Nachbetrachtung zu Hansa vs St.Pauli


JL13

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Ich hoffe, du meinst das nicht ernst.
Denn ich schätze dich nicht so ein, dass du die "unpolitischen" (sprich rechten) Fans von Hansa, den bisweilen etwas heuchlerisch auftretenden FC St. Pauli vorziehst. Hoffe ich zumindest...
Und ja, der Fall Biermann und wie das gelaufen ist war zum kotzen und ich hätte mir auch einen besseren Umgang gewünscht.

Nein, so natürlich nicht. Vor allem nicht wenn die Dinge sich vermischen.

Beispiel 1: Nehmen wir an, die Causa Biermann hätte es so nicht gegeben. Ich wär Profifussballer im Jahre 2022, der mit Depressionen kämpft.

Wäre ich bei RB unter Vertrag, käme ich nie auf die Idee mich zu outen. Das ist die Fussballabteilung eines Konzerns, der wirklich mit allem nach Aussen zeigt „hier zählen die Zahlen und wenn du nichts zu Gewinn und Umsatz beiträgst, raus hier.“

Bei St. Pauli (wie gesagt ohne das Wissen des Falles Biermann) könnte ich mir vorstellen mich zu outen. „Komm, die sind nicht so drauf, wie die meisten Vereine in Profifussball. Dort spielst du als Mensch noch eine Rolle. Wo willst du dich outen können, wenn nicht bei denen?“ Das wären vermutlich meine Gedanken, anhand dessen wie man sich bei Pauli präsentiert.

Wenn ich dann im 2. Fall so in den Hammer reinspaziert wäre wie Biermann, ja da wäre mir RB lieber. Zwar nicht schön, dass ich mich dort nicht hätte outen können, aber ich müsste es im Nachhinein nicht bereuen, es getan zu haben. Weil dort nicht viel dafür sprach, dass ich grosse Menschlichkeit erfahren würde.

Beispiel 2: Muss ich bisschen anders formulieren, weil sonst ein falscher Eindruck entsteht. Ich seh bei Pauli sicher kein Nazi-Problem wie bei vielen anderen Clubs. Unter anderem unter diesen Hansa-Leuten mit den Lichtenhagen-Transparenten. Pauli hat einfach für meinen Geschmack und für die Tatsache, dass sie gern Moralapostel spielen, es etwas übertrieben mit Relativierung und Schönreden eines Nazis.

Deshalb spreche ich jetzt für das fiktive Beispiel nicht mehr von Pauli, sondern von Hansa und einem fiktiven Verein B.

Bei ersteren habe ich Leute mit so Transparenten. Zweite haben vordergründig nichts Derartiges. Ja, was die politische Einstellung angeht bevorzuge ich da auf jeden Fall zweitere.

Aber dann mache ich eben um die erste Fangruppeneinen weiten Bogen. Mit der zweiten gehe ich vielleicht mal an ein Spiel und merke: „hoppla, die geben sich da vielleicht unpolitisch, aber da sind viele Rechte mit an Bord.“ Ja, da ist es mir lieber, dass ich die einen Flachzangen sofort als solche erkennen konnte und nichts mit ihnen zu tun haben musste, statt wie bei zweiter Gruppe bisschen hinterhältig in ein Milieu reingezogen zu werden, wo ich definitiv nicht sein will.

Hoffe ist halbwegs verständlich. Musste da bisschen aufpassen mit der Formulierung. Denn bei aller Antipathie für Pauli, möchte ich sie dann auch nicht in ein Licht rücken, wo sie dann wirklich nicht hingehören.

Der Verein und Umfeld würden halt oft gut daran tun, bisschen bei der Kritik anderer runterzuschalten, weil sie bei Gott nicht alles richtig machen. Müssen sie auch nicht. Wir sind alles Menschen mit Fehlern, die manchmal mächtig Mist bauen können. Es ist aber sympathischer wenn man dazu steht, als darauf zu beharren, dass man ja eigentlich doch perfekt ist, auch wenn die Tatsachen etwas Anderes sagen. Und deshalb auch dieses etwas alte Beispiel. Zeigt, dass man tatsächlich auch bei Pauli Fehler machen kann.

