Sorry, dass ich das Off-Topic hier fortsetze. Bzgl. IBO muss ich den meisten Vorrednern recht geben. Ich habe in dem ganzen Drumherum um solche Fake-"WM"-Titel kein Verständnis für die Promoter und Fernsehsender. Ich freue mich auf Krasniqi vs. Bösel II und ich finde es super, dass die ARD überträgt. Darüber "Weltmeisterschaft" zu schreiben ist aber schon kein Witz mehr, sondern einfach eine absolute Unverschämtheit. Gerade von einem öffentlich-rechtlichen Sender muss ich da Einordnung erwarten können, alles andere ist Zuschauerverarschung.
Ich verstehe die Hinweise, dass man hier nichts mehr unter "WM" bei den großen Sendern vermarkten kann, aber das hat sich die Box-Branche hier doch über Jahre, mittlerweile eher Jahrzehnte, selbst komplett zerstört. Das ganze "sportliche" System wurde hier doch vollkommen ruiniert. Man hat jahrelang die Deutsche Meisterschaft durch vollkommene Unterpromotion absolut kaputt gemacht. Das gleiche gilt für die Europameisterschaft. Es gibt vielleicht keine Sportart in Deutschland, in der es selbst im innersten Kreis so ******egal ist, ob man Deutscher Meister ist, wie im Boxen. Das wurde über lange Zeit mit Anlauf zerstört. Man hat immer nur auf WM-Titel gesetzt, dabei aber komplett aus den Augen verloren, dass die Basis des ganzen Sports dadurch hier im Prinzip eliminiert wurde. Ich kann das einfach nicht verstehen. Ein gesundes System nach sportlichen Kriterien würde in meinen Augen sogar noch weiter runter gehen. Meiner Meinung nach müssten hier sogar nach Regionen (z.B. West, Nord, Ost Süd) Titel ausgeboxt werden. Daraus wird ein Deutscher Meister gekrönt, der den Titel auch mal ein bisschen verteidigt. Wenn er dann bereit für eine EM ist, dann soll er die angreifen. In der Zwischenzeit läuft auf DM-Ebene alles weiter und man krönt den nächstbesten zum Meister und immer so weiter bis nach oben. Das ist jetzt vielleicht Box-Utopia, das ist mir auch klar, aber die Briten zeigen doch, wie es funktionieren kann. Eine Britische Meisterschaft hat da einen höheren Stellenwert als eine EM in Deutschland. Und ich bin mir sicher, dass das einer der Hauptgründe für den extremen Absturz hier ist. Man hat die Basis einfach so lange ignoriert, bis sie kaum noch existent ist. Und ganz ehrlich, man könnte mit einer Westdeutschen Meisterschaft (als Beispiel) doch auch die Kleinring-Veranstaltungen immens aufwerten. Guckt euch da mal die Cards an. Zu 90% sind die Gegner vollkommen egal. Timo Rost z.B. hat in Düsseldorf in den vergangenen Jahren öfter vor 800 bis 1000 Leuten geboxt. Da ist außer Familie (wenn überhaupt) niemand wegen der Gegner gekommen. Der hätte genauso gut gegen irgendwen aus Köln, Dortmund oder Aachen um die Westdeutsche Meisterschaft boxen können. Man kann genauso wie jetzt auch mit lokalen Sponsoren arbeiten. Als ob es für die nicht auch interessanter wäre, wenn man ein Regionalduell aufstellen würde, als den fünften 13-15 Georgier in den Ring schickt. So könnten auch kleinere Namen vielleicht mal regelmäßig eine stabile lokale Fanbase aufbauen. Alles würde doch einfach viel sinnvoller und vor allem nachvollziehbarer sein.
Diese ganzen lächerlichen WM-Titel schrecken die normalen Zuschauer doch viel mehr ab. Schon die vier Weltverbände einem Außenstehenden zu erklären ist doch eigentlich eine Absurdität. Da kommt man sich doch während des Erklärens vor, wie ein kompletter Vollidiot. Der Sport wird so (nicht nur in Deutschland) immer weiter in der Nische verschwinden. Und das ist einfach so unfassbar unnötig. Denn Boxen als Sport wird nie zu Grunde gehen, wenn er nicht von innen komplett zerstört wird. Es wird immer (viele) Menschen geben, die sich anschauen wollen, wie sich andere die Köpfe einschlagen. Lou DiBella hat mal vor zwei/drei Jahren etwas passendes zu dem Thema in einem Interview gesagt: People will always pay to see other people ****, and they will always pay to see other people fight. Das trifft den Nagel meiner Meinung nach auf den Kopf, wie man ja auch am MMA-Boom seit einigen Jahren in vielen Ländern sieht.
Mir ist natürlich klar, dass das alles nicht so schnell geht, sondern es wohl Jahre länger dauern wird, etwas aufzubauen, was man mit vollem Anlauf eingerissen hat, aber wenn man nicht mal damit anfängt, dann geht es nur mit einem Wunder (und damit meine ich einem charismatischen Mann mit Weltklasse-Qualitäten, der plötzlich auftaucht) wieder aufwärts. Und auch das hätte dann wohl nur Sternschnuppenqualität, wenn nichts in der Basis und Breite passiert. Wen ich aber verstehen kann, sind die aktiven Boxer. Und denen werde ich auch nie einen Vorwurf machen, wenn sie jeden Titel mitnehmen, der geht und ihnen irgendwie Geld und Aufmerksamkeit verschafft. Der Job ist extrem gefährlich und ihre Zeit sehr begrenzt. Man kann nicht von ihnen verlangen, dass sie sich hinstellen und auf die Titel verzichten (außer die ganz großen Namen, die eh über den Titeln stehen). Besonders aus deutscher Sicht. Aber das Umdenken muss trotzdem von innen kommen, von Managern, Promotern, "legitimen" Verbänden. Die müssen doch ein Interesse haben, dass der Sport wächst und in fünf Jahren größer ist als jetzt usw. Aber irgendwie habe ich manchmal das Gefühl, dass keiner weiter als ein paar Monate hinausdenkt. Das Kabel ist kaputt? Wir nehmen hier das Klebeband, das hält ein paar Wochen, bevor dann das Haus Feuer fängt. Das Haus brennt? Komm, wir löschen das Feuer nicht, wir gehen so lange in die Garage, das wird schon nicht übergreifen und die Garage hat vier Wände und ein Dach, ist quasi auch ein Haus. Und wenn es da auch brennen sollte, gibt's ja noch die Hundehütte im Garten (die ist dann das Hausäquivalent zum IBO-Titel). Wir erzählen den Medien aber so lange, dass die Hundehütte ein Haus ist, bis die hier Schöner Wohnen mit uns drehen.
Sorry für den langen Text, aber das musste ich mir mal von der Seele schreiben.