Was meinst du eigentlich genau mit dem Kürzer treten. An welcher Stelle soll man kürzer treten? Weniger Initiativen gegen Rechts starten? Weniger gesellschaftspolitische Positionierungen?
Genau. So habe ich das gemeint. Ich bin nämlich dumm musst du wissen.
Keineswegs hab ich meinen können, dass man sich beispielsweise nicht so anmassend verhalten soll, wie im Bezug auf die Euro 2024. Da auch gleich als Antwort an
@Shakey Lo: Was war denn die Motivation hinter dem Ganzen? So, wie es aktuell läuft, wissen wir nicht, ob es 2024 noch eine Welt gibt. Wen juckt es dann, wen die da in zwei Jahren in ihr Stadion lassen wollen? Man hat halt zu lang nicht von sich in der Zeitung gelesen und wollte nochmal kurz betonen, dass man Ziele und Werte hat und die offenbar im Gegensatz zu anderen (wird ja schliesslich Stadien geben, wo man die „falschen“ Narionalteams reinlässt) durchzieht.
Das die Vereine dies vielleicht dachten, kann ich mir vorstellen (wozu dann aber verhandeln?), aber direkt gesagt? Na gut, es gibt ja viele grausame Menschen, also vielleicht hat es sich so zugetragen.
Auch der Punkt mit Bezahlung unter Hartz IV Niveau erscheint für mich zumindest fragwürdig (wäre das überhaupt möglich gewesen?).
Der Punkt ist auch, dass der Verein natürlich auch schwer - vor allem im Hinblick auf seine Krankheit - reagieren kann. Soll man jetzt behaupten, dass es nicht so war? Ich halte es zumindest für möglich, dass Biermann aus völlig nachvollziehbaren (Krankheits)Gründen einiges deutlich anders wahrgenommen hat als es ihm vielleicht zugetragen worden ist.
Ich will damit nicht sagen, dass Biermann da lügt, jedoch gibt es durchaus die Möglichkeit, dass da die Krankheit Einfluss auf seine Einschätzungskraft genommen haben könnte.
Durchaus möglich. Hier spricht er z.B. davon überhaupt keine Angebote erhalten zu haben.
www.sueddeutsche.de
Können absolut beide Aussagen stimmen. Ich gehe davon aus, dass er keine Angebote erhalten hat. Sein Berater wird ihn bei paar Clubs ins Gespräch gebracht haben und die haben gesagt „lass stecken, der kommt mit der Verantwortung nicht klar“. So was geht ohnehin leichter von den Lippen, wenn man nur mit dem Berater spricht und nicht mit dem Spieler. Das deutet übrigens auch drauf hin, dass es in diesem Sinn keine fortgeschrittenen Verhandlungen waren. In den meisten Fällen holt man da ab einem bestimmten Zeitpunkt den Spieler dazu. Jetzt hat er (oder der Autor des Interviews) das Prozedere für den Text unter dem Begriff „verhandeln“ zusammengefasst. Kein Grund, da gleich irgendwelche komischen Bilder von psychisch Erkrankten zu zeichnen.
Bei Depressionen kommt es schon vor, dass man Einschätzungsprobleme hat, z.B. auf emotionaler Ebene oder in Bereichen der Selbst- und Fremdwahrnehmung. Solange keine Komorbidität vorliegt hat man aber eher keine Halluzinationen, so dass man eines Tages glaubt, Angebote von Fussballvereinen zu haben und an anderen nicht.
Ich verstehe deine Kritik dennoch nicht. Das Gutachten damals war also ein "eher nicht so schlimm Gutachten" und dennoch hat Pauli dann den Namen geändert. Spricht dies nicht für St. Pauli?
Okay, offenbar bin ich intellektuell auch im 30. Anlauf nicht in der Lage etwas so zu formulieren, dass man es versteht. Anders kann ich mir diese Frage nicht erklären. Dann klink ich mich vielleicht lieber aus, da ich offenbar wirklich zu dämlich bin für die Diskussion.
Ich nehme das ehrlich gesagt gar nicht so krass war. Ich sehe halt nur sehr viel Engagement ohne, dass man zwingend sagt WIR SIND DIE EINZIGEN. Ich habe das Gefühl, dass du wegen Biermann und dem Stadion praktisch denen gar keine "zweite" Chance mehr zugestehst.
Und wegen diverser anderer Sachen. Und bzgl zweiter Chancen ein Disclaimer: Ich hätte in den Fällen Michel Dinzey und Çenk Sahin genauso reagiert, wenn ich bei St. Pauli Verantwortlicher gewesen wäre. Die beiden Fälle zeigen aber auch, dass der Club keine zweiten Chancen verteilt, wenn jemand gegen ihre Werte verstösst. Wieso sollte man dann für den Verein andere Massstäbe ansetzen? Der Club kriegt hier Welpenschutz, den er anderen nicht gewährt. Wenn andere Leute etwas Dummes tun, dann weil sie die Werte nicht teilen und böse sind. Bei St. Pauli wusste man es dann nicht besser und lernt ja dazu.