Edit: Natürlich gibt es auch neuere Dinge, die man kritisieren kann. Aber Under Armour als Ausrüster spielt halt für mich nicht in einer Liga wie „Dem Nazi-Willy-sein-Stadion“. Auch wenn das zB ein frischeres Beispiel wäre von „Wasser predigen und Wein saufen“
 
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Hans A. Jan

zu gut für die 3. Liga
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Das mit Lichtenhagen wusste ich nicht, hatte ich noch nie gesehen (Aber auch nie hingeschaut.)
Ich bin mal auf die Ermittlungsergebnisse gespannt. Beim HSV war der DFB meines Wissens ja nicht so präsent. Vielleicht sollte man als Verein einfach nur standardisierte Winkelemente erlauben.
Hing sonst in 26 A. Über 10 Jahre schon. Relativ abseits der üblichen Kameraschwenks.
 

MS

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Sehe jetzt erst die Banner der Hansa Fans. Wie geil entlarvend ist bitte der grammatikalisch falsche homophobe Spruch hahahahahaha. Lizenzentzug und dann bitte irgendwo auf Hinterhöfen in der 7. Liga weiter zündeln.
 

John Lennon

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Nach über 10 Jahren vielleicht mal das Plakat mit dem man einem Pogrom "gedenkt" aus dem Block entfernen, wäre ja mal ein Anfang.
Dass das schon so lange da hängt, sagt mehr über den Verein und seine Fans im Block aus, als alle billigen Provokationen gegenüber St.Pauli zusammen.

Das Banner ist unpolitisch. :belehr:

Kann man bei sportforen eigentlich auch Frakturschrift einstellen?
 

JL13

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Wieso fragst du?
 

Shakey Lo

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Und ja, das Stadion wurde umbenannt. Aber eben nicht ohne Proteste, Rücktritte und mit dem Fuss aufstampfen. Bisschen dürftig für den Verein, der die Menschenrechte erfunden hat und in dem nur perfekte Menschen unterwegs sind.



Quelle

Bei einem Verein, der sich für so moralisch integer hält, wie St. Pauli ,sollten doch bei 225 Anwesenden mindestens 230 Stimmen für die Umbenennung zusammenkommen.

Was genau macht es btw für die Nachfahren der jüdischen Mitbürger für einen Unterschied, deren Unternehmen Koch übernommen hat, ob er das jetzt mit Bereicherungsabsicht getan hat, oder ob er einfach die Gunst der Stunde genutzt hat? Wenn man böse sein will, könnte man sagen, dass das Relativierung der Arisierungspolitik ist. Man kann natürlich auch pingelig auf Begriffsdefinitionen bestehen und sagen "halb so wild". Ändert nichts an der Tatsache, dass die jüdischen Vorbesitzer ihr Unternehmen los waren und er damit reich wurde. Seine Intention dahinter ändert nur den Grad WIE problematisch das ist, aber nicht OB es problematisch ist.

Ich finde, dass du bei der Sache mit dem Stadionnamen sehr, sehr kritisch bist. Wir reden hier von den Neunzigern - einer Zeit, in der die wirkliche Aufarbeitung der NS-Geschichte immer noch in den Kinderschuhen steckte. Dafür war der FC St.Pauli relativ früh dran und hat das dann ja auch durchgezogen mit der Umbenennung des Stadions, auch gegen internen Widerstand.

Eine Aufarbeitung der NS-Zeit beim FC Bayern beispielsweise wurde erst vor 4 Jahren gestartet (das nur exemplarisch, weil dein kritisierter St.Pauli-Gutachter auch hierbei federführend war ;) Nichts gegen den FC Bayern an der Stelle).

Bei Leverkusen gibt es beispielsweise immer noch das Ulrich-Haberland-Stadion, dessen Name 1998 einfach nur von den Profis zum Stadion der U19 (bzw. der Frauenabteilung) verschoben wurde.

