Nachdem ich beim Live-Gucken des Kampfes mehrmals eingepennt bin, schau ich ihn mir nun nochmal ausgeschlafen an.
Wo "HBO-PPV" draufsteht, hatte ich mir eigentlich auch HBO-Kommentatoren erhofft. Aber scheinbar hat man eine ganze Golden-Boy-Staffel eingepflogen ... na ob die objektiv sind?
Es geht um Casamayors "Ring Magazin"-Titel, den er ja trotz des umstrittenen Sieges gegen Santa Cruz behalten durfte. Selten zuvor wurde dem Titel des Magazins soviel Bedeutung beigemessen. Sonst, glaube ich, nur bei Hopkins-Calzaghe.
1. Runde Casamayor
Von der Körpergröße und der Reichweite her hat Casamayor Vorteile gegenüber Marquez, der ja lange im Federgewicht war. Mich überrascht das irgendwie, denn bei der Körpergröße haben beide bei BoxRec 170cm stehen. Naja ... vielleicht hat Marquez die Luft angehalten und Casamayor sich am Linial zusammensacken lassen. Auf jeden Fall wirkt er aber etwas größer auf mich.
Ziemlich ausgeglichene erste Runde, in der beide ihre Treffer setzen, aber keiner sich signifikant absetzen kann. Ich geb sie mal an den offensiv etwas aktiveren Casamayor.
2. Runde Casamayor
Marquez ist eher in der Rückwärtsbewegung, aber das bringt ihn im Kampf noch nicht so recht vorran. Seine Distanz fehlt manchmal, Casamayor profitiert von seiner Reichtweite. Gerade bei der Schlaghand fällt das auf. Marquez' Rechte zischt doch ein paar Mal vor Casamayors NAse entlang, der wiederum seine Linke besser zur Geltung bringen kann.
Auch die zweite war eher knapp, aber wieder - meiner Ansicht nach - mit leichten Casa-Vorteilen.
Ricky Hatton sitzt neben Oscar De La Hoya und sieht ca. 10 Pfund schwerer aus.
3. Runde Marquez
Diesmal leichte Vorteile für Marquez, der früh in der Runde ne gute Kombi bringt. Casamayor hat zwar spät in der Runde ne gute Rechts-Links drinne, aber ich sehe die Runde dennoch bei Marquez verbleibend.
4. Runde Marquez
Marquez ist nun flüssiger im Kampf und nun der klar aggresivere. Doch er öffnet auch seine Verteidigung etwas und Casamayor gelingen Konter-Treffer.
Mit seinen 3-4 harten Schlaghand-Treffern gestaltet Casamayor die Runde so etwas enger, aber ich gebe sie dennoch dem offensiveren Marquez, der insgesamt (meiner Einschätzung nach) ein paar mehr Trefferchen hatte.
Kann man auch dem anderen Boxer geben ... aber das gilt mehr oder weniger für alle bisherigen Runden.
5. Runde Marquez
Marquez hat zur Mitte der Runde eine gute Rechte drin und ist gerade in der Schlussminute der Runde der bessere. Nicht zuletzt sollte die Rechte kurz vor Ende der Runde ihm selbige gesichert haben.
Eigentlich die bislang am "wenigsten knappe" Runde im Kampf.
Der Cut über Casas rechtem Auge vergrößert sich etwas.
6. Runde Marquez
Casamayor ist zwar noch gut im Kampf, aber auch diese Runde tendiere ich eher dazu sie Marquez zu geben, der auch wieder in den Schlusssekunden nen guten Treffer setzt.
7. Runde Marquez
Das wirkt mittlerweile bei Marquez einfach geschmeidiger, was er so im Ring macht. Casamayor ist nicht mehr so gut im Kampf, bzw. Marquez ist einfach "mehr drin" als in den Anfangsrunden.
Bei Casamayor gesellt sich nun zu dem manchmal arg nach vorne stürmenden Kopf auch ein Tiefschlag.
Marquez ist auch in dieser Runde im Infight einfach etwas schneller und hat hier und da eine Hand drinne, mit der Casa nicht so recht gerechnet hat.
Mike Tyson ist auch im MGM Grand um sich den Kampf anzugucken. Das Ticket hat er sicher geschenkt bekommen ... kann mir nicht vorstellen, dass er sich sonst nen Platz hätte leisten können.
8. Runde Casamayor
Casamayor kommt wieder zurück in den Kampf und findet wieder zu bewährteren Mitteln. Aktiv mit dem Jab und der linken Geraden und ein paar gute linke Haken als Konter. Gute Runde für ihn.
Die Golden-Boy-Kommentatoren sind etwas pro-Marquez ... keine Überraschung.
