Überzeugt mich nicht. Den Zusammenhang verstehe ich nicht. Timing und Präzision reichten um Runden zu gewinnen, weil der Gegner offensiv in vielen Runden kaum stattfand. Liegt das nun daran, dass Thompson so viel Druck ausübte oder aber daran, dass Solis konstant wenig machte? War letzteres ersterem geschuldet? M.E. nein. Woran ist in dem Kampf zu erkennen, dass Thompson insgesamt eine noch schlechtere Kondition hatte? Solis stapft meist plattfüßig hinter seiner Form einer Doppeldeckung im Ring herum und bringt Einzelaktionen. In fast allen Runden kommen gelegentlich mal kurze Spurts, d.h. dynamischere Offensivaktionen bei denen er versucht Offensivakzente zu setzen. Thompsons Aktionen haben wenig Einfluss darauf gehabt, wenn man der Statistik glauben schenken darf. Das zieht sich übrigens wie ein roter Faden durch alle Kämpfe, egal ob gegen Vitali (so kurz der Kampf war), Larsen, Airich oder jetzt gegen Thompson. Da er trotz seinen adipösen Körperzustands immer noch recht flott und reaktionsschnell sein kann und dabei sowohl einen guten Handspeed als auch ein gutes Auge offenbart, sieht man in fast allen Kämpfen gute Konteraktionen von ihm, die allerdings viel zu selten zum Tragen kommen. Fraglos seltene Einzelaktionen. Wäre ein Solis, der mit einigermaßen austrainierten 100 Kg statt 115-120 Kg in den Ring kommt in der Lage den beweglichen Konterstil, den er als Profi nur in Ansätzen durchziehen konnte, zur vollen Entfaltung zu bringen? Oder wäre Solis auch mit dem Gewicht aus Amateurtagen ein schrecklicher Phlegmatiker, der im Ring nicht den Kampf sondern die Terminplanung für die nächste Sause mit seinen Kumpels im Kopf hat? Alles nur sinnfreie Spekulation? Gibt es gar, die einzige Wahrheit bei dem Thema und alle, die das anders sehen schreiben Blödsinn, wie es hier von einem Teilnehmer zu lesen war.
Vielleicht ist es im Hinblick auf die Talentfrage sinnhaft, dass jeder erst einmal erklärt, was er unter Talent versteht, ansonsten droht die Talentdiskussion schon im Ansatz zu scheitern. Ist Solis eine Macht, wenn der Kampf nur über vier Runden geht, weil er in seinem alten Amateurmustern verhaften geblieben ist und sich nunmehr die Luft/Körner etc. für vier Runden auf zwölf Runden verteilen muss? Überdeckt diese Schwäche sein grundsätzliches Bewegungstalent, sein gutes Auge, seine guten Reflexe und sein breites, technisch sauberes Schlag-Repertoire oder sind diese Merkmale gar nicht vorhanden und Solis in Wahrheit taktisch blöd, körperlich adipös und technisch eindimensional?
Solis's Stärken sind wie ich schonmal schrieb, perfekt auf das Computerized-Scoring-System des Amateurboxens ausgelegt bzw. maßgeschneidert. Höchstwahrscheinlich hat man seine Kampfweise und Taktik sogar genau auf dieses "Fechten" abgestimmt um dort die größtmöglichen Erfolge zu feiern.
Ist dafür ein gewisses Talent erforderlich? Ja, aber hat das ganze etwas mit wirklichem "Kämpfen" zu tun? Kaum
Inwiefern äußern sich die Unterschiede denn? Bei dieser Art vom - ich nenne es "Fechten", hat man Möglichkeiten, mit bestimmten Maßnahmen und Strategien zum Erfolg zu kommen, die im Profiboxen weitaus weniger wichtig bzw. gefragt und dort in der selben Form nicht nur wesentlich uneffektiver sein, sondern auch nachteilige Auswirkungen haben können.
Solis versteht es sehr gut Gegner abzukontern die nicht dazu in der Lage sind "klugen" Druck aufzubauen und vorzugsweise selbst passiv boxen.
Schafft es jemand seine Aktionen zu timen und sich effektiv heranzuarbeiten, dann hat er zwar immernoch seine Reflexe und den Handspeed um zu treffen, aber beeindrucken oder sich Respekt verschaffen kann er damit kaum, weil viele seiner Schläge einzig und allein zum ausnutzen der Lücke im System dien(t)en. Die meisten seiner Hände sind allein dazu da, um einen Kontakt mit dem Gegner herzustellen und die Punktrichter zum drücken zu animieren. Zu einem großen Teil steckt da nicht mal die Schulter hinter um sich in schwierigen Phasen mit einem dieser "Klatscher" wieder Luft auf den Punktetabellen zu verschaffen. Anschließend werden viele Gegner ungeduldiger und machen immer mehr Fehler sodass er immer weiter Punkte sammeln kann. Diese Art von Schlägen sorgen nicht im geringsten dafür, dass der Druck des Gegners nachlässt geschweige denn abbricht, vorausgesetzt dieser versteht es diese Schwächen auszunutzen. Um sich auf höchstem Level den nötigen Respekt zu verschaffen und damit den Gegner in seinen Möglichkeiten einschränken zu können, bräuchte er unter Drucksituationen bessere konsequente Meidbewegungen und vorallem eine variablere Schlagtechnik, d.h er bräuchte mehr Gefühl um die Schlaghärte je nach Winkel und Situation variieren zu können. Zudem sollte er nicht versuchen in jeder Situation zu kontern, so wie er es gewohnt ist um Punkte zu sammeln, weil er dann für die Ausführung seiner Schläge länger brauchen würde und dabei zwangsläufig offener wäre.
