Die schwierige Suche nach dem Besten
Boxweltmeister Ruiz fordert Klarheit für die Fans
Berlin - Die gehässige Aufforderung an den Weltmeister zeugt von unerfüllter Sehnsucht nach Spektakulärem. "Schlag ihn einfach k.o.", bettelte da ein Fan im Internetchat mit Schwergewichtsboxer John Ruiz (33), "und umarme ihn nicht zu Tode!"
Ob Ruiz, der puertoricanische Titelträger des Verbandes WBA (28 K.o. in 51 Kämpfen), das Flehen am Samstagabend im Kampf gegen den US-Amerikaner und Herausforderer James "Lights out" Toney (74 Kämpfe, 43 K.o.) beherzigen wird? Der erste Latino, der sich jemals in der obersten Gewichtsklasse einen WM-Gürtel erkämpfte, steht mit seinem unattraktiven Stil - viel Klammern, wenig Schlagen - für das Dilemma seiner Gewichtsklasse. Zu wenige elektrisieren dort noch die Massen, alle Champions sind über 30 Jahre alt. Die Fans rätseln mehr denn je, wer von den Weltmeistern der vier bedeutenden Verbände WBA, IBF, WBC und WBO wirklich der beste ist.
Ruiz selbst formuliert daher bei fast jeder Gelegenheit seine fixe Idee. "Ich bin der einzige, der ein Vereinigungsturnier Weltmeister gegen Weltmeister in der Schwergewichtsklasse fordert. Ich will in den Ring stiegen, diese Titel vereinigen und den Leuten endlich die Spannung wiedergeben", tönt der ungeliebte Ruiz und macht seinem Promoter Don King damit Druck. Allein: Um den vorgeblich rein sportlichen Anspruch einer Vereinigung zu realisieren, fehlt dem ein entscheidender Baustein. Vitali Klitschko nämlich wäre - einen Sieg von Ruiz über Toney morgen vorausgesetzt - der einzige Boxer, der nicht bei dem dauergrinsenden Zampano unter Vertrag steht.
Klitschko weigert sich beharrlich gegen die Idee, obwohl die Palette der mehr oder minder originellen Überzeugungsversuche von öffentlicher Provokation ("Klitschko ist ein Drückeberger") bis hin zu einem offenen Brief von John Ruiz an Klitschko ("Lieber Vitali! Die Boxwelt ist verwirrt, wer denn nun der beste Schwergewichtsboxer der Welt ist") reichen.
Der Konter aus der Klitschko-Ecke kommt von Berater Bernd Bönte: "Vitali hat mehrmals gesagt, daß er bereit ist, gegen andere Weltmeister anzutreten. Das Problem ist im Endeffekt immer Don King, denn mit ihm müßte man eine Einigung erzielen. Schließlich hat er die anderen Weltmeister (John Ruiz, Chris Byrd, Lamon Brewster - d.R.) unter Vertrag. "Und", sagt Bönte, "die Konditionen müssen stimmen. Es kann ja nicht sein, daß King am Ende mehr daran verdient oder daß Vitalis Agentur "K2' bei der Organisation außen vor sind."
Längst lechzt im Hintergrund auch der US-Bezahlsender HBO nach neuen Helden und Events. "Wir stimmen zu, daß die Gewichtsklasse einen neuen Funken benötigt; und wir hoffen, daß in den kommenden Jahren jemand die Begeisterung der Leute wecken kann", sagt Kery Davis; der stellvertretende HBO-Sportprogrammchef. Erst im Dezember hatte sein Sender die Titelverteidigungen von Don Kings Weltmeistern John Ruiz (gegen den Polen Andrew Golota) sowie Chris Byrd (gegen Jameel McCline aus den USA) im Pay-per-view-Programm gezeigt. Der Tiefschlag folgte prompt: Lumpige 100 000 Fans wollten die Kämpfe sehen.
Voraussichtlich im September verteidigt der momentan malade Vitali Klitschko seinen WBC-Titel gegen Herausforderer Hasim Rahman, einen King-Klienten. Gegen seinen Bruder Wladimir indes, der seit seinem Erfolg über den Kubaner Eliseo Castillo am Samstag ebenfalls wieder nach einem WM-Gürtel strebt, würde der Ukrainer nie kämpfen - und ihm auf dessen Weg zu einem Titel durch ein Vereinigungsturnier auch nicht im Weg stehen wollen. Dabei würden gerade der von Insidern als fähigster Boxer anerkannte Vitali Klitschko und die Aussicht auf die Beantwortung der seit eh und je schwelenden Frage nach dem Besten unter den Schwersten der in puncto Publikumsgunst darbenden Sportart gut tun. So ergab eine repräsentative Umfrage des Fernsehsender ESPN im Kernmarkt USA, daß ,,,
Mehr: http://www.welt.de/data/2005/04/29/711361.html?s=2