Unabhängig vom Fußball gibt es auch zB immer noch die Hanns-Martin-Schleyer-Halle, die erst mit dem Neubau im Jahr 2024 (!) den Namen ändern wird. Wie viele Straßen in Deutschland noch nach Nazis benannt sind will ich gar nicht wissen.

Bei der Sache mit Andreas Biermann stimme ich dir im Großen und Ganzen zu, das hat der Verein damals nicht wirklich zufriedenstellend gelöst. Man muss aber auch dazu sagen, dass Biermann alles in allem kein etablierter Zweitliga-Spieler war (ganze 10 Spiele, wenn ich das richtig sehe) und auch erst seit einem Jahr bei St.Pauli spielte, als er sich öffentlich zu seinen Depressionen geäußert hat. Der Verein hat jetzt also auch keinen jahrelang verdienten Spieler aufgrund von Depressionen gecancelled - er war schlicht und ergreifend einfach nicht in der Lage, aufgrund seiner persönlichen Umstände im Profibereich Fuß zu fassen. Hätten sie ihn mehr unterstützen können? Ja, es wäre ein tolles Zeichen gewesen, gerade für einen Club mit dem Anspruch vom FC St.Pauli. Aber wirklich versagt (im Sinne von "an den Pranger stellen") haben sie auch nicht. Es war einfach in dem Fall ein tragisches Einzelschicksal.

Alles in allem: Ja, der FC St.Pauli lebt von seinem linken Image und nutzt das manchmal mehr oder weniger geschickt zu Marketing-Zwecken. Dafür kann man den  Verein sicherlich öfter kritisieren (Under Amour hast du ja auch erwähnt), aber es bleibt trotzdem festzuhalten dass die  Fankultur und deren politische Haltung im (Profi-)Fußball mehr oder weniger einzigartig und aus meiner Sicht sehr lobenswert ist. Respekt für die Menschen, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit engagieren, und das schließt die Anhängerschaft von St.Pauli mit ein. Also ja, 1000mal lieber solche Fans als die braune Sch...., die in anderen Fankurven so unterwegs ist.
 

JL13

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Ich finde, dass du bei der Sache mit dem Stadionnamen sehr, sehr kritisch bist. Wir reden hier von den Neunzigern - einer Zeit, in der die wirkliche Aufarbeitung der NS-Geschichte immer noch in den Kinderschuhen steckte. Dafür war der FC St.Pauli relativ früh dran und hat das dann ja auch durchgezogen mit der Umbenennung des Stadions, auch gegen internen Widerstand.

Es würde ihnen halt nicht schlecht zu Gesicht stehen, wenn man mal durchatmen würde und nicht permanent so selbstgerecht auftreten. Dazu reicht halt ein Blick in die eigene Vergangenheit, um zu sehen: "Hey kommt, wir sind alle nicht perfekt. Lief bei uns auch nicht alles immer super und auch wir haben schon Mist gebaut." Wenn man das Image des unfehlbaren Moralapostels tragen will, fliegen einem solche Dinge halt um die Ohren.

EDIT: Bestes Beispiel die Ankündigung von Pauli, dass sie an der EM 2024 keine Teams am Millerntor-Stadion trainieren dürfen, die nicht zu den Werten und Zielen des Zweitligisten passen. Finde ich als Massnahme übertrieben, aber gut.* Darum geht es nicht. Dass man das jetzt so laut kommunizieren musste, obwohl niemand gefragt hat und es auch sonst keinen Anlass gab, damit anzukommen, war für mich einfach wieder so eine Selbstinszenierung als der Leuchtturm der Moral. Da kann ich dann halt nicht anders, als zynisch: "Jawoll, keine Teams aus rechtsradikalen Autokratien in der Heil-Hitler-Arena."

