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* Wofür bekommt ein Boxer eine Runde?
Der Wertungsrichter Tom Kaczmarek erläutert im „International Boxing Digest“ vom Januar 1999 das Bewerten und verweist auf die Faktoren:
1. Klare Treffer - bei weitem der wichtigste Maßstab. Das Problem hierbei ist, dass es nicht nur um die Anzahl der Treffer geht, sondern auch um die Qualität: hinterlässt ein Treffer eindeutig Schlagwirkung, bringt dies dem schlagenden Boxer fast immer die Runde.
2. Effektive Aggressivität - dazu gehört auch Aktivität. Wenn beide Boxer keine klaren Treffer landen, gewinnt der aktivere Boxer die Runde.
3. Ring Generalship - schwer übersetzbarer amerikanischer Ausdruck, „Überlegenheit im Ring/Ringbeherrschung“ (boxerische Fähigkeiten, Cleverness, Ringstrategie)
4. Verteidigung
Und hier scheint das Problem zu liegen. Wahrscheinlich gibt es zuviel Ermessensspielraum. Keiner der Punkte ist eindeutig.
Zu 1.
40:5 klare Treffer, aber einer der 5 war ein Hammer, der besser treffende Boxer konnte sich nur durch Klammern in die Rundenpause retten. Klare Runde für den Boxer, der nur 5 Treffer setzen konnte, also achtmal so wenig wie sein Gegner?
[EDIT: Nur damit ich nicht missverstanden werde, ich persönlich fände das sehr gut! Leider ist aber häufig zu beobachten, dass eine Vielzahl an Schlägen mit Pitsch Patsch Treffern oftmals höher bewertet wird als der krachende Hammer, der punktgenau ins Ziel kommt. :EDIT ENDE]
Zu 2. & 3.
Diese Punkte sind kaum zu trennen. Der eine schlägt aus der Ringmitte mit seinem Jab häufig zu und versucht, seine gefürchteten Kombinationen vorzubereiten, was ihm aber nicht gelingt und landet mit seinen Einzelschlägen keine oder nur wenig klare Treffer. Der Andere befindet sich im Rückwärtsgang, kann sich aber, Kombinationen schlagend, der Angriffe erwehren, auch wenn er ebenso wenig klare Treffer landet wie sein Gegner. Von der reinen Anzahl hat der Boxer im Rückwärtsgang aber mehr geschlagen. War damit der Aktivere? Obwohl die Ringdominanz dem Mann in der Ringmitte zugesprochen werden müsste?
Zu 4.
Dieser Punkt Verteidigung kann doch eigentlich gar nicht mehr relevant sein, wenn es bei den anderen Punkten schon ausgeglichen war. Wie kann sich jemand besser verteidigen als sein Gegner, wenn er genausoviel geschlagen und getroffen hat wie sein Gegner und er sich mit diesem auch noch die Punkte "Ringdominanz" und "aggressive Effektivität" teilen muss? Wenn ein Punktrichter den Punkt "Verteidigung" zu Rate ziehen muss, denke ich, kann er die Runde gleich 10:10 werten.
....je länger ich darüber nachdenke, ist wahrscheinlich das 10:10 Urteil, welches ja nach den Statuten nach Möglichkeit vermieden werden soll, das eigentliche Problem....
Gruß
Uhlan
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