Neurotisch oder schwul?
Klar, er war ein Sonderling. Aber eben immer auch ein Profi. Vielleicht sogar mehr als alle seine Kollegen. Er hat immer gewusst, was gut für ihn ist, was er braucht, um seine Bestleistung abzurufen. Wo seine Mannschaftskameraden nach den Spielen noch um die Häuser zogen, ging er früh zu Bett. Wo seine Mitspieler mit sexuellen Ausschweifungen für Schlagzeilen sorgten, blieb er seiner Melanie treu. Gerade mal zwei Freundinnen hatte er in seinem Leben, und das lag nicht am mangelnden Interesse der Damenwelt. Während andere Fussballer rauchten und soffen, ernährte er sich sehr bewusst. Viel Gemüse, viel Rohkost, wenig Fleisch.
Uli Hoeness hat getobt, als er davon erfuhr. Das war 1994 im Agrarstaat Bayern, bei einem Volk, das dann am meisten bei sich ist, wenn es irgendetwas auf den Grill spannen kann. Einen Ochsen, eine Wildsau, in der Not auch nur ein Ferkel. Vegetarier jedenfalls waren damals entweder neurotisch oder schwul. «Ein Spieler, der kein Fleisch isst, kann auf dem Platz keine Leistung bringen», dröhnte Manager Hoeness, der ja wissen muss, wie sehr der Fussball mit dem Fleisch zusammenhängt. Immerhin hatte Hoeness nach seiner Sportkarriere in Nürnberg eine erfolgreiche Wurstwarenfabrik aufgebaut. Sutters Ernährung führte zur Machtprobe bei Bayern München. Sutter gegen Hoeness. Sutter weigerte sich, mehr Fleisch zu essen. Da sass er halt auf der Bank.
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