Besonders wenn er gezwungen ist selbst Druck aufzubauen und mal die initiative zu übernehmen, ist er alles andere als schwer zu treffen, da er nicht die Gabe hat die Distanz geschickt und effektiv zu überbrücken. Sein Stil ist also relativ einseitig und basiert stark darauf die Gegner kommen zu lassen um sie abzukontern, allerdings ohne deren Offensivdrang wirklich beeinträchtigen zu können, wenn diese es verstehen konsequenten und kontrollierten Druck aufzubauen, dann nämlich verpuffen seine Aktionen, da sie im Grunde genommen keine "wirklichen" Treffer sind und der Gegner hat es nicht sehr schwer Qualitativ die besseren Treffer zu setzen und ihn mit der Zeit in größere Nöte zu bringen. Nicht das wir uns falsch verstehen. Solis kann auch mal ordentlich hinlangen wenn der Gegner geradlinig und ungeschickt auf ihn zugeht oder stehenbleibt, aber auf höchstem Niveau offenbart er schon einige Schwächen, die begabten Boxern genügend Möglichkeiten bieten.
Vergleicht man
https://www.youtube.com/watch?v=3YBJXXorp_4
mit
https://www.youtube.com/watch?v=DRspp3uq1q8
dann kann man erkennen, dass im Grunde genommen, der Stil fast vollständig der Gleiche ist, nur das im zweiten Beispiel der körperliche Zustand verhindert, was im ersten Kampf athletisch noch möglich war.
Die Konditionsschwächen waren auch damals schon vorhanden, wenn auch noch nicht so stark. Das Hauptproblem ist das was du erwähnst, nämlich dass der Stil noch der selbe ist.
Dieser Kampf ist ein gutes Beispiel für die oben beschrieben Dinge. Der Gegner agiert Druckvoll und setzt die Qualitativ besseren Treffer, wird dann zum größten Teil "gestreichelt", realisiert dann dass er irgendwann zurückliegt und wird immer ungeduldiger. Was Solis bei den Amateuren zusätzlich sehr in die Karten spielte und das letzte Puzzleteilchen gewesen ist, um mit dieser Art zu Boxen erfolgreich zu sein war die geringe Rundenzahl, da die Zeit für die meisten "eigentlich" überlegenen Gegner nicht ausreichte um ihn vorzeitig ins schwimmen zu bringen. Würde man diesen Kampf gegen Romanchuk nach Profi-Regeln bewerten, dann hätte Romanchuk gewonnen und das nicht mal knapp. Selbst unter diesen Computerized-Scoring Regeln wäre der Druck von Romanchuk aller Voraussicht nach irgendwann zuviel für Solis gewesen, wenn das Ding über sagen wir 8 Runden gegangen wäre. Dieser Kampverlauf würde praktisch gar keine andere Einschätzung zulassen.
Solis hätte durchaus einige auch fürs Profiboxen wertvolle Qualitäten gehabt, aber seine Kampfweise ist/war zu stark in dieses System eingestrickt und sowohl seine athletischen, als auch mentalen Voraussetzungen sind für das harte Profigeschäft nunmal nicht gemacht.
Wenn schon die angesprochene Eindimensionalität und Festgefahrenheit da ist, hätten zumindest diese Grundvoraussetzungen wesentlich stärker ausgeprägt sein müssen und fehlten ihm, um seine Art zu Kämpfen so anzupassen um als Profi auf höchstem Level mithalten zu können, wobei wahrscheinlich zwischen seinen mangelnden athletischen/körperlichen sowie mentalen Eigenschaften und der enormen Auslegung auf das um
Welten unterschiedliche Amateurboxen ein gewisser Zusammenhang besteht. Es war wahrscheinlich von Beginn seiner Laufbahn an nie vorgesehen dass Solis mal Profi werden sollte.
Zusätzlich muss zum Schluss gesagt werden, dass er mit Thompson einen ungünstigen Gegner hatte, der variabler und auch der größere Instinkt-Boxer ist.
Die großen konditionellen Schwächen von Thompson sind auch deshalb nicht zum tragen gekommen, weil Solis selbst konditionell schwach ist und kein höheres Tempo gehen kann, aber den Hauptanteil an der verdienten Niederlage hatten die angesprochenen großen Qualitäten von Thompson.