Bei der Sache mit Andreas Biermann stimme ich dir im Großen und Ganzen zu, das hat der Verein damals nicht wirklich zufriedenstellend gelöst. Man muss aber auch dazu sagen, dass Biermann alles in allem kein etablierter Zweitliga-Spieler war (ganze 10 Spiele, wenn ich das richtig sehe) und auch erst seit einem Jahr bei St.Pauli spielte, als er sich öffentlich zu seinen Depressionen geäußert hat. Der Verein hat jetzt also auch keinen jahrelang verdienten Spieler aufgrund von Depressionen gecancelled - er war schlicht und ergreifend einfach nicht in der Lage, aufgrund seiner persönlichen Umstände im Profibereich Fuß zu fassen. Hätten sie ihn mehr unterstützen können? Ja, es wäre ein tolles Zeichen gewesen, gerade für einen Club mit dem Anspruch vom FC St.Pauli. Aber wirklich versagt (im Sinne von "an den Pranger stellen") haben sie auch nicht. Es war einfach in dem Fall ein tragisches Einzelschicksal.

Da kann ich das von mir hier gepostete nur wiederholen. Biermann hat sich ja offensichtlich damit abgefunden, dass es im Profibereich aus diversen Gründen nichts mehr wird. Und hat sich ja anerboten, für die zweite zu kicken und daneben auf der Geschäftsstelle und als Juniorentrainer zu arbeiten. Und dann kam die Antwort "ja gerne, aber doch nicht etwa für Geld?" Und für einen Verein, der solche Werte nach aussen propagiert, ist das mit "armselig" noch sehr harmlos umschrieben. Das wäre jetzt wirklich eine hilfreiche Lösung gewesen. Er hätte kicken können und sich das Geld mit sonstigem Engagement im Club verdient. Pauli fand es jetzt geschickter, jemanden in seiner Lage vor die Tür zu stellen. "Musst du selbst klarkommen, wenn dir Lohn unter Hartz IV Niveau nicht reicht." Das fände ich auch bei Vereinen schwach, die sich nicht solche Moralvorstellungen auf die Brust schreiben. Aber bei St. Pauli hinterlässt das schon einen verdammt bitteren Nachgeschmack.

Alles in allem: Ja, der FC St.Pauli lebt von seinem linken Image und nutzt das manchmal mehr oder weniger geschickt zu Marketing-Zwecken. Dafür kann man den  Verein sicherlich öfter kritisieren (Under Amour hast du ja auch erwähnt), aber es bleibt trotzdem festzuhalten dass die  Fankultur und deren politische Haltung im (Profi-)Fußball mehr oder weniger einzigartig und aus meiner Sicht sehr lobenswert ist. Respekt für die Menschen, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit engagieren, und das schließt die Anhängerschaft von St.Pauli mit ein. Also ja, 1000mal lieber solche Fans als die braune Sch...., die in anderen Fankurven so unterwegs ist.

Kann ich so ja ziemlich unterschreiben. Ich habe ja gesagt, dass ich einen Verein geil fände, der das ist, was St. Pauli zu sein glaubt. Es sind mir zu häufig Dinge dabei, wo ich denke "echt jetzt". Und ja, die Enttäuschung ist halt bei so einem Verein grösser, als bei anderen 08/15-Clubs. Wenn mir jemand, der sich als Integrationshelfer engagiert, plötzlich mit Klansman-Kutte über den Weg läuft, dann habe ich auch grössere Fragezeichen, als wenn es ein Höcke macht. Da würde ich auch nur denken "ist jetzt nicht soooo richtig überraschend". Wenn man mehr als ein 08/15-Fussballclub sein will (von der Idee her sehr begrüssenswert), dann kann man nicht mit "ja bei anderen spielt das auch keine Rolle" Kritik wegwischen.

Damit könnte Sportforen neue Mitglieder anziehen :saint:

Körperertüchtigungsforen :belehr: Wenn schon, denn schon.
 
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Shakey Lo

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Es würde ihnen halt nicht schlecht zu Gesicht stehen, wenn man mal durchatmen würde und nicht permanent so selbstgerecht auftreten. Dazu reicht halt ein Blick in die eigene Vergangenheit, um zu sehen: "Hey kommt, wir sind alle nicht perfekt. Lief bei uns auch nicht alles immer super und auch wir haben schon Mist gebaut." Wenn man das Image des unfehlbaren Moralapostels tragen will, fliegen einem solche Dinge halt um die Ohren.

