Macht die Bundesliga in ihrer derzeitigen Form noch Sinn?
Geht man diese Frage mal rein rational an, kann man sie ruhigen Gewissens mit einem klaren JA beantworten. Die Meisterschaft ging in den letzten 10 Jahren an den selben Verein und wird vermutlich mit den jetzigen Bedingungen auch in den kommenden 30 Jahren zu 98% an den FC Bayern gehen, aber trotzdem ist das Interesse an der Bundesliga (und auch 2. und 3. Liga) von Fanseite weiterhin vorhanden. Ich zähle mich dort seit geraumer Zeit nicht mehr zu, aber im Freundes- und Bekannteskreis hat sich dort in den letzten Jahren wenig verändert. Gerade auch diejenigen, die mit abgestürzten Traditionsvereinen mitfiebern, sind nach wie vor voll dabei, obwohl natürlich die Gnadenlosigkeit dieses Geschäft mit daran "Schuld" ist, dass sie nur noch 2. oder 3. Liga-Fussball geboten bekommen. Die Aussicht auf bessere Zeiten eher gering, Meisterschaftsträume ausgeschlossen. Juckt aber kaum einen. Die Liga läuft trotzdem, trotz völliger Langeweile an der Spitze. Und solange das Interesse daran bestehen bleibt, wird sich an den Grundbedingungen auch nicht ändern.
Und sind wir mal ehrlich: So einfach ist es ja auch gar nicht, an den jetzigen Zuständen was zu ändern. Bayern weniger, der Rest mehr = Mehr Abwechslung / Spannung, das ist die Rechnung. Aber wenn man wirklich bundesligaweit bereit wäre, etwas zu verändern, dann stände doch bei allen Vereinen erstmal der Status quo auf dem Spiel. So groß der Abstand vom BVB oder Leipzig zu Bayern auch ist, auch nach hinten hat man ein gutes Polster, welches trotz Unterperforming immer noch für die CL Qualifikation reicht. Wenn man wirklich Veränderungen wollte, würden auch Risiken bestehen, vielleicht abzurutschen und eben nicht nach vor e aufzuschließen. Und so zieht sich das doch von oben nach unten, durch alle Profiligen. Veränderungen bringen auch Risiken mit sich, mehr zu verlieren als zu gewinnen. Und da schlucken viele eben lieber die langweilige Meisterschaft. Die Verantwortlichen sowieso, die machen auch so gutes Geld (wenn auch weniger als bei den Top Vereinen natürlich). Und ob die breite Masse der Zuschauer ebenfalls.
Abgehen davon kann man natürlich damit argumentieren, dass die heutigen Zustande ja nicht durch Betrug, Gewalt usw. Zustande gekommen sind, sondern lediglich das Resultat der vergangen 50 - 60 Jahre sind. Fast alle haben mal klein angefangen. Gut, den Osten lassen wir mal außen vor, die Vereine dort gehörten ja lange zu einer anderen Nation und hatten andere Voraussetzungen. Aber der Rest ... Bayern hatte eine goldene Generation als Spieler, aber eben auch fähige Leute, die geliefert haben, im Gegensatz zu denen anderer Vereine auch großen Städten. Hamburg lässt da besonders grüßen. Und vergessen wir nicht, bis Anfang des zweiten 2000er Jahrzehnts waren 3 Meisterschaften in Folge das höchste der Gefühle, was die Bayern kannten. Auch in der CL war man mehr oder weniger unbedeutend geworden. Ein Finale war viele Jahre undenkbar. Bis 2010 dann angezogen wurde ...
Klar kann man auch immer argumentieren, dass Bayern seinen Vorsprung in einer Zeit erarbeitet hat, als es einfacher. Heute ist es brutal, ohne potenten Sponsor im Rücken schnelle Sprünge zu machen. Wenn du als Verein mal eine sensationelle Saison spielst, sind viele Leistungsträger im kommenden Jahr weg und dann muss die Arbeit von vorne beginnen. Das ist "brutal". Aber wie gesagt, Bayern hat eben zur richtigen Zeit geliefert, um in eine andere Kategorie zu fallen. Und den Erfolg erntet man nun.
