Bist du Pole oder hast polnische Wurzeln?
Ich kann das aus deiner Sicht sehr gut verstehen. Für Radwanska war die HF-Niederlage gegen Lisicki wohl die bitterste in ihrer Karriere. Das Jahr davor war sie zwar im Finale, aber da war es eigentlich schon überraschend, dass sie Serena Williams überhaupt über 3 Sätze zwingen konnte. Im HF 2013 war sie sehr nah dran am Sieg und gegen Finalgegnerin Bartoli hatte sie ein H2H von 7-0! Das war ihre große Chance auf einen GS-Titel. Den GS-Titel hätte ich ihr auf jeden Fall mehr gegönnt als Bartoli. Radwanska war schon eine ganze Zeit lang Top-5, war 2012 im Finale, dazu nochmal HF 2015 und HF bei den AO 2014. Ich denke, dass das Match gegen Bartoli aber ihr schwerstes gegen die Französin geworden wäre, weil da wäre es um extrem viel gegangen und Bartoli war mental im Finale ziemlich stark und beherzt und Radwanska war körperlich, obwohl sie während der 2 Wochen eine sehr gute Form hatte, ziemlich am Limit. Im VF kämpfte sie sich gegen Li in einem hart umkämpften 3-Setter durch und das HF gegen Lisicki war ja sowieso episch. Trotzdem glaube ich, dass sie das Finale gewonnen hätte, vielleicht in zwei engen Sätzen oder so. Bartoli hätte von ihr nicht diese einfachen Fehler bekommen und Radwanska war eine Meisterin wenn es darum ging, das Spiel der Gegnerin zu lesen und sich taktisch anzupassen. Bei den Richtungswechseln und Stopps, die Radwanska drauf hat, hätte Bartoli sicher wieder Probleme bekommen.
Das Wimbledon Finale 2013 gehört wohl auch zu meinen "schlimmsten Matches ever" als Tennisfan. Auch wenn man sich das heute kaum noch vorstellen kann, aber Lisicki hat damals 2 Wochen lang echt begeistert. Da war Deutschland, verglichen mit den vielen Jahren davor, gefühlt 2 Wochen mal in einer Art Tennisfieber. Mich haben da Leute darauf angesprochen, die sonst nichts mit Tennis am Hut haben. Lisicki war gefühlt auf jeder Titelseite und auch die englische Presse hat sie total abgefeiert, "Bumbum Bine" usw. Es war so schade, weil Bartoli auf dem Weg ins Finale lediglich eine Top-20 Spielerin schlagen musste, während Lisicki die ganz großen Brocken aus dem Weg räumen musste. Der Weg ins Finale ging über Schiavone, Vesnina (die davor das 500er in Eastbourne gewann), Stosur, S. Williams (Dominatorin und mit einem 34-match-winningstreak), Kanepi (immer gefährlich und Kerber geschlagen) und dann mit Radwanska eine weitere Top-5 Spielerin. Und dann dieses Finale...Lisicki wie ausgewechselt, hypernervös, Aufschlag war abgemeldet, zig Fehler ohne Not und im 2. Satz sogar Tränen, während Bartoli total fokussiert und on point war. Bartoli wurde oftmals unterschätzt. Vor allem auf Rasen konnte die halt auch sehr gut spielen. So kanns halt laufen...
Zu der Zeit hatte ich das letzte Mal das Gefühl, dass Lisicki vielleicht doch noch ihr Potential ausschöpfen (auch mal außerhalb von Rasen) und in die Top-10 oder Top-5 vorstoßen könnte, auch weil sie kurz davor mit Wim Fissette einen Toptrainer verpflichtete. Dann verlor sie das Finale und ein paar Monate später war auch Fissette schon wieder weg. Das lag damals vermutlich hauptsächlich an Lisicki selbst. Da war mir dann auch klar, dass da wohl nichts mehr Großes kommt. Lisicki war, was Trainer anging, eben beratungsresistent und hat ihr Spiel nie weiterentwickelt, ganz im Gegensatz zu einer Kerber z.B.. Danach ging es noch 2 Jahre mit den üblichen Ups and Downs weiter und ab 2016 war dann mehr oder weniger Feierabend (ab da dann wirklich auch aufgrund von Verletzungen und Krankheiten). Echt schade wie die Karriere bergab ging. Eine Lisicki mit den Erfolgen einer Kerber hätte Tennisdeutschland sehr gut getan. Und nicht, dass das falsch verstanden wird....Kerber hat mit ihren großartigen Erfolgen Einiges bewirkt, aber war durch ihre lange etwas verschlossene, manchmal mürrische Art nicht unbedingt medienwirksam. In den letzten Jahren ist Kerber dann aber auch offener geworden. Lisicki oder vor allem eine Petkovic haben halt das Rampenlicht gesucht. Lisicki mag etwas naiv daherkommen und manchen mit ihrem Gegrinse auch auf den Nerv gegangen sein. Sie ist jetzt optisch auch keine Bouchard, Kournikowa, Ivanovic oder Raducanu, aber hat ja trotzdem eine gewisse Attraktivität, aber vor allem hatte sie zu der Zeit eine gewisse Ausstrahlung.
Gott, ich wollte eigentlich nur ganz kurz was zu Radwanska schreiben (sorry).