Selten hat ein Team mit weniger Engagement und mit weniger Leidenschaft den Pokal gewonnen als der FC Bayern bei seinem 2:1 nach Verlängerung gegen Borussia Dortmund. Die Spieler von Trainer Ottmar Hitzfeld boten ein seltsames Spiel. Sie zauberten in der 11. Minute einen Führungstreffer aufs Feld, der jedes Lehrbuch schmücken würde: 40-Meter-Querpass von Mark van Bommel, perfekte Ballannahme von Ribéry, Flanke zu Toni, Schuss, Tor - da paarten sich Ästhetik, Übersicht, Präzision. Und dann? Kam nichts mehr. Die Münchner verwechselten Lässigkeit mit Nachlässigkeit, ihre Souveränität geriet zu Arroganz. Sie ließen es zu, dass die Dortmunder von der Karikatur eines Finalisten zu einem gefährlichen Gegner wurden. Sie traten phasenweise mit einer Schludrigkeit auf, die an Arbeitsverweigerung grenzte und an eine Beleidigung der Zuschauer.
Andi-Möller-Gedächtnisschwalbe
"Die Mannschaft hat den Spielbetrieb eingestellt", stellte Klubpräsident Franz Beckenbauer fest. "Wir haben nicht energisch genug nachgelegt und uns zu weit zurückgezogen", gestand Trainer Hitzfeld. Manager Uli Hoeneß sah die Dinge weniger klar, er offenbarte Anzeichen akuter Verblendung und war fest entschlossen, sich den ersten Saisontitel seines Edelkaders schön zu reden. "Ein fantastisches Pokalfinale" glaubte Hoeneß gesehen zu haben: "Dortmund hat unglaublich stark gespielt. In der zweiten Halbzeit sind sie über sich hinausgewachsen." Die Wahrheit war: Bayern hat unglaublich schwach gespielt. Es hat sich in der zweiten Halbzeit ziemlich klein gemacht.
Nie wirkte die Partie wie ein Drama, nie entfaltete sie die Atmosphäre, die Pokalfinals gern zugeschrieben wird, nie ließ sie Herzen rasen und Münder offen stehen, trotz des Dortmunder Ausgleichs durch Mladen Petric in der 90. Minute, trotz der Verlängerung, trotz des Siegtreffers von Luca Toni (103.), trotz der dämlichen Andi-Möller-Gedächtnisschwalbe des Dortmunders Jakub Blaszczykowski, der dafür Gelb und später dann Gelb-Rot sah (108.). Der Spannungsbogen der Begegnung erinnerte an den eines bedeutungslosen Kreisligakicks. Aber vielleicht war die Art, wie die Münchner das Endspiel gewannen, nur der logische Abschluss ihrer DFB-Pokal-Saison. Durchgewurschtelt haben sie sich, irgendwie, irgendwo, irgendwann: in der ersten Runde gegen den Regionalligisten Wacker Burghausen, im Viertelfinale gegen den Zweitligisten TSV 1860 München - und im Finale gegen den Bundesligisten aus Dortmund.