Ich finde es schwierig, wenn man an bestimmte Menschen und Organisationen kritischer betrachtet als alle anderen. Ja, St.Pauli ist nicht perfekt (haben sie das irgendwo so gesagt oder ist es einfach nur deine pissige Stimmung wenn du deren Namen hörst?), aber sie sind alles in allem nicht so peinlich wie andere Clubs und engagieren sich seit Jahren gegen Rechts. Wer einen höheren Maßstab hat sollte diesen vielleicht nicht im Profifußball anlegen.

Da kann ich das von mir hier gepostete nur wiederholen. Biermann hat sich ja offensichtlich damit abgefunden, dass es im Profibereich aus diversen Gründen nichts mehr wird. Und hat sich ja anerboten, für die zweite zu kicken und daneben auf der Geschäftsstelle und als Juniorentrainer zu arbeiten. Und dann kam die Antwort "ja gerne, aber doch nicht etwa für Geld?" Und für einen Verein, der solche Werte nach aussen propagiert, ist das mit "armselig" noch sehr harmlos umschrieben. Das wäre jetzt wirklich eine hilfreiche Lösung gewesen. Er hätte kicken können und sich das Geld mit sonstigem Engagement im Club verdient. Pauli fand es jetzt geschickter, jemanden in seiner Lage vor die Tür zu stellen. "Musst du selbst klarkommen, wenn dir Lohn unter Hartz IV Niveau nicht reicht." Das fände ich auch bei Vereinen schwach, die sich nicht solche Moralvorstellungen auf die Brust schreiben. Aber bei St. Pauli hinterlässt das schon einen verdammt bitteren Nachgeschmack.

Wie gesagt, mehr Unterstützung hätte ich ebenfalls schön gefunden. Man muss aber festhalten dass kein Fußballverein dazu verpflichtet ist, die Pläne eines ihrer Fußballspieler so umzusetzen wie dieser es gern hätte, Depressionen hin oder her. Und was noch viel wichtiger ist: Selbst wenn sie es gemacht hätten, Andreas Biermann wäre heute sehr wahrscheinlich wohl trotzdem tot.
 

JL13

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Eine Aufarbeitung der NS-Zeit beim FC Bayern beispielsweise wurde erst vor 4 Jahren gestartet (das nur exemplarisch, weil dein kritisierter St.Pauli-Gutachter auch hierbei federführend war ;) Nichts gegen den FC Bayern an der Stelle).

Bei Leverkusen gibt es beispielsweise immer noch das Ulrich-Haberland-Stadion, dessen Name 1998 einfach nur von den Profis zum Stadion der U19 (bzw. der Frauenabteilung) verschoben wurde.

Unabhängig vom Fußball gibt es auch zB immer noch die Hanns-Martin-Schleyer-Halle, die erst mit dem Neubau im Jahr 2024 (!) den Namen ändern wird. Wie viele Straßen in Deutschland noch nach Nazis benannt sind will ich gar nicht wissen.

Ach ja, ergänzend dazu. Ich weiss, dass ich da sehr forsch war, was das Gutachten angeht. Deshalb möchte ich da schon noch anmerken: Frank Bajohr, der das Gutachten erstellt hat, ist eine absolute Kapazität im Bereich der Forschung der NS-Zeit, des Holocaust und des Antisemitismus. GERADE deswegen hab ich bisschen gestaunt, wegen des Ergebnisses des Gutachtens. Ja, so ein Gutachten muss historisch und auch juristisch sehr pingelig sein. Deshalb – auch da wiederhole ich mich – mag das nach exakter Definition stimmen, dass Wilhelm Koch kein Profiteur der Arisierungspolitik war. Aber mittlerweile wissen wir, dass die Aufbereitung der Geschichte der NS-Zeit bisschen komplexer ist, als "wer niemanden erschossen hat und den Gashahn nicht aufgedreht, ist fein raus".

Ich finde es schwierig, wenn man an bestimmte Menschen und Organisationen kritischer betrachtet als alle anderen. Ja, St.Pauli ist nicht perfekt (haben sie das irgendwo so gesagt oder ist es einfach nur deine pissige Stimmung wenn du deren Namen hörst?), aber sie sind alles in allem nicht so peinlich wie andere Clubs und engagieren sich seit Jahren gegen Rechts. Wer einen höheren Maßstab hat sollte diesen vielleicht nicht im Profifußball anlegen.