9. Runde Casamayor
Zu Beginn der Runde gefällt mir Marquez besser, aber dann zur Mitte hat Casa nen guten linken Haken drin und auch am Ende setzt er ne passable Kombination. Ne etwas engere Runde wieder, die ich diesmal Casa gebe.
10. Runde Marquez
Die Workrate von Marquez ist etwas zurück gegangen, aber zur Mitte bringt er seine Schlaghand mit nem harten Treffer voll zum Einsatz.
Das beflügelt ihn scheinbar richtig, denn im weiteren Verlauf der 10ten Runde ist Marquez richtig gut und bringt noch mehrmals seine Hände ins Ziel.
11. Runde Ende
Marquez macht etwas weniger in dieser Runde, wodurch es zunächst nach ner ganz ordentlichen Runde für Casamayor aussieht. Doch zur Mitte der Runde kommt Marquez wieder etwas auf.
Bei noch etwas mehr als ner halben Minute auf der Uhr gehen die beiden in den Infight über. Marquez trifft hier mehr oder weniger, aber nicht gerade hart, finde ich. Casamayor richtet sich wieder auf und wird dann noch von einer Rechten erwischt, als er schon dachte er wäre außerhalb von Marquez' Distanz. Nicht viel Schlagwirkung, aber Casamayor verliert das Gleichgewicht und sitzt auf dem Hintern.
Doch ich irre mich. Casa scheint mir doch nicht nur überrascht, sondern doch auch etwas angeschlagen. Sofort, als der Kampf wieder freigegeben ist, versucht er zu klammern. Doch das macht er nur halbherzig, Marquez kann sich gleich wieder aus dem Griff befreien. Noch 20 Sekunden auf der Uhr und er deckt Casamayor mit Schlägen ein. Der Kubaner muss ordentlich einstecken und auch erneut zu Boden.
Ringrichter Tony Weeks bricht sofort ab.
Gesamt (bis dahin): 96:94
Glückwunsch Juan Manuel Marquez.
Ein guter Sieg mit starkem Ende, das ich so keineswegs erwartet hatte.
Man kann darüber streiten, ob der Abbruch zu früh kam. Ich denke, Tony Weeks hätte Casamayor nochmal anzählen sollen, auch gerade deshalb weil die Runde gleich darauf zuende gewesen wäre, wenn Casa bei 8 (oder 10) wieder auf den Beinen gewesen wäre.
Aber wäre es noch weiter gegangen, hätte Casa wohl ohnehin nicht mehr gewinnen können. Zwischen 3 und 5 Runden hatte er auf den offiziellen Punktrichter-Zetteln, was ich so ganz vertretbar finde. Mit der 10:7 Runde (wäre es gewesen) im 11ten Durchgang hätte Casa einen Rückstand gehabt, den er nur mit Niederschläge noch hätte aufholen können. Und ich glaube nicht, dass sich Marquez von einem angeschlagenen Boxer drei Mal in einer Runde zu Boden schicken lässt (wie damals von Pacquiao).
Also braucht man nicht lange drüber nachdenken ... Marquez hätte wohl so oder so gewonnen. Das hätte auf den Punktzetteln sogar deutlicher ausfallen können, insgesamt betrachtet wirkte es doch ein wenig so, als hätte Marque die Runden 8 und 9 etwas verschenkt.
P.S.: Das mag nun vielleicht ein bisserl seltsam aussehen, dass Marquez in der Federgewichts-Rangliste vor Pacquiao steht, aber in der P4P-Liste hinter ihm.
P.P.S.: Ich bleibe dabei, dass man Marquez in den P4P-Listen vor Pacquiao haben kann. Ich sah ihn zwei Mal mit einem Punkt Vorsprung gegen Pacquiao gewinnen und er boxte einen Barrera, der nicht nur im Survival-Mode war (damit meine ich den letzten Pacquiao-Barrera-Kampf, nicht den ersten). Zudem hat er im Leichtgewicht den deutlich stärkeren Mann geschlagen. David Diaz war nunmal kein guter Weltmeister, auch wenn er im Quervergleich mit Casamayor gegen Santa Cruz besser abgeschnitten hat ... aber das zählt nicht viel.
Ich fand schon er hatte die Fäuste schneller im Gesicht von Marquez...
DEUTLICH schneller war aber imo weder der eine noch der andere.
In Sachen Schnelligkeit haben die beiden sich meiner Ansicht nach nichts geschenkt.
Casas Jab kam etwas schneller, aber Marquez hat den seinen auch weniger geschlagen und hin und wieder eher Alibi-mäßig rübergebracht. Die Schlaghand von Casa kam recht flott, wenn es um weiter geschlagene Haken kam. Auf kurzer Distanz im Infight schienen mir aber die Fäuste von Marquez schneller zu sein, insbesondere dann, wenn es darum ging sie wieder in Position zur Verteidigung oder für einen weiteren Schlag zu bringen.
Achja, immer wieder lustig: