Boxen
Historisches Debakel für deutsche Boxer
Auch Rustam Rahimov scheitert in der ersten Runde
Die deutschen Amateur-Boxer haben die größte Pleite der Geschichte zu verkraften. Als letzter des mit nur vier Boxern dünnen Aufgebotes schied Rustam Rahimow in Runde eins aus. Erstmals seit 1928 blieben Boxer bei Olympischen Spielen ohne Medaille.
12.08.2008
Das Debakel wird einschneidende Maßnahmen zur Folge haben. Das kündigte Bundestrainer Adolf Angrick unmittelbar nach dem Ausscheiden von Rahimow an. Er konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. "So wollte ich nicht abtreten", sagte der 64-Jährige. Keiner der ohnehin nur vier deutschen Faustkämpfer überstand die erste Runde.
"Wir müssen genau analysieren und unsere Konsequenzen ziehen", sagte Angrick nach der indiskutablen 2:11-Niederlage von Rahimow gegen den 19-jährigen Usbeken Hoorshid Toijbajew. Der Olympia-Dritte von Athen wollte den großen Coup landen, hatte aber trotz seiner Routine keine Chance gegen den jungen Kontrahenten und ließ Kämpferqualitäten und technische Vielseitigkeit vermissen.
Damit reihte er sich nahtlos ein in die Auftritte von Konstantin Buga und Wilhelm Gratschow. Lediglich Jack Culcay-Keth lieferte einen überzeugenden Kampf ab, verlor nach einem Unentschieden unglücklich durch Jury-Urteil.
Profi-Lager zieht Talente ab
"Es wird keine Zauberformel für ein neues Boxen geben, aber wir müssen zu den Erfolgen von früher zurückkehren", sagte Angrick. Er verwies auf die fehlende Breite in Deutschland. "50 Prozent von den jungen Leuten sind ins Profilager abgewandert. Man braucht aber acht bis neun Jahre, um einen Boxer auszubilden. Da ist die Decke dann sehr dünn", erklärte Angrick.
Er forderte dazu auf, den Nachwuchs besser zu fördern. "Wir müssen uns etwas einfallen lassen, wie wir junge Leute am olympischen Sport begeistern können. Das schließt das deutsche Sportsystem generell mit ein. Wer eine Sicherheit - und dazu zählen Beruf und Einkommen - hat, wechselt nicht unbedingt ins Profilager. Das zeigen Nationen wie Italien und Großbritannien. In Deutschland fehlt die gesellschaftliche Anerkennung für sportliche Höchstleistungen und das schon bei Nachwuchsathleten", kritisierte der Berliner.
Sportdirektor Ranze enttäuscht
Auch der zu Hause gebliebene Sportdirektor Helmut Ranze zeigte sich enttäuscht. "Wer vier Olympiasieger erwartet hatte, war kein Realist. Aber diese extreme Form des frühzeitigen Scheiterns aller enttäuschte schon", sagte Ranze. Er wollte ohne eine genaue Analyse noch keine Schlüsse ziehen.
"Fest steht aber, dass wir von unten beginnend wieder eine Pyramide aufbauen müssen, die diesen Namen auch verdient. Es dürfen uns nicht zu früh die Spitzen wegbrechen. Und da spielt Geld, das wir derzeit nicht haben, eine große Rolle", sagte Ranze.
Mit Material von dpa
http://peking.zdf.de/ZDFsport/inhalt/3/0,5676,7288035,00.html