Gesagt, dass sie perfekt sind, haben sie so nicht. Aber wie du z.B. an meinem EDIT siehst, verhält man sich oft so.

Wie gesagt, mehr Unterstützung hätte ich ebenfalls schön gefunden. Man muss aber festhalten dass kein Fußballverein dazu verpflichtet ist, die Pläne eines ihrer Fußballspieler so umzusetzen wie dieser es gern hätte, Depressionen hin oder her. Und was noch viel wichtiger ist: Selbst wenn sie es gemacht hätten, Andreas Biermann wäre heute sehr wahrscheinlich wohl trotzdem tot.

Natürlich nicht. Aber auch das habe ich mehrfach betont. Man kann das problemlos mit "hätte jeder andere Verein so gehandhabt" wegwischen. Dann muss man sich aber bisschen die Frage stellen, was den Verein denn überhaupt irgendwie anders macht als alle anderen, geschweige den besser. Ausser, dass man halt irgendwie gegen Nazis ist. Wobei das – so traurig wie das ist – im heutigen Fussball tatsächlich schon eine Leistung ist, im Vergleich mit vielen anderen.

Sorry, aber da hat Knastbruder Uli für seine (Ex-)Spieler schon massiv mehr getan, als das, was hier für den "Verein mit Werten" als zu grosse Bürde angesehen wird. Hoeness war auch nicht verpflichtet sich für Gerd Müller, Lars Lunde, Jürgen Wegmann, Breno oder Deisler irgendwie einzusetzen. Hat er trotzdem getan.

Ob Biermann heute tot wäre, bleibt Spekulation. Anhand dessen, was ich über Depressionen weiss, seine Situation und alles drumherum, neige ich dazu dir zuzustimmen. Das ändert nichts daran, dass man es ja zumindest hätte versuchen können zu helfen. Wie gesagt, so Dinge haben schon ganz andere Vereine geschafft, die sich aber nicht so aufführen, als wären sie die letzte Bastillon der Menschlichkeit im Profifussball.
 

Jerry

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Es würde ihnen halt nicht schlecht zu Gesicht stehen, wenn man mal durchatmen würde und nicht permanent so selbstgerecht auftreten. Dazu reicht halt ein Blick in die eigene Vergangenheit, um zu sehen: "Hey kommt, wir sind alle nicht perfekt. Lief bei uns auch nicht alles immer super und auch wir haben schon Mist gebaut." Wenn man das Image des unfehlbaren Moralapostels tragen will, fliegen einem solche Dinge halt um die Ohren.

Was meinst du eigentlich genau mit dem Kürzer treten. An welcher Stelle soll man kürzer treten? Weniger Initiativen gegen Rechts starten? Weniger gesellschaftspolitische Positionierungen?

Wie gesagt, mehr Unterstützung hätte ich ebenfalls schön gefunden. Man muss aber festhalten dass kein Fußballverein dazu verpflichtet ist, die Pläne eines ihrer Fußballspieler so umzusetzen wie dieser es gern hätte, Depressionen hin oder her. Und was noch viel wichtiger ist: Selbst wenn sie es gemacht hätten, Andreas Biermann wäre heute sehr wahrscheinlich wohl trotzdem tot.

Kann ich bei allem auch zustimmen (leider). Klar hat sich St. Pauli da nicht mit Ruhm bekleckert und sie hätten besser reagieren können und dass man sich im Anschluss angeblich nicht mal nach ihm erkundigt hat, ist wirklich schwach.

Mich machen seine Interviews tatsächlich ein wenig stutzig, auch bei anderen Aussagen.

Mein Berater hat mit sechs Vereinen aus der Zweiten und Dritten Liga verhandelt. Aber es war überall das Gleiche. Es hieß, ich würde die Verantwortung nicht verkraften.

