http://www.spiegel.de/sport/sonst/0,1518,724162,00.html
...hier ein recht Interessanter Artikel. Schön, dass es auch mal in den Massenmedien erwähnt wird, dass Klitschko-Kämpfe derzeit mehr Show als sportlicher Wettkampf sind.
Der Artikel lebt von einer einseitigen Darstellung, lässt manche Fakten weg, beinhaltet teilweise fragwürdige Behauptungen und ist deshalb insgesamt unausgewogen und fachlich schwach.
Natürlich ist es richtig, dass Briggs kein würdiger Gegner war Das war von vorne herein sachkundigen Betrachtern klar und die Show inkl. verbaler Aufwertung eines von vorne herein unterlegenen Gegners ist zu kritisieren, ich persönlich finde das widerlich. Aber:
spiegel.de schrieb:
Aber so ist es seit einigen Jahren: Die Klitschkos teilen aus und kassieren dabei so wenig Schläge wie möglich und so viel Geld wie möglich.
Wie sollte es den anders sein? "Sie kassieren so viel Schläge wie möglich und so wenig Geld wie möglich." Profiboxen ist ein Geschäft, bei dem man mittels einer mal mehr mal weniger guten sportlichen Leistung so viel Geld wie möglich verdienen will - Es dürfte kaum Boxer geben, die das anders handhaben.
spiegel.de schrieb:
...im vergangenen September nach seinem wenig spektakulären Triumph über Chris Arreola.
Soso, Arreola war zum damaligen Zeitpunkt ein ungeschlagener Top10 (teilweise Top5-Boxer in den Ranglisten) und zweifelsfrei nicht unwürdig und wurde von Vitali mit sehenswerten Konterboxen und einer Workrate, die im HW ihresgleichen sucht, auseinandergenommen aber der Sieg war wenig spektakulär. Ahja.
spiegel.de schrieb:
Was bleibt ist ein bitterer Nachgeschmack: Boxen ist brutal. Als Sport betrieben ist es aber zumindest darauf ausgelegt, dass zwei ebenbürtige Gegner miteinander im Ring stehen. Ist das nicht der Fall, handelt es sich um nichts als pure Show.
Ja, in der Theorie ist Boxen darauf ausgelegt, dass zwei ebenbürtige Gegner miteinander im Ring stehen. In der Praxis sieht es in unterschiedlichen Konstellationen oft anders aus. Eher seltener ist das pure Show. Der Verfasser hätte sich die Umständer von Vitalis letzten Kämpfen einmal vor Augen führen sollen.
Samuel Peter ist als amtierender WM und Top5-Boxer in den Kampf mit seinem Herausforderer Vitali gegangen, im Kampf zeigte sich zur Überraschung so mancher Boxexperten, dass er vollkommen chancenlos war, er sah trotz der ebenbürtigen Konstellation nicht besser als Briggs aus. Im nächsten Kampf war ein ehemaliger Cruiser-WM Gegner in einer freiwilligen Verteidigung, der zweifelsfrei schon bessere Tage gesehen hatte, der zum Kampfzeitpunkt aber weit oben in den Ranglisten stand. Nachdem er Vitali anfangs Schweirigkeiten bereitet hatte, wurde die Nummer genaus so einseitig wie im Peter-Kampf - alles Show? Man kann Gomez noch mal fragen, ob er einen schönen Abend in einer lächerlichen Show hatte. Danach wie beschrieben Arreola, der vor lauter Ärger über die miese Show Tränen im Ring vergossen hatte, oder war es doch eher, weil Vitali nichts von dem zugelassen hatte, was er sich und sein Team erhofft und probiert hatten? War der Kampf nicht sogar eine Pflichtverteidigung? Dann kam Johnson als freiwillige Verteidigung. Eigentlich hätte es David Haye sein sollen, jener gleichwertige, talentierte Gegner dem viele Experten Chancen gegen Vitali einräumten. Nachdem man Einigkeit über einen Vertrag erzielt hatte, hat Haye sich dann plötzlich anders entschieden. Das Warum und Wieso ist viel diskutiert worden. Wer sich da von wem abgeseilt hat, kann jeder selbst beurteilen. Johnson hatte bis zu diesem Kampf nichts bewiesen und auch wenn er ungeschlagen war und man glaubte, allein sein Speed würde im Chancen gegen Vitali eröffnen, ging er als Herausforderer anhand seiner Ranglisten-Position gerade noch so in Ordnung mehr aber nicht. Schon zu diesem Zeitpunkt offenbarte sich das Problem, dass zu wenig würdige Herausforderer im HW unterwegs sind und es schwierig wird, einen vernünftigen Kampf zu organisieren, wenn andere WMs nicht können, wollen oder sollen und andere Top5-Boxer in den Ranglisten bereits Kämpfe sicher haben oder nicht antreten können, wollen oder sollen. Gegen Johnson siegte Vitali dann in der Tat mit Problemen, trotzdem haushoch überlegen, aber sehr unspektakulär. Das war die erste wirklich maue Show, was neben Vitali auch an Johnson lag, der nur gekommen war, um zu überleben.
