will dann auch mal. Ich hab „Backspacer“ spontan gekauft, nachdem ich das Album mal im Musikladen angespielt hab und mich der erste Eindruck echt vom Hocker gehauen hat. Wirklich toll, daß Eddie Vedder und Co nach so vielen Jahren noch immer so tolle Musik abliefern.
Der Beginn des Albums läßt jedenfalls kaum Zeit zum Verschnaufen. Stimmlich hätte auch Kurt Cobain den Opener „Gonna See My Friend“ nicht stimmiger hinbekommen können – ein sehr ordentlicher Einstieg mit Dynamik und Eingängigkeit. Es folgt „Got Some“, für mich mit Abstand der Überdrübersong auf dem Album! Bei Vedders ersten Zeilen fühlt man sich noch an die Killers erinnert, aber nachher stimmt hier einfach alles, von der flotten Basslinie bis zu Vedders stimmigem Gesang – perfekt! So erinnern Pearl Jam gar ein wenig an Black Stone Cherry. Apropos „klingen wie“ – was auf „Got Some“ folgt, ist eine meiner bizarrsten Musikerlebnisse der letzten Jahre, denn die drei darauffolgenden Songs sind für mich nichts anderes als Referenzen, und zwar nicht etwa an Allzeitgrößen, sondern an derzeit mehr oder weniger erfolgreiche Bands und Musiker. Ich mag mich hier auch täuschen, aber das ist einfach mein Eindruck. Ich weiß nicht, wie bewandert Mr Vedder mit deutschen Bands ist, aber „The Fixer“ könnte auch eins zu eins auf einem Beatsteaks-Album vertreten sein, vor allem beim Beginn. „Johnny Guitar“ fühlt sich dann haargenau an wie ein Foo Fighters Song, sowohl von den Gitarren als auch von der Dynamik her. Die erste Ballade, „Just Breathe“, ist dann genau die Art Song, die auch bei Millencolin-Frontmann Nikola Sarcevic auf seinen Soloalben wie Pilze aus dem Boden schießen. Auch die stimmliche Ähnlichkeit ist hier frappierend. Wen die Ähnlichkeit zu anderen Künstlern nicht stört, wird aber sicher auf seine Kosten kommen.
Der Midtempo-Song „Amongst the Waves“ erinnert mich dann gar an die hierzulande gänzlich unbekannte Band Carbon Leaf, aber ich will ja nicht übertreiben mit den Querverweisen. Das mit nur vier Minuten Spielzeit bereits längste Stück „Unthought Known“ schlägt in eine ähnliche Kerbe, ehe „Supersonic“ richtig schön abgeht und aufs Tempo drückt, dabei aber immer eingängig und überschaubar bleibt – genau die Art Song, wie ich sie von Pearl Jam anno 2009 erwarte. „Speed of Sound“ hält nicht, was der Name verspricht, denn es handelt sich um eine von Piano begleitete Ballade – Speed hat da rein gar nichts. Nett, aber für mich etwas belanglos. „Force of Nature“ gefällt da schon besser und würde sich als Radiosong in den USA sicher ganz hervorragend schlagen. „The End“ steht natürlich am Ende und ist natürlich eine mit Streichern versetzte Ballade, die mich nicht ganz vom Hocker gerissen hat. Vedder klingt mitunter hier etwas weinerlich und schrammt nur minimal am Kitsch vorbei.
Pearl Jam liefern hier einen sehr starken Output ab, vor allem in der ersten Hälfte. Auch nach fast zwanzig Jahren im Rampenlicht ist Pearl Jam weiterhin interessant und bereit, gewisse Risiken einzugehen. Reinhören lohnt sich auf jeden Fall. Einen Bonus verdient übrigens die schöne Aufmachung und das originelle Artwork, auch wenn ich’s nicht ganz verstanden habe
8/10
Anspieltipps: Got Some, Gotta See My Friend, Supersonic, Johnny Guitar, The Fixer