Und wenn wir schon dabei sind. Du bist ja auch nicht gerade ein zurückhaltender Mensch, wenn es darum geht Unrecht anzuklagen (und andere dabei teilweise scharf anzugehen) und agierst sicher dennoch im eigenen Leben nicht 100%ig danach. Dennoch ist es mir lieber, wenn du Unrecht anklagst und ab und zu etwas Gutes tust als wenn du ein ehrliches ********* wärst.
Wenn mir jemand Kacke zum Fressen anbietet und eine andere Person lecker Schokopudding, dann nehme ich den Pudding. Wenn es sich herausstellt, dass es sich dabei auch um Kacke gehandelt hat, habe ich nicht wegen dem ehrlichen A*loch Kacke gefressen. Wenn St. Pauli nicht nach seinen Werten handelt, ist das nicht immer irgendein Hoppala. Die treffen blöde Entscheidungen. Bewusst. Die sind doch nicht eines Tages gestolpert, auf einer Relentless-Dose gelandet und hatten dann deren Logo plötzlich auf der Brust. Der Verein, der mit dem Finger auf Red Bull zeigt, hat sich bewusst dafür entschieden, Werbung für den Energy Drink eines anderen Grosskonzerns mit dubioser Vergangenheit und Gegenwart zu machen.
Ja, mittlerweile ist man dort weiter. Aber in den 90ern war das eben noch eine ganz andere Sache, dementsprechend kann man das nicht mit heute vergleichen. Und nochmals: St.Pauli hat sich da schon sehr gut verhalten, auch wenn keine 100% für einen neuen Stadionnamen gestimmt haben. Sie hätten das im Sinne des damaligen Zeitgeistes ja nicht machen MÜSSEN.
Das ist mir ehrlich gesagt etwas zu schwammig, sorry. Nichts an dem was zu konkret gesagt hast legt nahe, dass sich der FC St.Pauli als perfekt inszeniert und keinerlei Fehler in der eigenen Vergangenheit sieht. Oder um es mal mit einem anschaulichen Beispiel darzulegen: Mir ist ein ehemaliges NSDAP-Mitglied, das nach dem Krieg seine Fehler eingesehen hat und sich gegen Rechtsextremismus engagiert, lieber als ein ehemaliges NSDAP-Mitglied, der sagt "es war halt eine andere Zeit". Mit deiner Herangehensweise müsste man wohl erstere Person weitaus mehr kritisieren.
Das ist jetzt ein Witz, oder? Du sagst, dass ich das NSDAP-Mitglied weniger kritisieren würde, das sagt „es war eine andere Zeit“, während du weiter oben sagst, dass St. Pauli im Sinne des damaligen Zeitgeistes den Stadionnamen nicht hätte ändern müssen. Wer erteilt hier denn Freipässe nach dem Motto „war halt ne andere Zeit“?
Naja, zu was ist ein Verein (oder zB auch eine Firma) in so einer Situation denn wirklich verpflichtet, soziales Engagement hin oder her? Es gibt Experten, die einem Andreas Biermann weitaus mehr helfen können als es ein Fußballclub kann. Wenn sie ihn nicht als Jugendtrainer anstellen wollen (dann müsste ja auch jemand anders dafür gehen) und ihm kein großes Gehalt in der zweiten Mannschaft zahlen wollen ist das halt auch eine Entscheidung, die man als depressiv Erkrankter akzeptieren muss. Wie gesagt, schön wäre es gewesen, aber der FC St.Pauli ist bei allem Heiligenschein halt immer noch ein Profi-Verein und keine Wohlfartsstelle und sind nicht verpflichtet, ihm seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.
Nochmals. Niemand muss irgendwas. Die Frage ist dann aber berechtigt, was das über die Werte aussagt, wenn man so bisschen selektiv mal was Gutes tut und woanders dann drauf pfeift? Ist halt für mich ein Anzeichen, dass es nicht wirklich um die Werte geht, sondern um die Inszenierung.
Ja, so lange du dich nicht gegen "die Familie" gestellt hast
Dann ging es beim Knast-Uli auch gern in die andere Richtung.
Ich will keinesfalls Knast-Uli irgendwelche Absolutionen erteilen. Es zeigt nur, dass selbst Menschen, die in einigen Bereichen sehr fragwürdig unterwegs sind, bei solchen Schicksalen nicht einfach wegsehen und „wir sind nicht verpflichtet“ schreien. Aber gut, was das angeht nehmen sich der Wurst-Pate und St. Pauli nicht viel. Beide laut genug, wenn es darum geht andere zu belehren, aber in anderen Bereichen sogar nicht nach den eigenen Wertvorstellungen unterwegs.