Das die Vereine dies vielleicht dachten, kann ich mir vorstellen (wozu dann aber verhandeln?), aber direkt gesagt? Na gut, es gibt ja viele grausame Menschen, also vielleicht hat es sich so zugetragen.
Auch der Punkt mit Bezahlung unter Hartz IV Niveau erscheint für mich zumindest fragwürdig (wäre das überhaupt möglich gewesen?).
Der Punkt ist auch, dass der Verein natürlich auch schwer - vor allem im Hinblick auf seine Krankheit - reagieren kann. Soll man jetzt behaupten, dass es nicht so war? Ich halte es zumindest für möglich, dass Biermann aus völlig nachvollziehbaren (Krankheits)Gründen einiges deutlich anders wahrgenommen hat als es ihm vielleicht zugetragen worden ist.
Ich will damit nicht sagen, dass Biermann da lügt, jedoch gibt es durchaus die Möglichkeit, dass da die Krankheit Einfluss auf seine Einschätzungskraft genommen haben könnte.

Aber mittlerweile wissen wir, dass die Aufbereitung der Geschichte der NS-Zeit bisschen komplexer ist, als "wer niemanden erschossen hat und den Gashahn nicht aufgedreht, ist fein raus".

Ich verstehe deine Kritik dennoch nicht. Das Gutachten damals war also ein "eher nicht so schlimm Gutachten" und dennoch hat Pauli dann den Namen geändert. Spricht dies nicht für St. Pauli?

Wie gesagt, so Dinge haben schon ganz andere Vereine geschafft, die sich aber nicht so aufführen, als wären sie die letzte Bastillon der Menschlichkeit im Profifussball.

Ich nehme das ehrlich gesagt gar nicht so krass war. Ich sehe halt nur sehr viel Engagement ohne, dass man zwingend sagt WIR SIND DIE EINZIGEN. Ich habe das Gefühl, dass du wegen Biermann und dem Stadion praktisch denen gar keine "zweite" Chance mehr zugestehst.

Und wenn wir schon dabei sind. Du bist ja auch nicht gerade ein zurückhaltender Mensch, wenn es darum geht Unrecht anzuklagen (und andere dabei teilweise scharf anzugehen) und agierst sicher dennoch im eigenen Leben nicht 100%ig danach. Dennoch ist es mir lieber, wenn du Unrecht anklagst und ab und zu etwas Gutes tust als wenn du ein ehrliches ********* wärst.
 

Paulie Walnuts

Consigliere
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Was in dieses Banner hier alles hineininterpretiert wird, ist schon mehr als abenteuerlich. Lichtenhagen mit einer Sonnenblume. Und nun?

Man kann's auch übertreiben mit der zwanghaften Suche nach vermeintlichen rechtsradikalen, diskriminierenden und verunglimpfenden Bedeutungen von Symbolen, Buchstaben oder was auch immer. Wer krampfhaft und völlig voreingenommen irgendetwas sucht, der wird natürlich in seinem Weltbild auch immer irgendetwas finden. ;)
 

Gravitz

Lehny die Hohle Hupe
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Was in dieses Banner hier alles hineininterpretiert wird, ist schon mehr als abenteuerlich. Lichtenhagen mit einer Sonnenblume. Man kann's auch übertreiben mit der zwanghaften Suche nach vermeintlichen rechtsradikalen, diskriminierenden und verunglimpfenden Bedeutungen von Symbolen, Buchstaben oder was auch immer. Wer krampfhaft und völlig voreingenommen irgendetwas sucht, der wird natürlich in seinem Weltbild auch immer irgendetwas finden. ;)

Verstehe nicht, ob das wieder einer von deinen komischen satire Beiträgen ist. Da brauch man doch nicht mal viel fantasie für eine Interpretation
 

Sm0kE

The Magic Man
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Einfach nur krass, wie hier seitenlang über Pauli diskutiert wird, während die üblichen Verdächtigen in der gewohnten Dreistigkeit den braunen Dreck verharmlosen. *kotz*

Dank an @Sofakartoffel , der sich noch die Mühe macht, dazu einen längeren Beitrag zu verfassen. Leider vergebens, denn es wird da, wo es erforderlich wäre, sowieso nicht ankommen..
 
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