Im Thread zu Sturm vs. Sato hat treize was sehr interessantes geschrieben:
Im boxrec-Forum stand heut' Folgendes, zu dem Kampf:
"Germany is basically approaching boxing the way Germans approach most things (it's a generalization, but true, I think): with great efficiency, dedication, and precision. Taking risks, displays of emotional passion are simply not part of the German character: they want the drama of a fight, but at the same time they want to guarantee the win. I've observed this over many years, and I believe that there will never be an all-or-nothing, blood & guts boxing culture in Germany."
Ich seh' das ähnlich...
Ich denke auch, dass da was dran ist. Und so gesehen machen die einseitigen Kommentare von Ploog & Konsorten sogar Sinn. Es geht nicht um spannende Kämpfe, es geht darum, schön kontrolliert Helden abzufeiern. Das ganze ist nicht auf guten Boxsport zugeschnitten, sondern auf gute Boxer (was natürlich ein gewaltiger Unterschied ist!). Meine persönliche Theorie ist, dass dieses System in den Anfangszeiten des Boxens als Breitensport im Fernsehen etabliert wurde und sich seitdem kaum weiterentwickelt hat. Anfang der Neunziger war es sicher nachvollziehbar, erst mal einen Henry Maske aufzubauen und alles auf ihn zuzuschneiden. Der deutsche Boxsport lag vor ihm doch ziemlich am Boden, hatte einen schlechten Ruf, und die Zuschauer mussten sich erst reinfinden und dafür begeistert werden. Aber dieses "Maske-System" (das geht jetzt nicht gegen Henry persönlich) wurde einfach beibehalten. Irgendwann trat er ab, und andere wurden hochgepusht. Und im Prinzip hat sich bis heute daran weder in Sachen Matchmaking, noch in der medialen Aufbereitung wirklich viel geändert. Immer noch sind die Überlegenheit und der möglichst saubere Kampfrekord scheinbar die beiden wichtigsten Qualiätsmerkmale für einen Fighter. Und dafür braucht man halt die Alcobas und Satos dieser Welt und einen Ploog, um diese Grütze als Heldenleistungen zu verkaufen!
Inzwischen fällt es mir auch schwer zu verstehen, warum es so wenig Widerstand gegen dieses System gibt. Was ist spannend daran, wenn Sturm einen völlig überforderten Gegner sieben Runden lang demütigt? Was wir am Samstag gesehen haben, war das boxerische Equivalent zu einem Sieg der deutschen Nationalmannschaft über Liechtenstein. Aber während beim Fußball der Gegner genau so gesehen (und vom Fernsehen kommentiert wird), wie er nun mal ist, läuft es beim Boxen genau andersrum, und das obwohl inzwischen im Fernsehen fast mehr Boxsportveranstaltungen gezeigt werden als Fußballspiele! Aber ein fachkundiges Sportpublikum muss man sich eben auch "erziehen". Zumindest in diesem Punkt hat Ploog am Samstag auf voller Front versagt.
Man sollte aber auch mal sagen, dass der Mann nicht immer so schlimm ist. Ich halte sowieso das Matchmaking für das wesentlich größere Problem. Ploog kann man akzeptieren, wenn er andere Kämpfe (außer Sturm) kommentiert. Er ist nicht wirklich gut, aber man muss den Mann jetzt auch nicht hinstellen, als wäre er bei jeden Kampf der absolute Vollidiot. Ich fand ihn bei den letzten Fights, die er kommentiert hat, teilweise ganz in Ordnung.
PS: Der Goebbels-Vergleich geht natürlich gar nicht. Ich muss aber zugeben, dass mir spontan der Gedanke kam, wie der Reichpropagandaminister wohl einen Boxkampf kommentiert hätte. Vielleicht so: Der Heimboxer hängt schon schwer in den Seilen, ist kurz vorm K.O., und Goebbels brüllt noch ins Mikro: "Wollt ihr den totalen Kampf?"