Danach waren der nunmehr WM Haye und Valuev als Gegner im Gespräch - konnten, wollten oder sollten mal wieder nicht - Auch Solis und Adamek wurden genannt, oft wurden schon Verhandlungen abgelehnt. Waren es die gemutmaßten unannehmbaren Vertragsbedingungen der Klitschkos inkl. zu niedriger Börsen oder war es fragwürdige Promoter-Politik oder gar Feigheit der Konkurrenz oder schlicht weg Kämpfe, die noch zu früh gekommen wären. Auch das sollte jeder selbst beurteilen.
Der dann gefundene Ersatzgegner Sosnowski trug zwar einen ehemals angesehenen Titel, aber diese Zeit dürfte schon lange vorbei sein - Niemand hat dem limitierten Polen ernsthaft Chancen eingeräumt und so wurde er reichlich unspekakulär eindeutig dominiert - ein würdiger Gegner war er von vorne herein nicht gewesen. Den Kampf konnte man nur kritisieren, aber war die Schuldfrage im Hinblick auf die Ansetzung so eindeutig bei Vitali zu suchen? Eingedenk gescheiterter Verhandlungen sollte das auch jeder selbst beurteilen.
Dann sollte es wieder ein spektakulärer Gegner sein. Die üblichen Namen wurden gefordert oder in Erwägung gezogen: Haye, Valuev, Adamek, Solis, Tua und Briggs. Eine Mischung aus Boxern, die gut gerankt waren, aber noch nichts bewiesen hatten bzw. sich für noch nicht bereit hielten und älteren bis verbrauchten Boxer, die früher einmal Größen waren und deren Namen noch zieht, waren auf dem Tableau. Haye wollte mal wieder nicht, Valuev wollte erst einmal, aber das Geld stimmte nicht, dann waren es die Optionen und zum Schluss die Verletzung. Adamek braucht immer noch Zeit und will es erst 2011 wissen, Solis will schon lange Vitali aus dem Ring hauen, trotzdem werden Verhandlungen von seiner Promoterseite augenscheinlich nicht mit Vehemenz betrieben, was vielleicht daran liegen mag, dass er wohl ohnehin neuer Pflichtherausforderer wird, was seinen Promotern einen schönen Anteil an der dann höheren Börse sichern könnte. Tua wollte nicht, hat sich eigentlich auch mit seiner letzten Leistung disqualifiziert. Mit nichts hatte sich Briggs qualifiziert, bekam den Kampf, den er nie hätte bekommen dürfen, wohl möglich auch, weil diejenigen die ihn verdient und auch bekommen hätten, augenscheinlich nicht wollten. Das kann aber jeder selbst beurteilen. Würdig war Briggs zu keiner Zeit, chancenlos zu jeder Zeit, aber trotzdem willig sich den Titel und nicht bloß das Geld zu holen. Trotzdem war die Präsentation von Briggs als dem gefährlichen und bösen Gegner eine Farce, nur warum überhaupt eine solche Show?
Der Artikel geht auf die Frage, insbesondere im Hinblick auf die genannten Gründe nur kurz und knapp ein:
spiegel.de schrieb:
Bönte beruft sich darauf, dass kein Gegner in den Ring gezwungen werde, dass sie alle freiwillig anträten und dass man nicht mehr tun könne, als Kontrahenten aus den Top Ten der Weltranglisten auszuwählen. Dafür, dass mögliche Gegner wie der britische WBA-Weltmeister David Haye oder der russische Amateur-Olympiasieger Alexander Powetkin wahlweise kniffen oder nicht finanzierbare Gagen verlangten, könne man ja nichts.
Hier wäre es mal interessant gewesen, eine Überprüfung dieser Aussagen vorzunehmen. Genügend Fakten sind vorhanden. Hier sollten genug fachkundige Nutzer sein, die das auch selbst beurteilen können. Ob das auch die Spiegelleser können, die sich nicht mit dem Thema auseiandergesetzt haben? Für die wäre ein Beleuchten der Fakten und der getroffenen Aussagen von allen Seiten interessant. Dann kann das Urteil immer noch lauten:
"Die boxenden Brüder zelebrieren das Spektakel gegen schwache Gegner. Sie sind vor allem geschickt bei der Auswahl ihrer Gegner und gehen echten Herausforderungen aus dem Weg."