Und die Verfolger der Bayern holen eben auch nicht das aus sich raus, was möglich wäre. Gerade auch von meinem "Ex-Verein", dem BVB, war in da in den Jahren nach der Klopp Äre enttäuscht. Schon die Trennung von Klopp kam mMn ein Jahr zu spät. Die damaligen Nachfolger von Lewandowski, Immobile und Ramos, waren sehr schlecht investiertes Geld. Gerade auch der Italiener, der ja reihenweise Tore schießen kann, passte nicht zum BV und seinem Spielsystem. Die Abwehr war seit den großen Jahren mit den 2 Meisterschaften und dem CL Finale nicht mehr sattelfest. Einen in die Jahre gekommenen Hummels hat man zurückgeholt, der aber keine Stabilität mehr bringt. Die Trainerwahl erinnerte an das Motto "Irgendwie wie Klopp", aber eine Kopie dieses Supertrainers gibt es eben nicht. Emotional soll er sein, begeisternden Offensivfussball bieten, aber auch die Abwehr dicht bekommen. Und das mit vielen jungen Spielern, die Talent haben, aber wenig Erfahrung. Und einem Reus als Kapitän, der in wichtigen Spielen meist abtaucht. Da hat einfach vieles nicht optimal zusammengepasst, obwohl die Kader vom Potenzial her stärker waren als 2011 oder 2012. Dazu die vielen Trainerwechsel. So kann man einen ohnehin überlegenen Gegner nicht gefährden. Kontinuität auf der Trainerbank, eine klare Strategie seitens der Vereinsführung + das notwendige Glück. Aber das alles passte eben nicht. Unter Favre war man ja sogar recht nah dran. Gerade unter dem Trainer, der eigentlich nicht zum BVB passte. Aber fehlende mentale Stärke, besonders gegen kleine Gegner, gegen die Siege eingeplant waren, haben am Ende den Titel gekostet. Nicht nur die Stärke der Bayern!
RB Leipzig hatte nach dem Aufstieg starke Jahre, die Entwicklung ging eigentlich kontinuierlich weiter. Die erzwungenen Abgänge sind sicher der Hauptgrund für die Stagnation. Aber wohl nicht nur. Der Ami letzte Saison, der nicht mal die Hinrunde überstanden hat (?), was z.B. ein echtes Missverständnis. Und wenn man ohnehin unterlegen ist, tun solche Fehlgriffe mehr weh als bei den Bayern.
Leverkusen ist leider auch seit Jahren der Inbegriff von fehlender Konstanz. Auch hier: Mit geringeren Mitteln ist es natürlich schwerer. Aber trotzdem ist man besser als viele andere Bundesligisten. Die Meisterschaften werden nicht in den direkten Duellen verloren. Gegen sogenannte Kleine verliert man zu viel.
Und zu guter Letzt darf man natürlich auch nie die BL im Vergleich zu den anderen relevanten Ligen in Europa vergessen. Wenn du Bayern schwächst, sind deutsche Vereine in der CL mehr oder weniger irrelevant, was den Titel angeht. Will man das?! Wohl kaum. Bayern ist ein Zugpferd der BL, auch wenn sie den Rest dominieren. Alleine schon deswegen wird man sich gut überlegen, ob Umverteilung Sinn macht ...
Was ich mir wünschen würde, um wieder Interesse am Profifußball zu bekommen? Natürlich utopisch, aber man müsste europa- oder idealerweise weltweit zum Ergebnis kommen, dass die Schraube mal wieder etwas nach unten gedreht wird. Spieler wechseln mittlerweile von einem Top Verein zum nächsten und der Berater giert am liebsten schon nach dem nächsten Transfer, um sich selber die Taschen voll zu machen. Das ist doch nicht mehr gesund. Warum wurde denn ein Uwe Seeler nach seinem Tod so gefeiert?! U.a. doch auch deswegen, weil er für Werte stand, mit denen sich viele identifizieren können. Z.B. seine Vereinstreue zum HSV. Aber auch einige Fans sollten mal überdenken, wie sie mit Misserfolg ihres Vereins umgehen. Sobald es mal mehrere Niederlagen gibt, brodelt der Kessel schon. Ist eher eine kleine Gruppe, aber Beschimpfungen usw. sind doch nach wie vor Alltag. Dabei gehört Misserfolg genauso wie Erfolg zum Sport dazu. Wenn man so mit Spielern umgeht, kann man von denen nichts anderes als Söldner Mentalität erwarten. Und bei der nächstbesten Gelegenheit gehen sie zum FC Bayern ....
(oder in anderen Ligen zu Real, City, Juve, PSG usw.)