LAOLA1: Trotzdem muss man sagen, dass es heuer nur acht Weltcup-Stationen gibt, so wenige wie zuletzt vor 14 Jahren. Vinzenz Geiger hat dazu heftige Kritik geäußert und gemeint, dass FIS-Renndirektor Lasse Ottessen "offenbar extrem beschäftigt war - mit Nichtstun". Zurecht?
Lamparter: Nein, finde ich nicht. Einmal ist Val die Fiemme schuld, weil sie die Schanze nicht fertiggebracht haben. In Frankreich (Chaux-Neuve, Anm.) waren sie genauso bemüht, da war einfach zu wenig Geld vorhanden, ebenso in Japan (Hakuba, Anm.). Es ist so im Moment. Zu viele Weltcups sind auch nicht gut. Max Verstappen sieht das in der
Formel 1 ähnlich. Klar trainieren wir den ganzen Sommer, um eine Saison hinzubringen, aber wenn wir die zwei Wochenenden in Val di Fiemme Anfang Jänner und vergangenes Wochenende in Chaux-Neuve gehabt hätten, dann wäre es wieder ein voller Weltcup-Kalender gewesen und es würde heißen, man muss etwas auslassen, um fit zur WM zu fahren. Es hat ein Für und Wider. Ich finde es gut, wie es ist, natürlich ist es schade um die zwei Weltcup-Stationen, aber das ist in diesem Jahr und nächste Saison wieder ganz anders.
LAOLA1: Die Nordische Kombination musste sich in den letzten Jahren, besonders vom IOC, ankreiden lassen, dass man kein Zuschauermagnet und für junges Publikum unattraktiv sei, dazu keine Vielfalt an der Spitze herrsche. Zumindest der letzte Punkt lässt sich mit Blick auf den Nationencup, den
Norwegen, Deutschland und Österreich dominieren, nicht ganz abstreiten.
Lamparter: Ich sehe das nicht so, muss ich ehrlich sagen. Wenn ich mir die Formel 1 anschaue, da haben 2023 genau zwei Leute ein Rennen gewonnen - trotzdem hat sie geboomt. Im
Radsport dominiert
Tadej Pogacar und die Sportart boomt genauso. Die Argumente sind nicht unbedingt die richtigen. Man merkt, dass die Leute begeistert sind. Ich kriege richtig cooles Feedback von Leuten auf der Loipe, die schauen sich das an, haben eine Freude. Irgendwie ist es nur das IOC, das immer wieder Kommentare abgibt. Natürlich kommt von Journalisten immer wieder die Frage dazu, aber ich sehe es sehr positiv. Natürlich geht's auch darum, ob die Frauen olympisch sind oder nicht. Wir als Athleten können nicht viel ändern. Ich merke schon, dass sehr viel geredet wird, auch Schlechtes, aber ich sehe viel Gutes. Wir haben einen richtig guten Nachwuchs in meinem Verein, die sind voll begeistert, denen ist das egal, ob jemand etwas über
Olympia sagt oder nicht.
LAOLA1: Die Frauen sind bei den Olympischen Winterspielen 2026 wieder nicht dabei, den Männern droht 2030 das Olympia-Aus. Mancherorts hört man, dass der IOC bereits im Sommer 2025 eine Entscheidung fällen könnte, es dürfte aber erst nächstes Jahr soweit sein. Wie groß ist deine Sorge, dass die Nordische Kombination gestrichen wird?
Lamparter: Ich habe überhaupt keine Sorge. Ich sehe das ähnlich wie bei den Skispringern, da war es anfangs auch so, dass die Frauen belächelt und nicht hinzugefügt wurden. Es hat einfach ein Jahrzehnt gebraucht, jetzt wird die Sportart sehr anerkannt, sehr gehypt und es ist bei den Frauen ein genauso hohes Niveau wie bei den Männern. Bei uns ist es dasselbe, es braucht einfach Zeit. Die erste
Weltmeisterschaft mit Frauen war 2021, seitdem sind vier Jahre vergangen. Dass da nicht mordsmäßig viel in einer Sportart passiert, ist ganz normal. Natürlich wäre es cool gewesen, wenn sie schon 2026 dabei gewesen wären, aber bis 2030 ist noch Zeit, in der sich viele Athleten entwickeln und zu der Sportart dazukommen können.
LAOLA1: Aber es geht nicht nur um die Frauen, sondern auch um die Männer für 2030. Und zumindest in dieser Saison hat die Nordische Kombination nicht viel Zeit, um sich dem
IOC so zu präsentieren, dass man in fünf Jahren in den französischen Alpen dabei sein wird.
Lamparter: Die
FIS macht gerade so viel für die Sportart. Es kommt nächstes Jahr das
Skifliegen dazu, man hat neue Formate. Ich weiß nicht, was man noch alles machen kann. Als Athlet schaue ich, einfach so gut wie möglich zu performen. Wie das IOC entscheidet, kann ich nicht beeinflussen. Wenn die Nordische Kombination gestrichen werden sollte, würde mir das richtig wehtun. Wenn das IOC so denkt, dann denkt es so - ich sehe das ganz anders. Ich bin guter Dinge, dass das IOC dann auch die Begeisterung und das positive Feedback der
Fans sieht.
LAOLA1: Was würde mit der Nordischen Kombination passieren, wenn sie nicht mehr olympisch wäre?
Lamparter: Viele Fördersysteme laufen über olympische Sportarten,
Polizei, Bundesheer und Zoll wären für uns wahrscheinlich nicht mehr möglich. Wer weiß, ob wir dann bei Weltmeisterschaften dabei wären oder bei den FIS-Games, die sie vorhaben. Um eine Sportart richtig populär zu machen, muss sie olympisch sein. Wenn die Nordische Kombination nicht olympisch wäre, wäre es schwierig. Aber damit habe ich mich nicht auseinandergesetzt, weil ich davon ausgehe, dass wir bleiben und die Frauen 2030 ebenfalls dabei sind.